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Donald Trump schimpft über Londons Botschafter in den USA.
© Saul Loeb/AFP

„Bescheuerter Botschafter“: Trump teilt gegen britischen Diplomaten und Theresa May aus

In vertraulichen Berichten schimpfte der britische Botschafter in Washington auf die US-Regierung. Präsident Trump will nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Der diplomatische Schlagabtausch zwischen London und Washington wird schärfer. Trotz Tiraden von Donald Trump will die britische Regierung an ihrem Botschafter in Washington festhalten. Sie habe „volles Vertrauen“ in Sir Kim Darroch, sagte Premierministerin Theresa May am Dienstag.

Der US-Präsident hatte den britischen Diplomaten zuvor praktisch zur unerwünschten Person erklärt. Bei Sir Kim handle es sich um einen „aufgeblasenen Wicht“, einen „bescheuerten“ Zeitgenossen. „Wir werden uns nicht länger mit ihm befassen.“

Mit Trumps harschen Worten und Londons trotziger Reaktion hat sich das britisch-amerikanische Verhältnis dramatisch abgekühlt. Ausgelöst wurde die Krise durch die Enthüllung vertraulicher Mitteilungen des Botschafters an seine Regierung über den US-Präsidenten.

Botschafter nennt Trumps Regierung "unfähig"

In seinen Depeschen hatte Sir Kim Darroch die Trump-Administration unter anderem als „unfähig“ und „einzigartig funktionsgestört“ bezeichnet. Trump selbst sei jemand, „der Unsicherheit ausstrahlt“, und dessen Präsidentschaft womöglich „auf schmachvolle Weise enden“ werde.

Der britische Botschafter in den USA, Kim Darroch, stellt der US-Administration ein schlechtes Zeugnis aus.
Der britische Botschafter in den USA, Kim Darroch, stellt der US-Administration ein schlechtes Zeugnis aus.
© Paul Morig/Getty Images/AFP

Die von der rechtskonservativen „Mail on Sunday“ veröffentlichte Diplomatenpost führte zu erheblicher Bestürzung in London. May und Außenminister Jeremy Hunt, einer der beiden Kandidaten für Mays Nachfolge, betonten spontan, dass sie die harschen Urteile ihres Botschafters nicht teilten. Sie sprachen Sir Kim jedoch das Recht zu, sich auf den üblichen Kanälen gegenüber der eigenen Regierung „freimütig“ und „ungeschminkt“ zu äußern. Dafür würden Botschafter bezahlt.

Der US-Präsident revanchiert sich mit Attacken gegen May

Dennoch begannen sich diese Woche schon erste Türen in Washington für den britischen Diplomaten zu schließen. Am Montag wurde er von einem großen Dinner wieder ausgeladen, am Dienstag war unklar, ob er einen aus London angereisten Minister zu einem Treffen im Weißen Haus würde begleiten können.

Trump teilte allerdings auch gegen die britische Regierungschefin, deren Amtszeit in zwei Wochen abläuft, kräftig aus – offenbar, weil sie keine Bereitschaft zeigte, den bei ihm in Ungnade gefallenen Botschafter unverzüglich abzulösen. „Die gute Nachricht für das wunderbare Vereinigte Königreich ist, dass sie dort bald einen neuen Premierminister haben werden“, twitterte der US-Präsident.

Washington wartet auf Johnson

Bei dieser Gelegenheit warf Trump May auch vor, dass sie in Sachen Brexit „den reinsten Schlamassel“ angerichtet habe. Sie habe ihr Land, fügte Amerikas Präsident hinzu, auf einem „törichten“ Weg in eine regelrechte „Katastrophe“ geführt. Bei seinem Staatsbesuch vor fünf Wochen in London hatte er ihr noch bescheinigt, sie habe „sehr gute Arbeit“ als Premierministerin geleistet zu haben.

Britische Beobachter stimmen darin überein, dass Trump ungeduldig darauf wartet, dass Boris Johnson Großbritanniens Regierungschef wird – und dann möglichst einen ihm genehmen britischen Gesandten nach Washington entsendet.

Peter Nonnenmacher

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