19 Tage bis zur US Wahl: Trump bricht mit der amerikanischen Demokratie
In der letzten Fernsehdebatte gewinnt "The Donald" wohl keine Wähler hinzu. Amerika diskutiert seine Weigerung, das Wahlergebnis anzuerkennen. Ein Kommentar.
Donald Trump hat mal wieder die Schlagzeilen. Aber sie sind nicht von der Art, die er bräuchte, um seine Aussichten auf das Weiße Haus zu verbessern. Nach der dritten und letzten Fernsehdebatte in der Nacht zu Donnerstag heben die meisten US-Medien diese Aussage hervor: Trump verweigert eine klare Aussage, ob er das Wahlergebnis anerkennt. Ob "New York Times", "Washington Post", der liberale Sender CNN oder das konservative Medienimperium Fox News - das halten alle für die Nachricht der Nacht.
Wahlbetrug? Für die meisten Bürger geht das zu weit
Da schwingt die Verwunderung mit, dass es soweit kommen konnte in diesem in vieler Beziehung bizarren Wahljahr 2016. Systematischen Wahlbetrug oder den verklausulierten Aufruf an die Anhänger, ein nicht genehmes Wahlergebnis zu ignorieren oder gar gewaltsam dagegen vorzugehen: So etwas kennt man aus Dritte-Welt-Ländern, aus Stammesgesellschaften in Afrika oder autoritär regierten Staaten. Aber doch nicht aus westlichen Demokratien! Es gehört zu den großen zivilisatorischen Errungenschaft, dass der Kampf um die politische Macht nicht mehr mit "Bullets" (Kugeln) oder anderen Waffen ausgetragen wird, sondern mit "Ballots" (Stimmzetteln). Eine überparteiliche Organisation und Aufsicht garantiert die Fairness des Ablaufs. Und wer verliert, kann hoffen, das nächste Mal zu gewinnen. Macht wird nur für begrenzte Zeit verliehen.
Trump ist der erste Präsidentschaftskandidat der jüngeren US-Geschichte, der sich weigert, diese Regeln anzuerkennen. Das bedeutet den Bruch mit den seriösen Politikern in der Republikanischen Partei, für die er antritt. Den Bruch mit seinem Vizekandidaten Mike Pence, der versichert, selbstverständlich werde er den Wahlausgang respektieren. Und den Bruch mit dem Großteil der Wählerschaft. Trump setzt auf eine Mischung aus Populismus und Verschwörungstheorien. Und auf den Teil der Gesellschaft, der dafür empfänglich ist. Dieser Anteil ist mittlerweile erschreckend groß, über 40 Prozent - nicht nur in den USA. Auch in Frankreich, in Österreich, in Großbritannien, siehe Brexit. Die westlichen Demokratien sind in einer ernsten Krise.
Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass hier bei dieser Wahl zwischen Pest und Cholera zu entscheiden ist. [...] So oder so stehen die USA vor einem politischen Scherbenhaufen und es ist niemand da, der das Land wieder aufrichten könnte. Weltpolitisch gesehen eine gefährliche Entwicklung.
schreibt NutzerIn tulum
Amerikas Verschuldung wird endlich zum Thema
Dabei hatte diese dritte TV-Debatte durchaus Gelegenheit geboten zum ernsthaften Streit über die Herausforderungen, vor denen die USA stehen. Moderator Chris Wallace brachte Themen zur Sprache, die in den vorherigen Duellen zu kurz gekommen waren: die Verschuldung und die Besetzung des Supreme Court. Insgesamt zeigte sich erneut: Auch Hillary Clinton ist in vielem angreifbar. Auch ihre Vorschläge stecken voller Widersprüche, zum Beispiel bei Steuern und Finanzen. Oder auch im Umgang mit illegalen Migranten. Aber in der Sachauseinandersetzung ist Trump kein ebenbürtiger Partner. Er kann nur schimpfen und schwadronieren - und beleidigen. Clinton sei "eine gehässige Frau", eine "Lügnerin", eine "Kriminelle".
Selbst Moderator Chris Wallace's Neutralität stellte Trump in Frage, obwohl der doch beim konservativen Sender Fox arbeitet. "Danke für diese Frage", rief Trump mehrfach sarkastisch dazwischen, wenn Wallace sich an Clinton wandte - so, als wolle er insinuieren, der Fox-Mann erweise der Demokratin Gefälligkeiten.
Die Dynamik spricht jetzt für Hillary Clinton
Die US-Bürger haben lange gebraucht, um sich zwischen der unbeliebten Hillary Clinton, der 57 Prozent misstrauen, und dem Hochstapler Donald Trump, den über 60 Prozent für ungeeignet halten, zu entscheiden. Und einige mögen noch immer unentschieden sein - oder sich angewidert von dem Niveau der Auseinandersetzung abwenden. Doch nach mehr als einem Jahr Wahlkampf lässt die Dynamik 19 Tage vor der Wahl nun doch ziemlich klar einen Sieg Clintons erwarten. Wahrscheinlich sieht Trump das ähnlich. Er machte sich nach der Debatte rasch aus dem Staub. Hillary genoss ein längeres Bad in der Menge.
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