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Säulen und die Stars and Stripes: Donald Trump übt schon mal für das Weiße Haus.
© Reuters

12 Tage nach der US-Wahl: Der doppelte Donald

Sein Wahlsieg hat wohl auch Donald Trump etwas überrascht. Er sucht noch Personal. Das Motto seiner ersten Entscheidungen: Ein bisschen Trouble, ein bisschen Frieden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Nur er selbst wisse, wer tatsächlich für einen Posten infrage komme, kommentiert Donald Trump die Spekulationen über sein künftiges Regierungsteam. Und doch wirkt es so, als sei er vor allem noch am Suchen. Der Eindruck an Tag zwölf nach der US-Wahl: Auch ihn hat der Sieg überrascht, deshalb hatte er – anders als Hillary Clinton – auch keine Kabinettsliste in der Tasche und bereits mit der Überprüfung der Anwärter begonnen, um zu verhindern, dass Altlasten die Ernennung torpedieren, von Steuererklärungen über versäumte Sozialabgaben für Angestellte bis zu anstößigen Äußerungen.

Priorität hat der Kampf gegen islamischen Terror

Trumps jüngste Entscheidungen geben erste Einblicke in sein Denken. Bei aller Vorsicht – das Wahljahr brachte viele unerwartete Wendungen – kann man vier Leitlinien erkennen: An Wahlversprechen fühlt er sich nicht gebunden. Priorität in seinem sicherheitspolitischen Denken hat der Kampf gegen den islamischen Extremismus; das Verhältnis zu Russland ist dem nachgeordnet. Er beruft Menschen, die Gegenpole bilden, und er scheut sich nicht, Personen auszuwählen, die sich durch krasse Äußerungen eigentlich disqualifiziert haben, zumindest nach dem bisherigen Verständnis; damit riskiert er Konflikte bei den Anhörungen im Senat.

Anders als in den bisherigen inhaltlichen Einlassungen ist in der Personalpolitik die Wende vom Provokateur zum Realpolitiker noch nicht klar. Am Freitag kamen drei Kandidaten zum Zug, die bizarre Dinge gesagt haben und deren Qualifikation umstritten ist. Jeff Sessions, Senator aus Alabama, soll Attorney General, eine Doppelfunktion aus Justizminister und Generalbundesanwalt, werden, Ex-General Michael Flynn Nationaler Sicherheitsberater und Mike Pompeo, ein Tea-Party-Abgeordneter aus Kansas, den Auslandsgeheimdienst CIA führen.

Ist Jeff Sessions ein Rassist?

Sessions hatte Trump als erster Senator unterstützt. Er ist Südstaatler und hat einen schrulligen Humor. Früher witzelte er gern, er habe nichts gegen den Ku-Klux-Klan gehabt, bis er herausfand, dass die Hasch rauchen. Wegen dieser und anderer Äußerungen, die man als rassistisch verstehen kann – er redete einen schwarzen Staatsanwalt als „Boy“ an –, verweigerte der Senat ihm 1986 die Ernennung zum Bundesrichter. Das könnte ihn einholen, wenn der Senat ihn erneut anhört: als Justizminister in spe. Denn für die Besetzung aller Regierungsämter benötigt Trump die Zustimmung des Senats.

Ausgenommen sind persönliche Berater, darunter der Nationale Sicherheitsberater. Sie müssen nachweisen, dass es keine Interessenkonflikte gibt. Schwiegersohn Jared Kushner wird seine Firma wohl einem „Blind Trust“ übergeben, um eine Aufgabe im Weißen Haus zu übernehmen.

Obama hatte den künftigen Sicherheitsberater gefeuert

Michael Flynn hat Trump im Wahlkampf begleitet. Er animierte das Publikum zu „Lock her up!“-Rufen gegen Hillary Clinton; sie gehöre ins Gefängnis. Im Wahlregister hat er sich als Demokrat eingetragen. Obama hatte ihn 2012 zum Chef des Militärgeheimdienstes DIA berufen, aber 2014 gefeuert. Es heißt, Flynn dehne die Fakten. Priorität hat für ihn die Bedrohung durch islamischen Extremismus. Um den IS zu besiegen, plädiert Flynn für eine Allianz mit Russland.

Der designierte CIA-Chef Pompeo hält islamischen Terror ebenfalls für die größte Gefahr, sieht in Russland aber keinen Bundesgenossen. Putin verbünde sich mit Schurkenstaaten und Terroristen. Auch Sessions sieht Putin als Bedrohung, Europa hingegen als Partner. Als die Air Force Tankflugzeuge kaufte, wollte er den Auftrag an Airbus geben, nicht an Boeing.

Wer wird Außenminister?

Trumps geopolitisches Denken klärt sich letztlich, wenn er sagt, wer Außenminister wird. Haudraufs wie New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani und Ex-Uno-Botschafter John Bolton? Oder jemand Moderates wie Mitt Romney, den Trump an diesem Wochenende traf, oder die aus Indien stammende Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley? Das wäre ein Ausgleich für die Falken Flynn und Pompeo.

Jüdische Bürger fürchten bereits Antisemitismus wegen Chefberater Stephen Bannon, Muslime Antiislamismus wegen Flynn und Pompeo, Afroamerikaner Rassismus wegen Sessions. Um Präsident aller Amerikaner zu werden, muss Trump Frauen und Minderheiten im Team berücksichtigen.

Eklat für Vize Pence beim Musical-Besuch am Broadway

Diesen Unmut bekam der künftige Vizepräsident Mike Pence zu spüren, als er am Freitag eine Vorstellung des neuesten Musical-Hits am Broadway, "Hamilton", besuchte. Für normal Sterbliche ist es kaum möglich, Tickets für "Hamilton" zu bekommen; die Vorstellungen sind für Monate ausverkauft. Die Schauspieler, eine bunte Truppe aus Weißen, Schwarzen, Latinos und weiteren Minderheiten, begrüßten Mike Pence höflich, gaben ihm aber eine spezielle Botschaft mit: Auch wir sind Bürger der USA und wollen unsere Rechte vertreten sehen. Trump nannte das Verhalten am Sonnabend eine "Belästigung" seines Vize und verlangte eine Entschuldigung.

Inhaltlich vollzieht Trump ansonsten derzeit eine atemberaubende Wende: Von vielen Wahlkampfaussagen ist er abgerückt. Hillary Clinton gehört ins Gefängnis? In seiner Siegesrede war sie eine Patriotin, der Amerika danken müsse. Barack Obama ein Versager, der die USA in den Abgrund geführt hat? Nach 90 Minuten Audienz im Weißen Haus nannte er ihn „a good man“, von dem er sich Rat erhoffe. Die Gesundheitsreform wird abgeschafft? Nun nennt er einiges darin erhaltenswert. Alle elf Millionen Illegale aus Lateinamerika deportieren? Nun redet er von drei Millionen.

Trump zahlt 25 Millionen Dollar, um ein Urteil zu vermeiden

Dazu passt die jüngste Volte: der Vergleich über 25 Millionen Dollar mit Absolventen der „Trump University“. Die hatten ihn wegen der Diskrepanz zwischen den versprochenen und tatsächlichen Lehrinhalten verklagt. Im Wahlkampf hatte Trump einen Vergleich kategorisch ausgeschlossen.

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