zum Hauptinhalt
Schülerprotest in Florida für ein Verbot von automatischen Waffen.
© Carlos Garcia Rawlins/Reuters

Nach Massaker in Florida: Trump will mehr statt weniger Schusswaffen - zur Freude der NRA

Nach dem jüngsten Massenmord an einer amerikanischen Schule formiert sich ein großer Schülerprotest. Trotz landesweiter Empörung steht die Front der Ablehnung breiter Reformen des Waffengesetzes.

Nur ein paar Meter trennen die beiden Männer, doch es liegen Welten zwischen ihnen. Fred Guttenberg hat seine 14-jährige Tochter Jamie verloren, die beim Schul-Massaker von Florida vorige Woche von einer Kugel aus einem Sturmgewehr AR-15 in den Rücken getroffen wurde und starb. Jetzt will Guttenberg von Senator Marco Rubio wissen, ob er sich dem Ruf nach einem Verbot solcher Waffen anschließt, die Armeewaffen gleichen, aber bisher frei erhältlich sind. Rubio sagt Nein. Guttenberg ist außer sich. „Das ist eine Kriegswaffe“, sagt er.

Senator Rubio, einer der führenden Hardliner in der US-Diskussion über das Waffenrecht, stellt sich in dem Ort Sunrise, nur fünf Kilometer südlich der Schule, in der Jamie Guttenberg und 16 andere Menschen starben, in einer Live-Sendung von CNN den Fragen von Schülern, Eltern und Lehrern. Rubio lehnt nicht nur Waffenverbote ab, er bekennt sich auch zu Wahlkampfspenden der Waffenlobby NRA. Viele im Saal sind entsetzt. „Im Namen der 17 Opfer können Sie der NRA nicht sagen, sie soll ihr Geld aus Ihrem Wahlkampf heraushalten?“ fragt Cameron Kasky, Schüler an der überfallenen Schule, entgeistert. Rubio kann nicht.

Schüler Cameron Kasky (links) konfrontiert Senator Marco Rubio (rechts).
Schüler Cameron Kasky (links) konfrontiert Senator Marco Rubio (rechts).
© Michael Laughlin/Reuters

Es ist ein Abend, an dem die Gräben in der amerikanischen Gesellschaft offengelegt werden – und an dem deutlich wird, dass trotz der landesweiten Empörung über den jüngsten Massenmord an einer amerikanischen Schule die Front der Ablehnung weitreichender Reformen der Waffengesetzgebung steht. NRA-Sprecherin Dana Loesch schiebt in der CNN-Sendung die Schuld an dem Massenmord auf die Behörden, die es Geisteskranken ermöglichten, tödliche Waffen zu kaufen. Die Waffen selbst sind für sie nicht das Problem, trotz der mehr als 2000 Todesopfer durch Schusswaffen in den USA allein seit Jahresbeginn.

Trittbrettfahrer sorgen für Panik

Seit den Schüssen von Florida geht an Amerikas Schulen die Angst um. Trittbrettfahrer sorgen für Panik. In Washington wurden am Mittwoch zwei Oberschulen nach Bombendrohungen evakuiert, in einer anderen Schule mit 2500 Schülern patroullierten am Donnerstag bewaffnete Polizisten die Korridore, nachdem sich über soziale Medien das Gerücht von einem bevorstehenden Schusswaffen-Angriff eines Ex-Schülers verbreitet hatte.

Doch die Proteste der Schüler-Bewegung, die sich nach den Schüssen an Douglas High gebildet hat und die weltweit für Schlagzeilen sorgt, perlen an Loesch, Rubio und den harten politischen Realitäten der USA ab. Loesch nennt Nikolas Cruz, den Todesschützen von Florida, ein „Monster“ und verweist darauf, dass selbst die NRA für ein Verbot der Schnellfeuer-Stutzen eintritt, die aus einer halbautomatischen AR-15 ein Maschinengewehr mit bis zu 700 Schüssen pro Minute machen. Loeschs Zusage wirkt merkwürdig, denn Cruz setzte bei seinem Massaker vorige Woche keinen Schnellfeuer-Stutzen ein, als er 17 Menschen tötete. Die NRA will nun eine Vorrichtung verbieten lassen, die nichts mit den Morden an Douglas High zu tun hat, um weitergehende Schritte zu vermeiden.

Damit liegt sie ziemlich genau auf der Linie von Donald Trump. Auch der Präsident hat am Mittwoch Angehörige der Opfer zu einem Treffen eingeladen. Im Weißen Haus hört der 71-jährige den Redebeiträgen zu. Ein Spickzettel in seiner Hand, der von den Kameras vergrößert wird, verdeutlicht nach Meinung von Kritikern, wie schwer es dem Präsidenten fällt, sich in die Lage der Betroffenen zu versetzen. Trump habe sich doch tatsächlich den Satz „Ich höre Ihnen zu“ notieren müssen, merkt die „Washington Post“ an.

Trump verspricht strengere Überprüfung

Trumps Fazit der Begegnung demonstriert denn auch, dass er vor allem gehört hat, was er hören wollte. Er verspricht zwar eine strengere Überprüfung von potenziellen Waffenkäufern; auch eine Erhöhung des Mindestalters für den Kauf von Sturmgewehren kann er sich vorstellen. Vor allem aber setzt der Präsident auf mehr – statt weniger – Waffen in Amerikas Schulen. Ein gut ausgebildeter und bewaffneter Lehrer könne einen Angreifer „sehr schnell“ und noch vor Eintreffen der Polizei unschädlich machen, sagt er.

Waffengegner betrachten eine solche Aufrüstung als Kapitulation vor der Gewalt und als zusätzliche Gefahrenquelle. Auch Sheriff Scott Israel, der für die Douglas High School in Florida verantwortlich ist, glaubt nicht, dass bewaffnete Lehrer als Schul-Rambos eingesetzt werden sollten. „Lehrer sollten Unterricht geben“, sagt er.

Trump dagegen sieht in der Bewaffnung des Schulpersonals die Antwort. Gute Schützen unter den Lehrern „würden das Problem im Handumdrehen lösen“, schreibt Trump am Donnerstagmorgen auf Twitter. Billiger als Wachleute seien Waffen für die Lehrer obendrein, fügte Trump hinzu. Bestehende Waffenverbote in Schulen dagegen zögen Gewalttäter geradezu an. Die NRA wird es mit Freuden vernommen haben.

Zur Startseite