Innogy-Deal von RWE und Eon: Stromkonzerne flüchten in die Neuordnung
RWE und Eon teilen Stromerzeugung und -vertrieb auf, statt zu konkurrieren. Das zeigt den Bedeutungsverlust der Konzerne in der ökologischen Neuorientierung der Gesellschaft. Ein Kommentar.
Vor ein paar Jahren noch waren RWE und Eon Erzrivalen, die sich das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnten. Jetzt sind es Partner, die in einer beispiellosen Transaktion den deutschen Energiemarkt unter sich aufteilen wollen. RWE, das traditionsreiche Unternehmen mit Wurzeln bis in die tiefsten Stollen des Ruhrpotts, soll der neue Kraftwerksriese werden. Zu den fossilen Anlagen und seinen Ökostromunternehmen wird dem Plan zufolge noch Eons durchaus respektables Geschäft mit erneuerbaren Energien kommen.
Eon, der jüngere Konzern, im Liberalisierungsfuror der 90er Jahre zusammengebaut aus zahlreichen deutschen Versorgern von Nord bis Süd, würde dagegen die Netze und den Stromvertrieb der RWE-Tochter Innogy übernehmen und damit in diesen Bereichen zum mit Abstand größten deutschen Unternehmen aufsteigen.
Mal schauen, ob die kommunalen Teileigentümer von RWE akzeptieren, dass ausgerechnet das sichere Netzgeschäft verkauft werden soll. Denn klar ist: Eon wäre in Zukunft ein sehr stabiler Konzern, der mit fixen Einnahmen rechnen kann, RWE dagegen eine Zockerbude, die sehr stark zum Beispiel von der Entwicklung der Strompreise abhängt.
Die stabile Eon soll die Zockerbude RWE stärken - ein Monopol droht nicht
Doch das interessiert nur Aktionäre und Beschäftigte. Die Bürger wollen wissen: Droht nun ein Strom-Monopol? Fein säuberlich nach Zuständigkeiten aufgeteilt zwischen RWE und Eon? Eher nicht. Die Netze sind ohnehin Monopole und vom Staat reguliert. Im Bereich erneuerbare Energien herrscht harter, staatlich beaufsichtigter Wettbewerb, auch die nun doppelt so starke RWE ist in diesem Bereich kein Riese.
Am schwerwiegendsten wäre es gewesen, hätten Eon und RWE ihre konventionellen Kraftwerke zusammengebracht. Denn diese können die Preise im Großhandel entscheidend beeinflussen. Doch genau sie sind nicht Teil des neuen Ehevertrags. Eon hat seine fossilen Kraftwerke an die Tochter Uniper ausgelagert, die bald fast vollständig verkauft wird.
Einen genauen Blick sollten die Kartellbehörden dagegen auf den Stromvertrieb werfen. Eon würde rund 20 Millionen Kunden beliefern. Der Wettbewerb ist hier hart und die Margen geringe. Im Sinne der Kunden sollte das aber auch so bleiben. Möglicherweise erlauben die Kartellbehörden die Transaktion deshalb nur unter Auflagen.
Alles auf Anfang: Die Konzerne wirken orientierungslos
Das Ansinnen ist also nicht frappierend, weil wir uns vor übermäßiger Stärke sorgen müssen. Im Gegenteil, es ist ein weiterer Beleg des Bedeutungsverlusts der einstigen „Energieriesen“. Und für die Orientierungslosigkeit ihrer Manager. Vieles von dem, was bei Eon und RWE in den vergangenen drei Jahren mühsam umstrukturiert und aufgebaut wurde, wird mit dem Zusammenschluss nämlich gleich wieder eingerissen. Eon, RWE, Innogy: Sie alle haben in den vergangenen Jahren ausführlich erzählt, warum Netzgeschäft und erneuerbare Energien zusammengehören. Man darf gespannt sein auf die Darstellungen, warum nun diese Neuaufteilung einen noch größeren „strategischen Mehrwert“ bietet.
Die Gesellschaft ist weiter als Unternehmen und Politik
Die Wahrheit ist viel simpler: Die Konzerne haben auf die ökologische Neuausrichtung der Gesellschaft zu spät reagiert, woran die Politik erheblichen Anteil trägt. Schließlich sind Eon und RWE als Konglomerate lange Zeit Wunschkinder der Bundesregierungen gewesen. Nun sind sie geschwächt durch die Energiewende und dem Atomausstieg. Als letzter Ausweg bleibt ihnen deshalb nur die Flucht in die Neuordnung.
Dass der nicht in einem Konzern, sondern in zweien stattfindet, ist irrelevant, denn die Geschäftszweige Stromerzeugung (in Zukunft RWE) und Netze und Vertrieb (in Zukunft Eon) haben ohnehin nicht viel miteinander zu tun. Und die Bundesregierung kann von Glück sprechen, dass die beiden die Sache nun unter sich ausmachen wollen. Vor allem RWE und Innogy sind in den vergangenen Monaten als heiße Ziele für ausländische Großinvestoren im Gespräch gewesen – die sieht hier niemand gerne.
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