Parteigremien von CDU und CSU tagen: Söder erwartet Entscheidung über die K-Frage in den nächsten 10 Tagen
Söder rechnet nicht mit einer ganz schnellen Entscheidung. Laschet vermutet dagegen, dass das CDU-Präsidium am Montag eine „Empfehlung“ ausspricht.
In der Union kommt es zu einem Showdown um die Kanzlerkandidatur: CSU-Chef Markus Söder hat am Sonntag erstmals seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt - genauso wie auch CDU-Chef Armin Laschet.
Am Montag treffen sich sowohl die Spitzengremien der CDU und CSU, um über die Kanzlerkandidatur zu beraten. Söder rechnet nicht damit, dass dann schon eine Entscheidung des CDU-Präsidiums über einen Kanzlerkandidaten der Union fällt. „Wir haben uns eigentlich auch vereinbart in dem Gespräch, dass es keine Beschlussfassung jetzt gibt“, sagte Söder in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am Sonntagabend.
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Später am Abend sagt er im ZDF: Die finale Entscheidung über den Kanzlerkandidaten der Union könnte in den nächsten Tagen fallen. In zehn Tagen sollten sich CDU und CSU „spätestens“ entschieden haben, ob er oder CDU-Chef Armin Laschet bei der Bundestagswahl im Herbst als Kanzlerkandidat ins Rennen gehe. „Ich denke, es ist in dieser Woche sogar möglich, eine Entscheidung gemeinschaftlich zu treffen“, sagte er.
Söder betonte weiter, dass beide Bewerber auch nach der Entscheidung in ihren Ämtern gut zusammenarbeiten müssten: „Eines ist klar, die beiden Parteivorsitzenden müssen auch nach dieser persönlichen Entscheidung am Ende gemeinschaftlich eng zusammenarbeiten.“
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl geht dagegen davon aus, dass die Gremien seiner Partei am Montag zu einem Votum über die Kanzlerkandidatur der Union kommen werden. "Präsidium und Bundesvorstand sind nun der richtige Ort, um die Position der CDU zur Kanzlerkandidatur zu beraten und zu entscheiden", sagte der baden-württembergische Innenminister der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Söder verweist auf seine exzellenten Umfragewerte
Laschet und Söder hatten sich im Vorfeld der Unions-Klausur am Sonntag „lange und freundschaftlich ausgetauscht“, erklärte Söder am Nachmittag. Das Gespräch sei nicht abschließend gewesen. Doch: „Wir haben beide festgestellt, dass wir beide geeignet sind und beide bereit sind“, so Söder. An der Entschlossenheit gäbe es keine Zweifel.
Bayerns Ministerpräsident verwies erneut auf die Umfragen, in denen er sehr viel besser dasteht als Laschet. Eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur müsse der Bevölkerung „und vor allen Dingen auch den eigenen Mitgliedern“ vermittelbar sein.
Laschet erklärte, dass das CDU-Präsidium am Montag möglicherweise eine „Empfehlung“ aussprechen wird. „Was das Ergebnis ist, da will ich nicht spekulieren“, sagte Laschet. „Es gibt viele Rückmeldungen aus den Landesverbänden. Viele Landesvorsitzende, auch Ministerpräsidenten haben sich schon ausgesprochen.“
Wie Söder seine späte Kandidatur erklärt
„Es war nicht mein Lebensplan, mich auf eine solche Kandidatur vorzubereiten. Aber die Rückmeldung und die Erwartung vieler Menschen in Deutschland, auch der Umfragen, spielen nicht die absolut entscheidende, aber doch eine wichtige Rolle“, sagte Söder. Auch in der CDU habe es viele gegeben, die ihn gefragt hätten, ob er generell bereit wäre.
„Und deswegen glaube ich, ist es jetzt fair und angemessen, so zu reagieren“, sagte Söder. Wenn sich eine breite Mehrheit wünsche, dass Söder kandidiere, „wäre es auch ein Kneifen vor der Verantwortung“, sich nicht bereitzuerklären. „Man kann nur dann immer mitreden, wenn man auch bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Das tue ich.“
„Wir haben beide erklärt, wir sind bereit“, hatte Söder zuvor Tagesspiegel-Informationen aus Teilnehmerkreisen der Unions-Klausur zufolge erklärt. „Wenn die CDU bereit wäre, mich zu unterstützen, wäre ich bereit. Wenn die CDU es nicht will, bleibt ohne Groll eine gute Zusammenarbeit“, sagte Söder zuvor zu seinen eigenen Ambitionen. Laschet sagte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass es sich beide zutrauen würden und bereit stünden.
Die Aufgaben, die vor der Union liegen bei Fraktion und Partei, müssten beide zusammenführen. Man müsse eine Menge guter Ideen zusammenbringen für die Zukunft des Landes. „Markus und ich sind im Gespräch. Es gibt zwei potenzielle Kandidaten. Wir haben uns gegenseitig attestiert, dass wir es beide könnten. Die SPD hat keinen, der es kann, wir haben zwei, die es können“, so Laschet. Sie seien sich der Verantwortung bewusst.
Fraktionen wollen schnelle Entscheidung
„Wir werden die Frage gut, miteinander auch in persönlicher Wertschätzung, die es gegenseitig gibt beantworten. Wichtig ist Rückendeckung der Parteien und Geschlossenheit der Union“, so Laschet Teilnehmerkreisen zufolge auf der Unions-Klausur. Eine wichtige Frage für die Zukunft Deutschlands sei auch: Wie halten wir gute Arbeitsplätze im Land?, so Laschet. Darüber werde auch im Wahlkampf entschieden.
Zuvor war bereits bekannt geworden, dass die Spitzen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf eine rasche Klärung der Kanzlerkandidatenfrage der Union dringen. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass die ganze Sache zügig jetzt vonstatten geht“, sagte der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) am Sonntag. „Ich denke mal, heute Abend sind wir wieder einen Schritt weiter.“
Brinkhaus sagte, er wisse, dass es die Erwartungshaltung gebe, „dass da was passiert“. Es gehe aber zunächst einmal darum, mit den beiden Parteivorsitzenden darüber zu sprechen, „wie die Furchen auch in die Zukunft gezogen werden können“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte: „Die Zeit ist reif, dass wir in den nächsten zwei Wochen die Entscheidungen treffen.“ Weiter sagte er: "Lieber zwei herausragende Optionen als einen Olaf."
Laschet hatte bereits im Vorfeld betont, dass auch er eine schnelle Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union will. „Wenn ich die Stimmung in der Breite der CDU berücksichtige, sollte die Entscheidung sehr zügig fallen“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident der „Bild am Sonntag“. Dies sollte aus seiner Sicht einvernehmlich geschehen: „Geschlossenheit hat hohe Bedeutung. CDU und CSU tut es sehr gut, die Entscheidung gemeinsam zu treffen. Und zwar sehr zeitnah."
„Ein solcher Riss darf sich in der Union nie wiederholen“
Laschet machte zugleich deutlich, dass er - anders als die CSU und Söder - in vielen politischen Fragen stets an der Seite Merkels gestanden habe. „In den Grundfragen der Politik stimme ich seit Jahren mit der Bundeskanzlerin überein - von der Euro-Rettung bis zur Flüchtlingspolitik. Auch, als vor zwei Jahren der Konflikt mit der CSU über eine europäische Flüchtlingspolitik eskalierte“, betonte er. „Ein solcher Riss darf sich in der Union nie wiederholen.“
Zur Form der internen Auseinandersetzung im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur sagte Laschet: „Bei mir werden Sie keine Sticheleien, Schmutzeleien oder Ähnliches feststellen. Das ist nicht mein Stil. Die Pandemie ist zu ernst für parteipolitische Spielchen.“ Der Begriff „Schmutzeleien“ stammt ursprünglich vom früheren CSU-Chef Horst Seehofer. Der hatte Söder 2012 „charakterliche Schwächen“ und einen Hang zu „Schmutzeleien“ vorgeworfen.
In der Fraktion wächst angesichts der eingebrochenen Umfragewerte für die Union die Nervosität. Selbst einzelne CDU-Abgeordnete hatten sich wegen der hohen Beliebtheitswerte für Söder bereits für den bayerischen Ministerpräsidenten ausgesprochen. Inzwischen dringen immer mehr führende CDU-Politiker auf eine rasche Ausrufung des Kanzlerkandidaten.
Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier hatte Laschet und Söder so indirekt ein Ultimatum von wenigen Tagen für eine Einigung gestellt. Er könne sich „gut vorstellen“, dass die beiden bis zum Ende der kommenden Woche einen Vorschlag machten, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
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Danach, also am 19. April, seien die Präsidien von CDU und CSU am Zug. „Wenn es gutgeht, treffen wir dann eine gemeinsame Wahl. Wenn nicht, können wir gemeinsam den Weg einer Entscheidung festlegen.“ Bouffier wollte nicht öffentlich Partei ergreifen: „Wenn ich jemandem etwas zu sagen habe, sage ich das unter vier Augen.“ Er und die übrigen Länder-Regierungschefs der CDU würden sich in diesem Fall „natürlich einbringen“.
Bouffiers Wort hat besonders Gewicht in der Union, er ist der dienstälteste Ministerpräsident. Besonders auf Laschet wächst angesichts seiner andauernd schlechten Umfragewerte der Druck, zugunsten von Söder zu verzichten. Zugleich droht ihm dann ein dramatischer Autoritätsverlust als erst im Januar neugewählter CDU-Chef.
Zuvor hatte auch Unions-Fraktionschef Brinkhaus den beiden Ministerpräsidenten ein Ultimatum gestellt. „Die Entscheidung, wer für die Union als Kanzlerkandidat antritt, sollte meines Erachtens in den nächsten zwei Wochen durch sein“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zuletzt war es immer wieder zu Sticheleien zwischen Laschet und Söder bekommen. Auch im CDU-Vorstand gibt es klare Befürworter, dass der bayerische Ministerpräsident die Union in den Bundestagswahl führen soll, da er laut Umfragen deutlich größere Chancen hat. Söder unterstreicht auch immer wieder seine Nähe zu Kanzlerin Merkel durch seinen Kurs in der Corona-Krise, während Laschet hier immer wieder mit Lockerungsversuchen aneckte.
In der jüngsten Ausgabe des „Spiegel“ umschifft Söder zwar klare Festlegungen entwirft in einem Interview aber eine Art Regierungsprogramm. Und er betont, Person und Programm müssten nicht nur von der Partei, „sondern auch in der breiten Bevölkerung akzeptiert werden". Die Grünen seien dieses Mal der Hauptgegner. „Deshalb müssen wir den Menschen ein Angebot machen, das ein modernes Gesellschaftsbild mit kompetentem und seriösem Regierungshandeln verbindet - die Union muss also sexy und solide zugleich sein.“
Machtkampf um Kandidatur gab es zuletzt 1979
In der Bundestagsfraktion fürchten viele aber um ihr Mandat, sollte Laschet Kanzlerkandidat werden und die Union bei weit unter 30 Prozent bei der Bundestagswahl am 26. September landen. Dem Tagesspiegel liegt eine Liste von rund 50 Bundestagsabgeordneten der CDU vor, die auf ein Mitspracherecht der Unions-Fraktion über den Kanzlerkandidaten pochen.
Schon einmal, 1979, gab es einen ähnlichen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union. Damals konnten sich der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) und CSU-Chef Franz Josef Strauß nicht einigen, der CDU-Vorstand sprach sich für Albrecht aus. Die CSU pochte auf eine Entscheidung durch die gemeinsame Bundestagsfraktion, hier wurde dann im Juli 1979 Strauß zum gemeinsamen Kanzlerkandidaten gewählt.
Bouffier zeigte sich hierzu aber zurückhaltend. „Die Fraktion kommt dann ins Spiel, wenn die Parteien das beschließen. Aber das wäre nicht meine bevorzugte Variante.“
Zusätzlichen Druck hat die Ankündigung der Grünen erzeugt, die am 19. April mitteilen wollen, ob Annalena Baerbock oder Robert Habeck die Kanzlerkandidatur übernehmen – erstmals können sich die Grünen reale Hoffnungen auf das Kanzleramt machen, begünstigt durch den jüngsten Umfrageabsturz der Unions-Parteien. (mit Agenturen)