Streit über Strafzölle: Trumps wichtigster Wirtschaftsberater Cohn schmeißt hin
Gary Cohn stemmte sich gegen die angedrohten Strafzölle des US-Präsidenten - vergeblich. Jetzt tritt der frühere Investmentbanker von seinem Posten im Weißen Haus zurück.
Ein ausgleichender Mahner geht von Bord: Inmitten der tobenden Debatte über US-Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium verlässt der oberste Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Gary Cohn, das Weiße Haus. Es sei ihm eine Ehre gewesen, seinem Land zu dienen, und er sei Trump dankbar für diese Möglichkeit, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme Cohns.
Trump dankte Cohn, einem früheren hochrangigen Investmentbanker bei Goldman Sachs, für seine Arbeit. Cohn war es, der Trumps nationalistischer Wirtschaftspolitik unter dem Motto „America First“ das Attribut „but not alone“ („aber nicht alleine“) beifügte. Er verlieh ihr damit zumindest ein gewisses Maß an internationaler Zusammenarbeit. Trump kündigte noch am Abend auf Twitter an, er werde bald eine Entscheidung über die Nachfolge treffen. „Viele Menschen wollen den Job - ich werde eine weise Entscheidung treffen.“
Indiz dafür, dass Trump im Zoll-Streit hart bleibt
Cohn (57) war maßgeblich an der jüngst verabschiedeten Steuerreform beteiligt, soll mit Trump aber in fast allen anderen Feldern überkreuz gelegen haben. Der Rücktritt ist der jüngste in einer historisch langen Reihe von Abgängen zu dieser Zeit einer US-Präsidentschaft. Über Cohns Rückzug wurde seit Tagen spekuliert. Er kann als Indiz dafür gewertet werden, dass Trump sich nicht umstimmen lassen und bei seiner harten Linie auch gegen Europa bleiben will. Trump hatte mit seiner Ankündigung die Angst vor einem internationalen Handelskonflikt geschürt. Politiker und Wirtschaftsführer in aller Welt äußerten ihre Besorgnis über eine solche Auseinandersetzung.
Cohn hatte sich zuletzt bei den Strafzöllen gegen den Präsidenten gestellt. Bis zuletzt soll er versucht haben, die Position der USA gegenüber Zöllen für Einfuhren von Stahl und Aluminium aufzuweichen. Die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtete, Trump habe Cohn am Dienstag bei einem Treffen im Oval Office gefragt, ob er seine Pläne für die Zölle unterstützen werde. Cohn habe ihm diese Zusicherung nicht gegeben, berichtete die Agentur.
In Cohn verliert Trump einen der letzten Befürworter von Freihandel und Globalisierung in seinem direkten Beraterstab. Dies könnte auch Auswirkungen auf die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Nafta mit Mexiko und Kanada haben. Ohne Cohn dürfte sich Trumps Politik weiter verhärten. Cohns Abgang ist für das Lager der sogenannten Globalisten im Weißen Haus, zu denen auch das Paar Ivanka Trump und Jared Kushner gerechnet wird, eine schwere Niederlage. Stunden vor Cohns Rückzug hatte Trump verkündet: „Glauben Sie mir, jeder möchte im Weißen Haus arbeiten.“ Es gebe dort kein Chaos, sondern nur viel Energie.
Strafzoll-Drohung aus dem Weißen Haus
Trump hatte vergangene Woche Strafzölle in Höhe von 25 Prozent für Stahlimporte und 10 Prozent für Aluminiumimporte ins Spiel gebracht. Die durchschnittlichen Einfuhrabgaben beim US-EU-Warenhandel liegen deutlich darunter. Trump drohte später mit Strafabgaben auf Autos, sollte die EU als Reaktion US-Produkte mit höheren Zöllen belegen.
Die EU-Kommission berät am Mittwoch über mögliche Gegenmaßnahmen auf Zölle. Im Gespräch sind etwa Revanche-Zölle auf Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird die Überlegungen der Brüsseler Behörde präsentieren. Es wird nicht damit gerechnet, dass die EU-Kommission konkrete Entscheidungen trifft, solange die US-Maßnahmen noch nicht beschlossen sind. Erwartet wird eine Grundsatzerklärung. (dpa)