Wie die EU auf Donald Trump reagiert: Brüssel macht im Handelsstreit auf dicke Hose
Die EU erhebt bereits diverse Importzölle. Ab Mittwoch könnte sie zusätzlich den Import von Harleys, Jeans und Whiskey bremsen.
Am Mittwoch entscheidet die EU-Kommission, welche Produkte sie mit Gegenmaßnahmen belegt, sollte US-Präsident Donald Trump ernst machen mit den angekündigten Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Endgültig beschlossen hat Trump die protektionistischen Maßnahmen zwar noch nicht. Doch nach seinen neuerlichen Drohungen gegen die Automobilindustrie hat niemand mehr Hoffnung, dass er es sich noch einmal anders überlegt. Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte am Montag an: Die Kommission werde Gegenmaßnahmen vorschlagen, die „streng, präzise und angemessen“ sind. Trump plant Strafzölle bei Stahl und Aluminium und begründet dies damit, dass Stahlimporte die nationale Sicherheit der USA bedrohten. Die EU hält dies für einen Bruch von internationalem Handelsrecht und rüstet sich für einen Konflikt.
Brüssel dürfte Strafzölle von fünf Milliarden Euro verhängen
Laut den Statuten der Welthandelsorganisation (WTO) wäre Brüssel nach eigener Lesart dazu berechtigt, Zölle gegen US-Einfuhren mit einem Wert von rund fünf Milliarden Euro zu verhängen. Es wird damit gerechnet, dass die Kommission Maßnahmen verkündet, die EU-Exportprodukte mit einem Warenwert von rund drei Milliarden Euro treffen. Soja, Orangen, Harley-Davidson-Motorräder, Whiskey und Jeans sind im Gespräch.
Unterdessen wirft der Ökonom Henning Klodt, der bis 2017 Chef des Zentrums für Wirtschaftspolitik am Kieler Institut für Weltwirtschaft war, der EU-Kommission vor, es mit der Freihandelsagenda selbst nicht so genau zu nehmen. Klodt kritisiert: „Übersehen wird in der europäischen Diskussion, dass man in der Handelspolitik eher im Glashaus sitzt.“ Insgesamt sei die EU bislang deutlich protektionistischer ausgerichtet als etwa die USA. Klodt listet vor allem Zölle auf, die gegen Importe aus China in die EU gerichtet sind: 59 Prozent auf Trachtenleder, 42 Prozent auf Bügelbretter, bei einigen Stahlprodukten lange die EU mit Zöllen von bis zu 91 Prozent zu.
Vehement dagegen hält Bernd Lange (SPD), Chef des Handelsausschusses im Europaparlament: „Die EU hat in der Handelspolitik eine weiße Weste. Ich wüsste nicht, wo wir falsch spielen.“ Die Handelspolitik, die in der EU von der Brüsseler EU-Kommission koordiniert wird, richte sich strikt nach WTO-Regeln.
Strafzölle auf Solar-Paneele aus China
Aktuell erhebt die EU neben Stahlprodukten auch Strafzölle auf Solar-Paneele aus China. Bei allen diesen Produkten hat die EU die Zölle verhängt, weil der Anbieter sie in der EU unter Herstellungskosten angeboten hat. In diesen Fällen lässt das WTO-Recht Zölle wegen nachgewiesenem Preisdumping zu. Auch Baumwolle aus den USA und Rindfleisch aus Argentinien waren schon mit Dumpingzöllen belegt worden.
Von diesen Strafzöllen, die nach WTO-Recht zulässig sind, müssen die regulären WTO-Zölle unterschieden werden. Als die WTO in den 90er Jahren gegründet wurde, haben die Mitglieder Maximalzölle für bestimmte Produkte hinterlegt. Im Bereich von Autos ist etwa die EU nach WTO-Recht berechtigt, zehn Prozent Einfuhrzoll zu erheben.
Im Bereich des Maschinenbaus sind Zölle und mögliche Strafzölle im transatlantischen Handel kein großes Thema. Die USA sind laut WTO-Recht berechtigt, Zölle in Höhe von zwei bis vier Prozent auf Maschinenbau-Importe aus Europa zu erheben. Die EU begnügt sich mit 1,5 bis drei Prozent bei Importen. Diese Sätze gelten für Importe aus allen Ländern. Auch im Bereich von Chemikalien - Deutschland erwirtschaftete allein in dieser Branche 2016 einen Exportüberschuss von über 50 Milliarden Euro – spielen Zölle bislang keine große Rolle.
Doppelstandards in der Landwirtschaft
Anders ist es in der Landwirtschaft. Marita Wiggerthale von Oxfam wirft der EU im Agrarbereich „doppelte Standards“ vor: Sie setze sich gegenüber Drittstaaten vielfach für eine möglichst weitgehende Marktöffnung ein. „Beim Import von Agrarrohstoffen in die EU hat Brüssel dabei auch eine gewisse Flexibilität gezeigt.“ Die EU sei allerdings sehr restriktiv, wenn es um die Einfuhr verarbeiteten Rohstoffen geht. Rohkaffee und Rohkakao seien willkommen, gerösteter Kaffee und Schokolade eher nicht.