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Die drei von der SPD: Olaf Scholz (M.), Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.
© Imago Images/Snapshot/F. Boillot

Grüner Anstrich für die Bundestagswahl: SPD-Spitze rückt ökologischen Umbau in den Fokus

Die SPD startet inhaltlich in den Wahlkampf. Nach Ansicht der Parteispitze um Kanzlerkandidat Scholz geht es im September um „grundsätzliche Richtungsfragen“.

Die SPD will den nachhaltigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft in den Mittelpunkt des Bundestagswahlkampfs stellen. Dies geht aus zwei Papieren von Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz und den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen und Vorlagen für die Vorstandsklausur der SPD mit Scholz an diesem Sonntag und Montag in Berlin sind.

Die Sozialdemokraten liegen in Umfragen seit Monaten hinter den Grünen. Im letzten Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel kam die Umweltpartei mit 20 Prozent auf den zweiten Platz hinter der Union (37 Prozent). Die Sozialdemokraten verharren auf Platz drei mit 15 Prozent.

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Die SPD-Spitze schreibt nun, bei der Bundestagswahl im September gehe es um „grundsätzliche Richtungsfragen“ – etwa hin zu mehr „Ordnung und Respekt im Arbeitsleben“ oder zu mehr freiem Spiel des Marktes. Die Weichen für die Wirtschaft müssten so ausgerichtet werden, dass sie dem guten Leben aller diene.

„Diese Neuausrichtung meistern wir nur, wenn wir die Spielregeln in der Wirtschaft neu verhandeln und zukünftig wirtschaftlichen Erfolg nicht nur am Bruttoinlandsprodukt messen, sondern das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft auch unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten bewerten“, heißt es in einem der Papiere, das den Titel „Leitgedanken zum Regierungsprogramm“ trägt.

SPD-Spitze sieht Welt am Scheideweg

Die Welt stehe am Scheideweg, urteilt die SPD-Spitze. Dabei habe die Corona-Krise die drängenden Fragen der Zeit teils überlagert, teils verstärkt in den Fokus gerückt. „Wir müssen unsere Produktion ökologisch revolutionieren, die Regeln der Globalisierung ebenso neu verhandeln wie die der digitalen Welt und dabei sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.“

Aus der gemeinsamen Kraftanstrengung die Corona-Krise zu überwinden, könne neuer Mut erwachsen, mit dem die großen Aufgaben angegangen werden könnten: „Den Klimawandel bewältigen. Den weltweiten Rückgang der Artenvielfalt aufhalten. Und immer wieder die gerechte Verteilung von Lasten und von Chancen gewährleisten.“

Effizienz dürfe nicht das Maß aller Dinge sein

Die SPD-Politiker schreiben weiter: „Wir sehen, dass in unserer Gesellschaft der Wunsch wächst, sich darüber auseinanderzusetzen, in welche Richtung wir gemeinsam gehen wollen.“ In der Corona-Krise zeige sich noch einmal mehr sehr deutlich, „dass Effizienz nicht das Maß aller Dinge sein darf“. Es sei sichtbar, dass zu viel „auf Kante genäht“ worden sei.

[Mehr zum Thema: Drohnen, atomare Teilhabe, Nato-Beitrag – wegducken gilt in der Außenpolitik für die SPD nicht]

„Die Krise führt uns einmal mehr vor Augen, welche Bedeutung der Fähigkeit von Menschen zukommt, Institutionen und Systeme, auch unter widrigen Umständen oder gar in krisenhaften Situationen, stabil zu halten“,, heißt es in dem Papier.

Das Papier enthält zudem ein klares Bekenntnis zu Europa, das sich einer verändernden Welt gegenübersehe, in der neben den USA, Russland und China sich auch weitere Nationen aus Asien um mehr Einfluss bemühten. „Wir können das politische und soziale Modell unserer europäischen Demokratien nur verteidigen, wenn wir das gemeinsam tun. Dafür brauchen wir ein souveränes Europa mit sozialen Standards, mit fairen Regeln für Steuern und mit eigenen Einnahmen“, argumentiert die Parteispitze.

Ein Jahrzehnt der Erneuerbaren Energien solle es werden, so die SPD-Spitze.
Ein Jahrzehnt der Erneuerbaren Energien solle es werden, so die SPD-Spitze.
© Patrick Pleul/dpa

Um das Ziel zu erreichen, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften, will die SPD „dieses Jahrzehnt zu einem der Erneuerbaren Energien machen, in dem Windkraft und Sonne unsere Energiequellen sind, deren Nutzung wir durch saubere Wasserstoffwirtschaft im Industriemaßstab unterstützen“.

Öffentliche Gebäude, Schulen und Supermärkte sollen nach den Vorstellungen der Partei solarbetrieben sein, Gemeinden und Kommunen ihre Bürger mit grünem Strom versorgen, klimafreundliches Unternehmertum solle finanziell belohnt werden. „Wir sehen in dieser Jahrhundertaufgabe riesige Potenziale für gute Arbeitsplätze und für die Rolle Deutschlands als Exporteur umweltfreundlicher Technologien.“

Mobilität und Gesundheitssystem im Fokus

Eine wichtige Rolle soll auch der Mobilität zukommen, schreiben Esken, Walter-Borjans und Scholz. Sie solle so umgebaut werden, „dass sie für alle gut erreichbar, bezahlbar, umweltfreundlich, schnell und sicher ist“. Von der Digitalisierung müssten alle profitieren, „nicht nur wenige große Digitalkonzerne“, so dass sie demokratisch gestaltet werde und das Leben besser mache.

Zudem solle auch das Gesundheitssystem in den Fokus genommen werden. Dies will die SPD-Spitze von „Profitzwängen befreien und messbar am Wohl der Patient*innen orientieren“. In dem zweiten Papier mit dem Titel „Zukunftsmissionen für unser Land“ – einer Art Wirtschaftsprogramm – gehen die Autoren detaillierter auf die aus ihrer Sicht nötigen Maßnahmen ein.

Kanzlerkandidat Scholz sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts sind für Deutschland das wichtigste Jahrzehnt seit Beginn der industriellen Revolution. Damals haben Staat, Wirtschaft und Forschung die Grundlagen für den Wohlstand von heute gelegt. An einer solchen Schwelle stehen wir jetzt wieder“.

Generalsekretär Lars Klingbeil sagte „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“: „Aus der Union kommen immer wieder Forderungen nach einem geringeren Mindestlohn oder weniger Sozialleistungen. Für solche Fantasien gibt es von uns ein klares Stopp-Schild.“

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