Die Grünen: Steuerfragen sind Machtfragen
Bei dem Streit der Grünen über die Vermögensabgabe geht es auch immer um mögliche Koalitionen nach der Bundestagswahl 2017.
Mit Steuererhöhungswahlkämpfen haben die Grünen keine guten Erfahrungen gemacht. Im Bundestagswahlkampf 2013 verlangten sie nicht nur eine Vermögensabgabe, sondern kündigten für den Fall einer Regierungsbeteiligung auch eine deutliche Erhöhung der Einkommensteuer an.
Bei manchen ihrer potenziellen Wähler muss dies als Drohung verstanden worden sein; jedenfalls stimmten am Ende nur 8,4 Prozent für die Partei des damaligen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin. Der büßte nach der Wahlschlappe seine Führungsämter ein, mischt nun aber wieder kräftig mit: als wortmächtiger Fürsprecher einer rot-rot-grünen Koalition im Bund nach der Wahl 2017. Und als entschiedener Befürworter einer Wiedereinführung der Vermögensteuer. Alles auf Anfang also?
Nicht wenn es nach dem Realo-Flügel der Partei und seinem höchsten Würdenträger, Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, geht. In einem Interview kündigte Deutschlands einziger grüner Regierungschef jetzt Widerstand an – gegen Rot-Rot-Grün und gegen die Vermögensteuer. Solchen Plänen werde seine Landesregierung nicht folgen. „Die Vermögensteuer bekommt man nicht hin, ohne dass es auf Kosten unserer Familienbetriebe geht.“
Nun kann sich „Kretsch“, wie der Landesvater von Anhängern genannt wird, seit seinem historischen Sieg im Südwesten bei den Grünen viel erlauben. Das heißt aber noch lange nicht, dass Machtworte aus Stuttgart einfach befolgt würden. Der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, widersprach denn auch umgehend in der „Passauer Neuen Presse“: „Wir brauchen eine gerechtere Besteuerung. Es muss klar sein, dass große Vermögen dazu einen Beitrag leisten. Dazu gehört eine Steuer auf hohe Vermögen.“
Kritik an Kretschmann kam auch von Grünen-Chefin Simone Peter. „Die Vermögensteuer ist verfassungsrechtlich durchaus machbar. Sie wirkt viel zielgenauer als die Erbschaftsteuer und bringt jährlich zehn Milliarden Euro für Investitionen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Und fügte hinzu: „Nicht ein Ministerpräsident entscheidet bei den Grünen über die Steuerpolitik als Teil des Wahlprogramms, sondern ein Bundesparteitag“. Mit Blick auf Kretschmanns Nein zu Rot-Rot-Grün sagte Peter: „Wir sollten keine Ausschließeritis betreiben, sondern nach der Wahl in Gesprächen klären, mit welchem Partner es die größten inhaltlichen Schnittmengen gibt.“
Peter, die wie Trittin und Hofreiter ein Linksbündnis im Bund anstrebt, weiß: Wenn Inhalte die Koalitionen bestimmen, dann kommt der Vermögensteuer eine große machtpolitische Bedeutung zu. Für die Union wäre sie eine hohe Hürde für Schwarz-Grün im Bund – womöglich zu hoch.