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An Lösung nicht interessiert: US-Präsident Donald Trump.
© Imago

Auf Portland folgen weitere US-Großstädte: Trumps Drohungen sind ein riskantes Exempel

Der US-Präsident droht demokratisch regierten Großstädten mit dem Einsatz von Bundesbeamten – gegen ihren Willen. Das ist gefährlicher Wahlkampf. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Eine amerikanische Krise, Autoritarismus, ein Angriff auf die Demokratie: Die Reaktionen auf die Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump, Bundesbeamte in von Demokraten regierte Städte einmarschieren zu lassen, sind eindeutig. Dessen Drohungen sind aber auch allzu durchschaubar: Sie sind drei Monate vor der Wahl der verzweifelte Versuch des schwächelnden Amtsinhabers, das Blatt zu drehen. Donald Trump geht „all in“.

Dafür setzt er auf das Thema Gewalt in Großstädten, von dem er hofft, dass es seine eher in ländlichen Regionen lebenden Anhänger schaudern lässt – und massiv zu den Urnen treibt. Dabei vermischt Trump bewusst die Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus mit der Gewaltwelle, die im Zuge der Coronakrise und der grassierenden Arbeitslosigkeit viele Städte erschüttert.

Die „Radikalen Linken“, die diese Städte eigentlich regieren sollten, ließen „Anarchisten“ und Gewalttäter einfach gewähren, tönt er. Die Lage sei „schlimmer als in Afghanistan“.

Und wenn Joe Biden im November gewinne, werde das ganze Land untergehen. Das werde er nicht zulassen. Er werde „Law and Order“ wieder herstellen.

Von Washington entsandte Sicherheitskräfte in Portland/Oregon.
Von Washington entsandte Sicherheitskräfte in Portland/Oregon.
© Noah Berger/FR34727 AP/dpa

In Portland hat der Präsident vergangene Woche bereits demonstriert, was er damit meint. Nicht gekennzeichnete, schwer bewaffnete Bundesbeamte hatten in der nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd nicht zur Ruhe kommenden Stadt Demonstranten abgeführt. Ihr Einsatz wurde gegen den Willen der lokalen Behörden angeordnet.

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Solche Einsätze prüfe er nun auch für Chicago, New York, Baltimore, Detroit und Philadelphia, kündigte Trump an – alles Großstädte, die von Demokraten regiert werden und in denen viele Afroamerikaner leben.

Die Bürgermeister und Gouverneure, denen er damit „helfen“ will, lehnen dankend ab. Sie haben mit der Kombination aus anhaltenden Protesten und eskalierender Schusswaffengewalt mehr als genug zu tun.

Der US-Präsident ist an Lösungen nicht interessiert

Dem Präsidenten werfen sie vor, mit seinem Vorgehen Wut und Gewalt erst noch anzuheizen – um dann davon profitieren zu wollen. Ganz so, wie er es bei seinem harten Vorgehen gegen friedliche Demonstranten in Washington Anfang Juni vorgeführt hat.

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Dieser Präsident ist offensichtlich an Lösungen nicht interessiert. Statt sich etwa endlich mit den „Black Lives Matter“-Demonstranten vor seiner Haustür hinzusetzen, um darüber zu sprechen, wie sich die Spannungen deeskalieren lassen, herrscht seit zwei Monaten Sprachlosigkeit. Stattdessen werden immer neue Absperrungen rund um das Weiße Haus hochgezogen.

Und statt mit den Bürgermeistern der gewaltgeplagten Städte gemeinsam nach Strategien zu suchen, beschimpft er sie und droht ihnen. Das ist Wahlkampf – der gefährlichsten Sorte.

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