Konflikt mit Kim Jong-un: Trump hat keine Antwort auf Nordkoreas Atom-Provokation
Anders als in Syrien schlägt Trump im Atomkonflikt mit Nordkorea nicht sofort zu. Aus Pjöngjang heißt es nun, man sei zu "jeder von den USA gewünschten Art des Krieges" bereit.
Klappern gehört zum Handwerk – und das Vorzeigen von Folterinstrumenten zur internationalen Politik. Während US-Präsident Donald Trump einen Flugzeugträger in Richtung Nordkorea schickt, lässt seine Regierung durchblicken, was Pjöngjang so alles zu erwarten hätte, wenn Staatschef Kim Jong-un die nukleare Eskalation weiter auf die Spitze treiben sollte.
Laut US-Medienberichten gehören die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Südkorea und ein Mordanschlag auf Kim zu den Optionen, die Trumps Berater dem Präsidenten unterbreitet haben. Nordkorea beantwortete bereits die Entsendung einer US-Flugzeugträgergruppe zur Koreanischen Halbinsel mit der Drohung entschiedener Reaktionen. "Das rücksichtslose Vorgehen der USA zur Invasion der Demokratischen Volksrepublik Korea hat eine ernste Phase erreicht", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang am Dienstag nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA. "Wir werden die härtesten Gegenmaßnahmen gegen die Provokateure ergreifen, um uns mit aller Waffengewalt zu verteidigen", erklärte der nordkoreanische Ministeriumssprecher. Pjöngjang sei bereit, "auf jede von den USA gewünschte Art des Krieges zu reagieren". Er warnte die US-Regierung vor den "katastrophalen Konsequenzen" ihres "empörenden Vorgehens".
Nordkorea ist also eine potenzielle Bedrohung für die USA selbst
In Nordkorea steht Trump vor wesentlich schwierigeren Entscheidungen als beim kürzlichen Raketenangriff auf Syrien. Anders als in Syrien schlägt der Präsiden auch nicht sofort zu – mit gutem Grund. In Syrien handelt es sich aus amerikanischer Sicht um einen brutalen, aber letztlich regional eng begrenzten Konflikt. Bei Nordkorea ist die Lage ganz anders: Im Januar hatte Kim erklärt, sein Land werde bald Langstreckenraketen in seinen Arsenalen haben. Theoretisch könnten diese Raketen atomare Sprengköpfe aufs amerikanische Festland tragen – Nordkorea ist also eine potenzielle Bedrohung für die USA selbst.
Die bisherige Reaktion der Trump-Regierung unterscheidet sich nicht von dem, was andere Präsidenten in einer vergleichbaren Lage tun würden. Parallel zur Androhung eines militärischen Präventivschlages sucht Washington das Gespräch mit China, dem einzigen internationalen Partner Kims, sowie mit den Alliierten wie Japan und Südkorea.
China im Mittelpunkt der Bemühungen
Bei seinem Treffen mit dem chinesischen Staatschef Xin Jinping vergangene Woche versuchte Trump, Beijing zu größerem Druck auf Pjöngjang zu bewegen. Xi habe jedoch keine konkreten Zusagen gemacht, meldete die „New York Times“ unter Berufung auf einen amerikanischen Regierungsvertreter. Nach dem Gipfel mit Xi beriet Trump telefonisch mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe und dem amtierenden südkoreanischen Staatspräsidenten Hwang Kyo-ahn über die Lage.
China bleibt weiter im Mittelpunkt der Bemühungen. Dass die USA nach dem Treffen von Trump und Xi den Flugzeugträger „Carl Vinson“ vor die koreanische Küste entsenden und inoffiziell über die Stationierung von Atomwaffen beim Partner Südkorea nachdenken, ist auch ein Signal an die chinesische Führung.
Eine verstärkte amerikanische Militärpräsenz in der Nähe der chinesischen Grenzen ist genau das, was Xis Regierung für den Fall eines Zusammenbruchs von Kims Regime nebenan befürchtet. Deshalb soll Beijing dazu gebracht werden, etwas gegen Kim zu unternehmen, um das US-Militär fernzuhalten. Außenminister Rex Tillerson versuchte, Beijing mit dem Hinweis zu beruhigen, eine Ablösung der nordkoreanischen Regierung gehöre nicht zu den Zielen den USA.
Kurzfristig bilden die „Vinson“ und ihre Begleitschiffe vor allem eine schwimmende Warnung an Pjöngjang: Am kommenden Wochenende feiert Nordkorea den Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung, des Großvaters des derzeitigen Staatschefs. Bei früheren Gelegenheiten habe Nordkorea ähnliche Jahrestage für Provokationen genutzt, hieß es in US-Medienberichten.
US-Hacker wollen Computerprogramme des nordkoreanischen Raketensystems stören
Doch auch wenn größere Eskalationen in den kommenden Tagen vermieden werden können, steht Washington vor der Frage, wie der von Nordkorea ausgehenden Gefahr mittel- und langfristig begegnet werden soll. Hacker der US-Regierung versuchen, die Computerprogramme des nordkoreanischen Raketensystems so zu stören, dass die Geschosse kurz nach dem Start vom Kurs abkommen oder sonstwie versagen. In welchem Maße das erfolgreich ist, bleibt unklar.
Welche anderen Maßnahmen bedacht werden und ob dazu tatsächlich der Plan für ein Attentat auf Kim gehört, ist ebenfalls offen. Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster sagte dem Sender Fox News lediglich, der Präsident habe die „volle Palette von Optionen“ angefordert. Verteidigungsminister James Mattis hatte die Nordkoreaner schon vor Monaten vor einer „überwältigenden“ Reaktion der USA gewarnt, sollte Pjöngjang auf die Idee kommen, Atomwaffen einzusetzen.
Tillerson, McMaster und Mattis gehören in der Trump-Regierung zu den Vertretern der traditionellen sicherheitspolitischen Linie der USA: Das Trio ist gegen Schüsse aus der Hüfte und für eingehende Beratungen mit den entscheidenden Akteuren im Korea-Konflikt. Allerdings muss sich diese Fraktion in der Regierung dem Einwand stellen, dass ihre Methode die weitere Aufrüstung Nordkoreas bisher nicht verhindern konnte.
Genau das treibt einigen Beobachtern den Angstschweiß auf die Stirn – und zwar weniger wegen Kim als wegen Trump. Berater wie McMaster seien die „Erwachsenen“ in der chaotischen US-Regierung, sagte John Sawers, der ehemalige Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, in einem Interview der BBC. Den Präsidenten selbst zählt Sawers nicht zu den politisch Volljährigen: Trump verfüge weder über den nötigen Hintergrund, noch über die Erfahrung oder die erforderlichen „Instinkte“. Unter Trump könnten die USA in einen Krieg gegen Nordkorea schlittern, warnte der Ex-Geheimdienstchef. Eine Impulsiv-Handlung wie bei dem Angriff in Syrien könnte in Korea ungeahnte Folgen haben. (mit dpa)
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