Neun Tage bis zum Präsidentenwechsel: Trump macht Schwiegersohn zum Berater
Jared Kushner verkauft dafür seine Firmenanteile. Bei Trumps erster Pressekonferenz erwartet Amerika auch eine Lösung für dessen Interessenkonflikte. Eine Analyse.
Nun ist es amtlich: Der künftige Präsident Donald Trump macht seinen Schwiegersohn Jared Kushner zum Berater im Weißen Haus. Der 35-jährige orthodoxe Jude, der seit sieben Jahren mit Trumps Lieblingstochter Ivanka verheiratet ist, soll den bescheiden klingenden Titel „Senior Adviser“ tragen und formal für Israel, den Nahen Osten und die Handelspolitik zuständig sein.
Familienbande haben für Trump Priorität
Tatsächlich wird er wohl die einflussreichste Figur in Trumps direktem Umfeld bleiben, so wie er das schon in den letzten sechs Monaten des Wahlkampfs war. Mächtiger als Stabschef Reince Priebus, mächtiger als Chefberater Stephen Bannon, mächtiger als die Fachminister. Für Trump sind Familienbande noch wichtiger als politische Loyalität. Kushner hat das Ohr und das uneingeschränkte Vertrauen Trumps.
Führende Demokraten protestieren gegen die Entscheidung unter Verweis auf ein Anti-Nepotismus-Gesetz. 1967 hatte der Kongress die Ernennung naher Verwandter zu Ministern verboten, nachdem der Demokrat John F. Kennedy seinen Bruder Robert zum Justizminister gemacht hatte. Es ist unklar, ob es auch für Berater im Weißen Haus gilt.
Ungeachtet dieser Frage muss Kushner den Verdacht weiterer potenzieller Interessenkonflikte entkräften. Er führt ein Immobilienunternehmen mit Milliardenumsatz in New Jersey und New York, hat aber angekündigt, dass er sich komplett daraus zurückziehen wird. Seine Anteile will er verkaufen, ebenso seine Zeitung „The New York Observer“. Nach Trumps Wahl hatte er sich mit chinesischen Investoren für seine teuerste Immobilie in New York getroffen. Das Management der Firma soll sein Vater Charles übernehmen. Der hatte sie geführt, bis er 2005 wegen illegaler Wahlkampfspenden ins Gefängnis musste.
Kushner setzt Trump unter Druck
Mit dem konsequenten Rückzug aus dem Geschäftsleben setzt Kushner ein Beispiel, das Druck auf Trump ausübt. Auch der muss sich nach den Ethikregeln für US-Regierungen von seinen Geschäften trennen, sie am besten verkaufen oder in einen „Blind Trust“ stecken, auf dessen Management er keinen Einfluss hat. Die Vorgaben sollen eine strikte Trennung zwischen präsidialer Politik und privaten Business-Interessen garantieren.
Trump hat noch nicht gesagt, wie er Konflikte zwischen den außenpolitischen Interessen der USA und seinen Investments von Brasilien über die Türkei bis in die Philippinen lösen will. Mitte Dezember hatte er eine Pressekonferenz dazu angekündigt, sie aber wieder abgesagt. Für den heutigen Mittwoch hat er erneut seine erste Pressekonferenz seit der Wahl angesetzt. Noch ist unklar, ob er nun eine Lösung präsentiert – für sich, aber ebenso für seine Kinder. Unklar ist auch, ob er Fragen der Journalisten zulässt.
Senatsführer Mitch McConnell widerspricht sich
Parallel stoßen die Anhörungen der Ministerkandidaten für Trumps Kabinett im Kongress auf heftige Kritik. Für die Ernennung von Regierungsmitgliedern, leitenden Staatsangestellten, Botschaftern und Richtern benötigt der Präsident die Zustimmung des Senats. Die Demokraten beschweren sich, dass Trump und die Republikaner einen unzulässigen Zeitdruck ausüben und mit den Anhörungen an diesem Dienstag begonnen haben, obwohl die üblichen umfassenden Auskünfte über die Kandidaten und ihr Vorleben nicht komplett vorliegen.
Im Januar 2009, als Barack Obama seine Kandidaten durch die Anhörungen schleuste, hatte der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell verlangt, der Senat dürfe mit der Anhörung nicht beginnen, ehe die Ethikwächter der Regierung die gegengeprüften „Background“- Informationen für alle designierten Minister an den Senat geleitet haben. Für vier der neuen Kandidaten, die der Senat in dieser Woche anhören soll, lagen laut „Washington Post“ am Montagabend keine kompletten Informationen vor.
Der Kandidat für Justiz wehrt sich gegen Rassismus-Vorwürfe
Bei den meisten Regierungsbildungen sind einzelne Ministerkandidaten an den Senatsanhörungen gescheitert, oft an nicht korrekt abgeführten Steuern oder Sozialabgaben für Hausangestellte, mitunter aber auch, weil der Senat Zweifel an ihrer fachlichen oder charakterlichen Eignung äußerte. Die Anhörungen begannen am Dienstag mit Jeff Sessions, dem Kandidaten für das Justizministerium. Als er vor 30 Jahren Bundesrichter werden wollte, lehnte der Senat den Südstaatler aus Alabama wegen Rassismus-Verdacht ab. Er musste nun erklären, warum der Einwand heute nicht mehr gelten soll.
Über den designierten Verteidigungsminister James Mattis hat die Öffentlichkeit erfahren, dass er als pensionierter General Millionen verdient: als Aufsichtsrat in Rüstungsunternehmen, aus fünfstelligen Redehonoraren und für Lehrtätigkeit an der Uni Stanford.