Flüchtlinge in Deutschland: SPD-Politikerinnen fordern fünf Milliarden Euro mehr für Integration
Fünf Spitzenpolitikerinnen der SPD haben ein Zwölf-Punkte-Programm für Integration vorgelegt - und nebenher ein wenig Wahlkampf betrieben.
Was kann man tun, um Flüchtlinge optimal zu integrieren? Einfach mal nach Rheinland-Pfalz schauen. So sehen es zumindest die fünf SPD-Spitzenpolitikerinnen, die am Dienstag in Berlin das 12-Punkte-Papier "Neustart in Deutschland" vorstellten. "Rheinland-Pfalz ist für uns die Blaupause zur gelungenen Integration", sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit Seitenblick auf Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die das Programm initiiert hatte. Bei der Landtagswahl im kommenden März möchte Dreyer ihren Posten behalten und bekam dafür nun prominente Schützenhilfe von Schwesig sowie Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özuguz.
"Wahlkampf hin oder her", wehrte Malu Dreyer mögliche Zusammenhänge ab. "Als Ministerpräsidentin habe ich mich früh für Integration stark gemacht." Es sei das bestimmende Thema der nächsten Jahre, nicht nur im Wahlkampf. Auch wenn es momentan vor allem um die Ankunft und Unterbringung gehe, müssten bereits langfristige Eingliederungspläne gemacht werden.
Die Ausrichtung der zwölf Forderungen zielen dabei ganz deutlich auf die SPD-Klientel ab: Dreyer betonte, man wolle alle einbinden und auch die Ängste der deutschen Bevölkerung berücksichtigen. "Flüchtlinge dürfen nicht gegen Frauen oder Arbeitssuchende ausgespielt werden."
Flüchtlinge als "Bufdis"
Das vorgestellte Papier ist deutlich an ein Zehn-Punkte-Papier aus Rheinland-Pfalz angelehnt: Es geht vor allem um Familien, Bildung, Arbeit, Wohnen und enthält bereits angelaufene Maßnahmen und neue Ideen und Forderungen. Gerade gestartet ist etwa eine Ergänzung des Bundesfreiwilligendienstes: Bis 2018 sollen jährlich 10.000 zusätzliche "Bufdi"-Stellen in der Flüchtlingshilfe bereitstehen, für die sich auch Flüchtlinge selbst melden können.
Im Bereich Bildung forderte Schwesig 80.000 zusätzliche Kita-Plätze und 20.000 zusätzliche Erzieherstellen. Arbeitsministerin Nahles will für 450 Millionen Euro jährlich 100.000 "Arbeitsgelegenheiten" nach dem Modell der Ein-Euro-Jobs schaffen, um Flüchtlingen niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Bei allen Vorschlägen geht es parallel auch um Sprachkurse.
1,3 Milliarden Euro für den Bereich Wohnen
Barbara Hendricks, als Ministerin auch zuständig für den Baubereich, plant Mehrausgaben von 1,3 Milliarden Euro für eine Förderung des Wohnungsbaus und sozialer Integration in Quartieren. Die Erhöhung des Wohngeldes ab Januar und die neue Mietpreisbremse würden Neuankömmlingen und alteingesessenen Bewohnern Deutschlands zugutekommen. Insgesamt sieht das Papier eine Aufstockung der Eingliederungsmittel um fünf Milliarden Euro pro Jahr vor. Dafür soll auch das Kooperationsverbot zwischen Bund und Länder aufgehoben werden, um Finanzspritzen des Bundes möglich zu machen.
"Das ist das erste schlüssige Integrationskonzept, das über Einzellösungen hinausgeht", lobte Schwesig. Und Malu Dreyer betonte: "Maßnahmen in Kitas und Schulen, bei der Sprachförderung und beim Wohnen gibt es in Rheinland-Pfalz schon länger." Wie es nun weitergeht? Die Politikerinnen wollen sich regelmäßig zum Austausch treffen und das Papier an die Ministerpräsidenten der Länder herantragen.
Redebedarf bei der Union
Aber wird der Koalitionspartner auf Bundesebene, werden die Ministerpräsidenten der Union mitziehen? Die Fünfer-Runde gab sich optimistisch. "Die Arbeitsgelegenheiten habe ich heute im Kabinett vorgestellt - da war kein großer Widerspruch", sagte Andrea Nahles. Bundeskanzlerin Angela Merkel teilte am Dienstag mit, dass das von den Koalitionsspitzen vereinbarte Asyl-Paket II wegen „prozeduraler Gründen“ nach ihrer Einschätzung nicht wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten wird. Dafür wäre noch in dieser Woche ein Kabinettsbeschluss nötig.
Der Redebedarf ist offenbar doch größer, als Manuela Schwesig bei der Präsentation des Zukunftsplans zugeben wollte. Die SPD will im Asyl-Paket etwa einen besseren Schutz von Frauen und Kindern. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verwies darauf, dass die Versorgung Schwangerer bereits im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt sei und die Sozialdemokraten also die Umsetzung des Pakets verzögerten. (mit dpa)