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Die Griechen können wieder ein bisschen lachen: Ministerpräsident Alexis Tsipras mit seinem Finanzminister Yanis Varoufakis.
© Reuters
Update

Athen und Eurogruppe einig: Tsipras: Sie wollten Griechenland ersticken

Die griechische Regierung muss das Wochenende durcharbeiten, um die Pleite zu verhindern. In Europa macht sich nach der Einigung in Brüssel vorsichtige Erleichterung breit, aber nicht überall stößt die Einigung auf Zustimmung.

Überraschend schnell haben sich Griechenland und die Euro-Partner im Schuldenstreit geeinigt. Aber: Nur wenn Athen bis Montagabend akzeptable Spar- und Reformvorschläge vorlegt, soll das eigentlich Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm um weitere vier Monate verlängert werden. Die Reaktionen in Europa schwanken zwischen großer Zuversicht in Südeuropa, Genugtuung in Athen und mahnenden Worten in Deutschland.

Aus Deutschland kommen Forderungen zu "mehr Anstrengungen"

Der Obmann der Unionsfraktion im Haushaltsausschuss des Bundestags, Eckhardt Rehberg (CDU), hat die Einigung der Finanzminister der Eurozone im Schuldenstreit mit Griechenland begrüßt. Nun liege es an der griechischen Regierung, den Vertrauensvorschuss umzusetzen, sagte Rehberg am Samstag im Westdeutschen Rundfunk. Zugleich kritisierte er die Politik der griechischen Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. So sei es etwa "völlig unverständlich, dass die Regierung Tsipras versprochen hat, die relativ geringe Grundsteuer wieder auszusetzen".

Weiter forderte Rehberg, dass griechische Reeder "endlich besteuert werden" müssten. Die Schiffsunternehmer seien "seit 1957 von der Besteuerung ausgeschlossen". "Wenn man die Einnahmeseite substanziell stärkt, dann kann man sich über das Thema Rente und Mindestlohn und andere Dinge unterhalten", sagte Rehberg. Er räumte ein, dass Griechenland vorangekommen sei, "was das Thema Schuldentragfähigkeit betrifft, auch beim Thema Arbeitslosigkeit". Es sei aber noch "ein bisschen mehr Anstrengung" nötig.

Die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht erklärte dagegen, es sei unglaublich, mit welcher Ignoranz die griechische Regierung bei den Verhandlungen erpresst worden sei. „Es ist gut, dass die Bundesregierung mit ihrer unnachgiebigen Alles-oder-Nichts-Position von den anderen Euroländern ausgebremst wurde.“

Zentrale Wirtschaftsdaten für Griechenland
Zentrale Wirtschaftsdaten für Griechenland
© AFP

Helmut Kohl trickste Griechen aus

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Einigung mit Griechenland im Schuldenstreit begrüßt. "Wir haben nach drei schwierigen Sitzungen in einer schwierigen Frage einen wichtigen Schritt heute erreicht", sagte Schäuble nach fast sechsstündigen Verhandlungen vor und während eines Sondertreffens der Finanzminister der Eurozone am Freitagabend in Brüssel. Entscheidend sei, dass Griechenlands Verpflichtungen sich nun ausdrücklich auf das bisherige Hilfsprogramm bezögen, das Ende Februar ausläuft, und Ziel "ein erfolgreicher Abschluss des Programms ist". Nur wenn dies erfolge, könne Griechenland die ausstehenden Gelder aus dem Programm bekommen. Deutschland bleibt also bei seiner harten Haltung gegenüber den Griechen.

Der "Spiegel" berichtet derweil, dass die Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl mit viel Energie und Inspiration trickste, um die Reparationszahlungen an Griechenland so gering wie möglich zu halten. Bei den Verhandlungen über die deutsche Einheit im Jahr 1990 achtete die damalige Bundesregierung sehr genau darauf, dass das Wort "Friedensvertrag" nirgendwo auftaucht. Als Nachfolger des nationalsozialistischen Regimes hätte die wiedervereinte Bundesrepublik Reparationszahlung an Athen leisten müssen.

Außerhalb von Osteuropa hatten die Nationalsozialisten in Griechenland mit am schlimmsten gewütet. Das Land wurde bei den Verhandlungen auf Drängen von Helmut Kohl aber von den Verhandlungen zur Einheit auf Distanz gehalten. Die neue griechische Regierung stellt versäumte Reparationsforderungen an die jetzige Bundesregierung und wurde in Deutschland dafür scharf kritisiert.

Große Koalition fast aller Parteien in Griechenland

Nahezu alle griechischen Parteien haben die Einigung der Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras mit den Geldgebern begrüßt. „Das Schlimmste ist abgewendet worden. Und das ist das Positive“, hieß es in einer Erklärung der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) am Samstagmorgen. Mit den Aktionen der Regierung in den vergangenen Tagen sei das Land nun aber unter noch strengere Kontrolle der Geldgeber gestellt worden. „Alexis Tsipras hat wohl am Ende den Weg der Logik gewählt. (...) Das Alptraumszenario eines Austritts aus der Eurozone ist vorerst abgewendet worden“, erklärte die pro-europäische Partei der politischen Mitte „To Potami“ (der Fluß).

Die Sozialisten der Pasok kommentierten: „Das Ende der Illusionen (für die Tsipras Regierung) ist gekommen“. Wäre die Regierung nicht in der Realität angekommen, hätte sie das Land um Jahre zurückgeworfen. Die Kommunisten (KKE) erklärten, die Einigung in Brüssel sei nichts Anderes als eine Fortsetzung der Sparprogramme.

Dennoch hat Athen nur wenige Tage Zeit, den Geldgebern konkrete Reformvorschläge zu unterbreiten. Auf die Frage, was passiere, falls die Liste am Montag von den Gläubiger nicht angenommen werde, sagt Finanzminister Yanis Varoufakis: Dann sei Griechenland in Schwierigkeiten. „Von heute an sind wir die Co-Autoren unseres Schicksals“, sagte Varoufakis.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat die grundsätzliche Einigung im Schuldenstreit mit den Euro-Partnern als „bedeutenden Schritt“ für Griechenland bezeichnet. Es müsse aber noch vieles getan werden, damit das Land aus der Krise herauskomme und auf eigenen Beinen stehen könne, sagte Tsipras am Samstag in einer Fernsehansprache. „Wir haben einen Kampf, aber nicht den Krieg gewonnen“, sagte Tsipras. Griechenland habe am Freitag die Pläne konservativer Kräfte im In- und Ausland abgewendet, die die Absicht hatten, „das Land zu ersticken“, fügte Tsipras hinzu.  Die Einigung von Brüssel öffne eine breite Tür für Reformen, wie die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Korruption.

„Der Weg ist noch lang und schwierig“, sagte Tsipras aber zugleich. Das Volk wisse das. Die Verhandlungen gingen nun in eine neue Phase, die zu Wachstum und Beschäftigung führten. Das hoch verschuldete Griechenland kann auf weitere Finanzhilfen von den Euro-Partnern hoffen - allerdings muss die griechische Regierung Anfang der Woche akzeptable Spar- und Reformvorschläge vorlegen. Dann soll das eigentlich Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm um weitere vier Monate verlängert werden.

Erleichterung in Südeuropa: Spanien, Italien, Frankreich froh über Einigung

Zur Einigung im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den Euro-Partnern schreibt die linksliberale spanische Zeitung „El País“ am Samstag: „Das ist eine wunderbare Nachricht vor allem wegen der unmittelbaren Wirkungen." Denn wenn der Kollaps der griechischen Wirtschaft verhindert wird, haben es auch die anderen Krisenstaaten in Südeuropa leichter. "Ein Bruch der Eurozone würde die Unumkehrbarkeit der gemeinsamen Währung und damit auch die Stabilität jedes einzelnen der Mitglieder infrage stellen", schreibt "El País".

Wer hat gewonnen? Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble.
Wer hat gewonnen? Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble.
© AFP

Auch in Italien begrüßten Politiker, die Einigung mit Griechenland. Die am Ende als Einigung zwischen Berlin und Athen beschrieben wird. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi telefonierte vor der langen Krisensitzung in Brüssel mit Angela Merkel: "Wir müssen Athen helfen, ohne als Besserwisser aufzutreten", mahnte er die deutsche Bundeskanzlerin an. In Südeuropa kommen die deutschen Forderungen nach "noch mehr" nicht gut an.

Politiker und Medien in Frankreich, das für den ursprünglichen "Brief aus Athen" früh Zustimmung signalisierte, der griechischen Regierung also mehr Zugeständnisse machen wollte als der deutsche Partner, zeigten sich ebenfalls erleichtert. Die Zeitschrift "Le Point" aus Paris räumt sogar dem griechischen Finanzminister einen Etappensieg ein: "Die Eurogruppe ist Griechenland einen großen Schritt entgegengekommen. Die Europäer lassen dem Land einen großen Spielraum, was die Definition und Umsetzung struktureller Reformen betrifft".

Frankreichs Präsident François Hollande bekräftigte erneut, dass Griechenland für ihn in die Eurozone gehört. "Frankreich wird alles tun, damit es zwischen Griechenland und Europa den größtmöglichen Zusammenhalt gibt", sagte Hollande am Rande eines Treffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Paris. Ein Ausscheiden Griechenlands schloss er erneut aus. Frankreich kämpft ebenfalls mit einer Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Verschuldung dementsprechend auch.

Und so, laut Interpretation vor allem mancher Südeuropäer, hat auch Wolfgang Schäuble irgendwie eingelenkt. (mit AFP, dpa)

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