US-Grenze: Trump will Familiengefängnisse für illegale Einwanderer
Der US-Präsident beugt sich dem Druck gegen die Trennung von Einwandererfamilien an der Grenze. Seine Lösung: Eltern und Kinder sollen gemeinsam eingesperrt werden.
US-Präsident Donald Trump hat die umstrittene Trennung von Einwandererfamilien an der Grenze zu Mexiko beendet, zugleich aber eine weiterhin harte Gangart angekündigt: Das Vorgehen an der Grenze werde "genauso hart, wenn nicht härter sein", sagte Trump am Mittwoch. Nach seiner Kehrtwende sollen Familien zwar nicht mehr getrennt, dafür aber gemeinsam inhaftiert werden. Einen Plan, um die bereits getrennten Familien wieder zusammenzuführen, gibt es Medienberichten zufolge noch nicht.
Die "New York Times" berichtete, die betroffenen Kinder blieben für die Dauer des Asylprozesses ihrer Eltern von diesen getrennt. Ein Sprecher der Kinder- und Familienbehörde erklärten später, es sei "noch sehr früh". Die Anweisungen für das weitere Vorgehen müssten abgewartet werden. Ziel sei die Wiedervereinigung der Familien.
Trump unterzeichnete am Mittwoch in Washington ein Dekret, mit dem die umstrittene Trennung von Familien beendet wird. Damit vollzog er eine Kehrtwende und kam zugleich einer Abstimmung über die Beendigung der Praxis im Kongress zuvor. Noch amm Dienstag noch hatte die Ministerin behauptet, der Regierung bleibe nichts anderes übrig, als Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Dabei gibt es kein Gesetz, das vorschreibt, bei einem illegalen Grenzübertritt Familien auseinanderzureißen.
In den vergangenen Tagen war der Druck auf den Präsidenten und sein Kabinett immer größer geworden. Selbst sonst verlässliche Unterstützer wie Senator Ted Cruz, der Kommentator Bill O'Reilly und der einflussreiche evangelikale Prediger Franklin Graham drängten Trump zum Einlenken.
Trump begründete seine Entscheidung nun mit "Mitgefühl" und sagte, der Anblick getrennter Familien habe ihm nicht gefallen, stellte aber später klar, dass er an seinem Ziel, die Grenze für illegale Einwanderer dicht zu machen, der „Null-Toleranz“-Politik , festhalte. Anstatt Einrichtungen von Kindern und Teenagern sieht das neue Dekret die gemeinsame Inhaftierung illegal eingewanderter Familien vor bis zur juristischen Klärung ihrer Fälle. Falls erforderlich, solle das Verteidigungsministerium Unterbringungsraum bereitstellen und neue Einrichtungen bauen.
Menschenrechtler kritisieren Trump
Ziel der Trump-Regierung ist es nun, die an der Grenze festgenommenen Einwandererfamilien auf unbestimmte Zeit gemeinsam zu inhaftieren, was gegen geltendes US-Recht verstößt. Dieses schreibt vor, dass Kinder - ob allein oder mit ihren Eltern - nicht länger als 20 Tage festgehalten werden dürfen.
Dem Pentagon zufolge ist überdies künftig geplant, Anwälte der US-Armee zur Bearbeitung von Strafverfahren gegen illegale Einwanderer hinzuziehen. Dem Sender NBC zufolge sollen sie in die Grenzstaaten Arizona, New Mexico und Texas entsandt werden.
In den vergangenen Monaten hatten Grenzschützer zahlreichen Eltern bei der Festnahme ihre Kinder weggenommen. Nach Angaben des Heimatschutzministeriums sind gegenwärtig rund 2.300 solcher Kinder in Aufnahmestationen und Heimen untergebracht.
Bei einem Auftritt vor Anhängern in Minnesota bekräftigte Trump, dass Familien künftig zusammenbleiben dürften, "die Grenze aber ebenso hart" bleiben werde. Zugleich warf er den oppositionellen Demokraten vor, "illegale Einwanderer vor amerikanische Bürger zu stellen". Die Demokraten hatten die Familientrennungen an der Grenze heftig kritisiert. Kritik gab es aber zunehmend auch aus Trumps eigener republikanischer Partei.
Menschenrechtler kritisierten Trumps jüngstes Dekret. Es ersetze „eine Krise mit der nächsten“, sagte der Exekutivdirektor der American Civil Liberties Union, Anthony Romero. Kinder gehörten nicht ins Gefängnis, auch nicht mit ihren Eltern. Der Präsident des jüdischen Flüchtlingshilfswerks HIAS, Mark Hatfield, verurteilte die geplante „grausame und unmenschliche Politik der unbegrenzten Inhaftierung von Familien“.
Sarah Pierce vom Think Tank „Migration Policy Institute“ warnte im NBC-Fernsehen, die Anordnung lege nicht fest, was mit den Kindern geschehe, die von ihren Eltern getrennt worden seien. Unklar bleibt nach Medienberichten zudem, ob die auf unbestimmte Dauer angelegte „Familieninhaftierung“ überhaupt gesetzeskonform ist.
Unterdessen wurden Vorwürfe gegen mehr als ein dutzend Unterkünfte für Einwandererkinder laut. Wie das Internetportal der "Texas Tribune" und das Center for Investigative Reporting unter Berufung auf Regierungs- und andere Berichte berichteten, soll es in den privat geführten Unterkünften unter anderem zu körperlichem und sexuellem Missbrauch sowie zu Verstößen gegen die Sicherheit und Betreuung von Kindern gekommen sein. Die Vorwürfe reichen demnach teilweise bis zu 20 Jahre zurück, teilweise bezogen sie sich aber auch auf Vorfälle im Mai.
Zahl der Asylbewerber steigt
Der demokratische Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, besuchte am Mittwoch ein Aufnahmezentrum für Einwandererkinder im Stadtteil Harlem. Er zeigte sich "schockiert", dass mindestens 239 Minderjährige offenbar ohne Wissen der städtischen Behörden nach New York gebracht worden seien. Er zeigte sich zudem entsetzt über den Gesundheitszustand vieler Kinder, unter denen auch ein neun Monate altes Baby war. Viele waren demnach krank oder verwahrlost.
Das US-Repräsentantenhaus will nach Auskunft seines Sprechers Paul Ryan noch diese Woche über eine Einwanderungsreform abstimmen. Die von Republikanern kontrollierte Kammer werde dafür sorgen, dass illegal eingewanderte Familien zusammenbleiben. Angeblich soll auch die Situation von Hunderttausenden jungen Menschen geklärt werden, die vor Jahren als Kinder ohne Papiere in die USA gekommen sind. Justizminister Jeff Session betonte, man müsse „eine Mauer bauen, um illegale Einreise zu verhindern“.
Die Zahl der Asylbewerber in den USA ist zuletzt wieder stark angestiegen: Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden 2017 mit 330.000 Asylanträgen mehr als in jedem anderen Land registriert. Das ist ein Anstieg um 26 Prozent. (AFP, epd, KNA)
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