Nach türkischen Präsidentschaftswahlen: So reagiert die internationale Politik auf Erdogans Wahlsieg
Die Wiederwahl des türkischen Staatspräsidenten Erdogan hat international für Reaktionen gesorgt. Merkel will "Partner einer pluralistischen Türkei" sein, Putin würdigt Erdogans "große Autorität".
Am Tag nach den Präsidentschaftswahlen in der Türkei haben internationale Politiker auf Erdogans Bestätigung im Amt reagiert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beglückwünschte dem türkischen Staatspräsidenten zur Wiederwahl. „Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen die Zusammenarbeit unserer Länder weiter zu fördern und zu vertiefen“, betonte die Kanzlerin am Montagabend. Zugleich mahnte sie in dem am Montagabend in Berlin veröffentlichten Glückwunschschreiben die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien in der Türkei an. „Die Umbrüche im Nahen und Mittleren Osten und die daraus resultierenden Fluchtbewegungen betreffen unsere beiden Staaten in erheblichem Maße. Die Türkei hat dabei große Verantwortung gezeigt“, so Merkel. „Umso mehr wollen wir Partner einer stabilen und pluralistischen Türkei sein, in der die demokratische Teilhabe und die Wahrung der rechtsstaatlichen Ordnung gestärkt werden.“
Steinmeier hofft auf geeinte türkische Gesellschaft
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte seinem türkischen Amtskollegen. In einem Telefonat habe Steinmeier seine Hoffnung geäußert, dass es Erdogan gelinge, die türkische Gesellschaft wieder zusammenzuführen, sagte eine Sprecherin Steinmeiers am Montag der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. Eine erfolgreiche wirtschaftliche, soziale und rechtsstaatliche Entwicklung der Türkei sei in Deutschlands Interesse.
Erdogan hatte die Präsidentenwahl am Sonntag nach Angaben der Wahlkommission in der ersten Runde gewonnen. Bei der parallel stattfindenden Parlamentswahl hatte zugleich das von Erdogans AKP geführte Parteienbündnis die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung geholt. Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, Muharrem Ince, räumte seine Niederlage ein. Die Wahl bezeichnete er jedoch als unfair. Zugleich äußerte der Kandidat der Mitte-Links-Partei große Sorgen über die Zukunft des Landes. In der Türkei gebe es nun eine „Ein-Mann-Herrschaft“ Erdogans. Internationale Wahlbeobachter kritisierten, die Kandidaten hätten bei den Wahlen nicht dieselben Chancen gehabt.
Jens Stoltenberg erinnert an Grundwerte der Nato
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beglückwünschte Erdogan und hob zugleich die Werte des Verteidigungsbündnisses hervor. "Ich werde Präsident Erdogan zu seiner Wiederwahl als Präsident gratulieren", sagte Stoltenberg am Montag bei seiner Ankunft zum Treffen der EU-Verteidigungsminister in Luxemburg. "Ich gratuliere auch dem türkischen Volk für die hohe Wahlbeteiligung."
Mit Blick auf das rigide Vorgehen der türkischen Behörden gegen Regierungskritiker fügte Stoltenberg hinzu: "Die Nato basiert auf einigen Grundwerten: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheiten." Er selbst messe diesen Werten große Bedeutung bei und spreche sie bei seinen Besuchen in den Hauptstädten der Nato-Staaten an, auch in Ankara.
Die Türkei ist wegen ihrer Lage an der Grenze zu Syrien und zum Irak sowie der geographischen Nähe zu Russland von besonderer strategischer Bedeutung für die Nato. Zuletzt gab es vermehrt Spannungen zwischen der Türkei und den anderen Nato-Staaten. Vielen Bündnispartnern missfallen Rüstungsgeschäfte Ankaras mit Moskau. Mit den USA streitet die Türkei zudem über die Auslieferung des Erdogan-Gegners Fethullah Gülen, außerdem kritisiert Ankara die US-Unterstützung für kurdische Milizen in Syrien.
Tsipras fordert Freilassung griechischer Militärs
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras gratulierte Erdogan telefonisch. Die beiden Politiker hätten vereinbart, sich am Rande des im Juli anstehenden Nato-Gipfels in Brüssel zu treffen, teilte Tsipras' Büro mit. Die Beziehungen zwischen den beiden Ägäis-Staaten sind seit Monaten angespannt. Die Türkei fordert die Auslieferung von acht türkischen Militärs, die nach dem Putsch gegen Erdogan im Sommer 2016 in Griechenland Asyl beantragt hatten. Die griechsiche Justiz lehnt das aber ab.
Tsipras wiederum forderte von der Türkei die Freilassung zweier griechischer Militärs, die seit der Festnahme wegen Überschreitens der Grenze am Evros-Grenzfluss (türkisch: Meric) vor dreieinhalb Monaten ohne Anklage in einem Gefängnis in der türkischen Grenzstadt Edirne festgehalten werden.
Iranischer Präsident hofft auf Festigung "herzlicher Beziehungen"
Der iranische Präsident Hassan Ruhani hofft nach dem Wahlsieg seines türkischen Amtskollegen auf eine weitere Festigung der „herzlichen und brüderlichen Beziehungen“ der beiden Nachbarländer. Ankara und Teheran sollten sich auch weiterhin verstärkt für Sicherheit und Frieden in der Region einsetzen, hieß es in einem Glückwunschschreiben Ruhanis am Montagmorgen. Nach einer kurzen Krise wegen Differenzen im Syrien-Konflikt hatten sich die Beziehungen der beiden Länder wieder stark verbessert.
Orban lobt "Stabilität der Türkei"
Als erster Regierungschef eines EU-Landes beglückwünschte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den türkischen Staatspräsidenten. „Die Stabilität der Türkei ist für ganz Europa eine gute Nachricht“, hieß es in dem Glückwunschschreiben nach Angaben eines Orban-Sprechers von Montagmorgen. Europa stehe „vor zahllosen schweren sicherheitspolitischen Herausforderungen, zu deren Bewältigung eine berechenbare und effiziente Zusammenarbeit mit der Türkei unumgänglich ist“. Orban wird für seinen autoritären Regierungsstil kritisiert; er hat autoritär geführte Staaten wie die Türkei, Russland oder China als Vorbilder bezeichnet.
Putin würdigt "große politische Autorität" Erdogans
Russlands Präsident Wladimir Putin würdigte nach den Wahlen in der Türkei die "große politische Autorität" des wiedergewählten türkischen Staatschefs. Putin schickte am Montag ein Glückwunschtelegramm an seinen türkischen Kollegen, wie der Kreml in Moskau mitteilte. Demnach unterstrich Putin, dass die Wahlergebnisse in der Türkei "die große politische Autorität von Recep Tayyip Erdogan und die große Unterstützung für seinen Kurs bestätigen".
Putin und Erdogan haben sich trotz unterschiedlicher Interessen, etwa in Syrien, zuletzt wieder einander angenähert. Sie vereinbarten Rüstungsgeschäfte, außerdem unterstützt Russland den Bau eines Atomkraftwerks in der Türkei. Die beiden Länder sind zudem durch den Bau der Gaspipeline Turkstream im Schwarzen Meer miteinander verbunden. Gemeinsam mit dem Iran haben Russland und die Türkei außerdem Verhandlungen zur Beendigung des Syrien-Konflikts initiiert. (DPA, AFP)
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