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Wer das Klima schützen will, kann auch das eigene Reiseverhalten ändern.
© dpa/ Patrick Pleul

Handeln gegen den Klimawandel: Sieben Tipps - Wie jeder Einzelne Klimaschutz betreiben kann

Viele Menschen würden gerne mehr für den Klimaschutz tun, wissen aber nicht wie. Ob Konsum, Ernährung oder Engagement: Was Sie tun können.

Die Menschheit weiß so viel wie nie über den Klimawandel. Dazu lässt sich Klimaschutz auf vielen Ebenen des Lebens bestreiten, von Umstellung der Ernährung bis hin zum politischen Engagement. Welche Wirkung sieben verschiedene Maßnahmen auf das Klima haben und wie groß der Aufwand ist, erläutert Susanne Ehlerding aus dem Tagesspiegel Background Klima und Energie.

Die Umstellung auf eine vegetarische oder flexitarische Ernährung ist nicht ganz einfach.
Die Umstellung auf eine vegetarische oder flexitarische Ernährung ist nicht ganz einfach.
© imago/ Westend61

Gesünder essen

Die Menschen in den Industrienationen essen zu viel Fleisch, obwohl das ungesund ist und schlecht fürs Klima. Besonders die Produktion von Fleisch von Wiederkäuern verursacht viele Treibhausgase, ein Steak so viel wie 50 Portionen Gemüse. Auch Milchprodukte heizen das Klima an. Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte dagegen sind klimafreundliche Lebensmittel.

Kleine Schritte für passionierte Fleischesser: Öfter mal auf Wildschwein zurückgreifen, denn dafür müssen keine Futtermittel angebaut werden und es ist kein Wiederkäuer wie die Rehe. Oder zur Tradition des Sonntagsbratens zurückkehren, dafür hochwertiges Bioschweinefleisch kaufen und den Fleischkonsum ansonsten zurückfahren.

Wichtig ist auch, keine Lebensmittel zu verschwenden. Denn bei ihrer Herstellung und entlang der Lieferketten sowie beim Verrotten entstehen ebenfalls Klimagase. Außerdem sollte man saisonal und regional einkaufen, also möglichst keine Erdbeeren im Winter oder Äpfel aus Neuseeland, wenn es welche aus dem Alten Land gibt.

Die Umstellung auf eine vegetarische oder flexitarische Ernährung ist nicht ganz einfach: Man muss anders einkaufen und anders kochen. Dafür winkt ein schöner Lohn: Vegetarier leiden seltener unter Zivilisationskrankheiten wie Herz- und Kreislauferkrankungen und leben etwas länger.

Klimawirkung: 4/6; Aufwand: 3/6

Die erste deutsche Offshore-Windkraftanlage vor der ostfriesischen Insel Borkum.
Die erste deutsche Offshore-Windkraftanlage vor der ostfriesischen Insel Borkum.
© DPA/ Ingo Wagner

Stromanbieter wechseln

Kaum etwas ist einfacher, als grünen Strom zu bestellen. Nur ein paar Mausklicks und: fertig. Dabei helfen Internetportale wie Verivox oder Stromvergleich. Nach der Eingabe der Personenzahl im Haushalt, Postleitzahl und Stromverbrauch öffnet sich eine lange Liste möglicher Anbieter. Jetzt unter „Filter“ die Option „Ökostrom“ anklicken. Immer noch bleibt dann eine große Zahl Anbieter übrig, aus denen man auswählen kann. Der nächste Schritt ist schon das Bestellformular. Wie beim Wechsel des Telefonvertrags kümmert sich der neue Anbieter um alle Formalitäten. Die Stromlieferung geht normal weiter.

Aber Achtung: Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom, es gibt große Unterschiede. Siegel wie das Grüner Strom Label e.V., von Ok Power oder vom TÜV garantieren, dass der Stromanbieter nur Strom aus erneuerbaren Energien anbietet und in neue Anlagen investiert. Dann hat der Wechsel mehr Klimawirkung, als wenn der Anbieter Zertifikate für Wasserkraftstrom aus Norwegen kauft oder den Ökostrom neben einem normalen Tarif mit Atom- und Kohlestrom vertreibt. Tarife mit Vorauszahlungen oder Nachlässen in den ersten Monaten sollte man ausblenden.

Zum Verständnis: Nach dem Wechsel kommen keine persönlichen Grünstromeinheiten ins Haus. Sie werden aber bilanziell abgerechnet. Grüne Tarife gibt es außerdem auch für Gas. Das macht fürs Klima sogar mehr aus, wenn man eine Gasetagenheizung hat, denn der Stromverbrauch macht von den energiebedingten Emissionen nur einen kleinen Teil aus.

Klimawirkung: 2/6; Aufwand: 1/6

Kunden im jugendlichen Alter sitzen mit Papiertüten in einer Fußgängerzone.
Kunden im jugendlichen Alter sitzen mit Papiertüten in einer Fußgängerzone.
© imago/Ralph Peters

Bewusst konsumieren

Kaufen bis zum Umfallen, shoppen bis der Arzt kommt – die Kritik am Konsumismus ist nicht neu. Wegen der Klimakrise aber gewinnt sie neue Aktualität. So kauft der Durchschnittsverbraucher heute 60 Prozent mehr Kleidung als vor 20 Jahren, hat das World Economic Forum berechnet. Gleichzeitig gehen zehn Prozent der weltweiten Emissionen auf die Modeindustrie zurück. Dabei muss man eigentlich nicht immer mit der Mode gehen, um stilvoll gekleidet zu sein, schreibt Modebloggerin Katherine Ormerod. Wer klimafreundlicher konsumieren möchte, kann sich vor dem Kauf eines Produktes fragen: Brauche ich das? Ist es langlebig? Kann ich stattdessen etwas Altes reparieren? Oder könnte ich es aus zweiter Hand bekommen oder tauschen?

In Berlin gibt es zahlreiche Änderungsschneidereien und Schuster, die die Lebensdauer von Kleidung verlängern. Die Schneiderinnen von „Bis es mir vom Leibe fällt“ in Schöneberg haben aus dem Upcycling von Kleidung sogar ein preisgekröntes Geschäftsmodell gemacht. Seltener, aber durchaus erreichbar, sind Repaircafés. Man muss allerdings Zeit zum Selberreparieren haben – ein Gut, das oft knapper ist als Geld.

Klimagase kann man mit bewusstem Konsum sehr viel sparen: 11,5 Tonnen CO2 verursacht jeder Deutsche pro Jahr. Davon entfallen 1,7 Tonnen auf Lebensmittel, 2,4 auf Heizung und Strom, 2,1 auf Mobilität und 4,6 Tonnen auf Sonstiges.

Klimawirkung: 5/6; Aufwand: 3/6

Wer als Hausbesitzer selbst über seine Heizung entscheiden kann, hat mehr Einfluss auf die eigene Klimabilanz.
Wer als Hausbesitzer selbst über seine Heizung entscheiden kann, hat mehr Einfluss auf die eigene Klimabilanz.
© Kitty Kleist-Heinrich

Wärmewende einleiten

Wer in Berlin noch mit einem Kachelofen geheizt hat, weiß eine Zentralheizung zu schätzen. Moderne Brennwertkessel arbeiten sehr effizient, und leicht ist der Thermostat so aufgedreht, dass es in der Wohnung mollig wird. Viele Heizungsanlagen in Deutschland aber sind Jahrzehnte alt und natürlich verbrennen sie fast alle fossiles Gas oder Öl.

Mieter können da für ihre Klimabilanz kaum mehr tun, als sparsam zu heizen. Tipps dafür gibt es beim Beratungsportal co2online. Maßnahme Nummer eins: Die Raumtemperatur senken. „Ob es 20 Grad Celsius oder 21 Grad im Wohnzimmer sind, werden Sie kaum spüren – das Klima schon“, schreiben die Experten. Bis zu 275 Kilo Kohlendioxid im Jahr könne man so vermeiden. Auch wenn sich Thilo Sarrazin mit seiner Pulloverempfehlung für Hartz-IV-Empfänger unbeliebt gemacht hat, ganz unrecht hatte er damit aus Klimasicht nicht.

Wer als Hausbesitzer selbst über seine Heizung entscheiden kann, hat mehr Einfluss auf die eigene Klimabilanz. Die Entscheidung für eine neue Heizung ist allerdings schwer zu treffen: Passen Pellet oder Scheitholz? Sollte man sie mit Solarthermie auf dem Dach kombinieren? Sollte es gar eine Brennstoffzelle sein? Oder passt eine Wärmepumpe zum eigenen Haus? Der Markt ist unübersichtlich, weshalb man einen Energieberater hinzuziehen sollte. Der kennt auch die diversen Förderprogramme, mit denen der Staat versucht, die Wärmewende in Deutschland einzuleiten.

Klimawirkung: 4/6; Aufwand: 3/6

Anders reisen, Depot umschichten, Politisch aktiv werden

Wer das Klima schützen will, kann auch das eigene Reiseverhalten ändern.
Wer das Klima schützen will, kann auch das eigene Reiseverhalten ändern.
© dpa/ Patrick Pleul

Anders reisen

Die Welt zu kennen und exotische Ziele anzusteuern, gehört heute zum guten Ton. Reisen hat eben auch mit Weltläufigkeit zu tun, selbst wenn es oft nur reiner Konsum ist. Und geschäftlich müssen viele ohnehin mal eben nach Stuttgart oder München. Morgens hin, abends zurück – Fliegen ist fast schon wie Busfahren geworden. Es ganz zu vermeiden, ist aus sozialen Gründen schwierig. Doch es ist für diejenigen, die fliegen, auch der größte Brocken in der persönlichen Klimabilanz.

Ein Hin- und Rückflug nach Mallorca entspricht mit knapp einer Tonne CO2 schon der Hälfte der durchschnittlichen Fahrleistung eines Mittelklassewagens pro Jahr. Ein Hin- und Rückflug nach Neuseeland ist mit 14 Tonnen der Klima-GAU wenn man bedenkt, dass das klimafreundliche Jahresbudget eines Menschen bei nur 2,3 Tonnen liegt. Die Zahl beruht auf dem noch zur Verfügung stehenden Gesamtbudget für ein Klimaziel von nicht mehr als zwei Grad Erderwärmung.

Aber überhaupt nicht mehr zu fliegen ist wahrscheinlich die schwierigste Entscheidung fürs Klima, auch wenn sie die beste ist. Was also tun? Weniger fliegen ist auf jeden Fall eine gute Idee. Für Strecken innerhalb von Deutschland kann man die Bahn nehmen. Die Österreichischen Bundesbahnen haben ihr Nachtzugangebot ausgebaut. Und manchmal ist es vielleicht erholsamer, wenn man vom Berliner Ostbahnhof mit dem Bus ins tschechische Marienbad fährt, statt den Jetlag für eine Badereise nach Bali in Kauf zu nehmen.

Klimawirkung: 6/6; Aufwand: 3/6

Was die Banken mit den ihnen anvertrauten Einlagen tun, ist jedenfalls höchst unterschiedlich.
Was die Banken mit den ihnen anvertrauten Einlagen tun, ist jedenfalls höchst unterschiedlich.
© imago stock&people

Depot umschichten

Die eigenen Ersparnisse und Finanzanlagen haben mit dem Klima erst einmal nicht viel zu tun. Oder doch? Was die Banken mit den ihnen anvertrauten Einlagen tun, ist jedenfalls höchst unterschiedlich. Umweltorganisationen weisen seit Jahren darauf hin, dass viele Geldhäuser immer noch Kohlekraftwerke finanzieren. Zwar ziehen sich viele aus diesem Geschäft zurück und vermarkten entsprechende Ankündigungen öffentlichkeitswirksam. Die Strategien sind aber oft halbherzig, etwa, weil der Rückzug erst ab einem Kohleanteil von einem bestimmten Prozentsatz gilt. Radikaler geht das Netzwerk 350.org vor, dass weltweit dafür wirbt, Investitionen aus fossilen Energien abzuziehen.

Einlagen umzuschichten, allein schon die Bank zu wechseln, ist aber recht aufwendig. Finanzprodukte auf ihre Klimawirksamkeit zu prüfen, auch. Immerhin rund ein Viertel der Deutschen wäre aber bereit, sein Erspartes für erneuerbare Energien einzusetzen. Doch bundesweit haben erst rund sechs Prozent der Bürger in nachhaltige Kapitalanlagen investiert, ergab kürzlich eine Umfrage im Auftrag des Ökostromanbieters Green City.

Die EU will es Verbrauchern künftig leichter machen. Bei der Beratung ihrer Kunden sollen Wertpapierfirmen und Versicherungsvertreiber Nachhaltigkeitsfragen stärker berücksichtigen, steht in einer Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und in einer Richtlinie über den Versicherungsvertrieb – die aber noch nicht verabschiedet sind.

Klimawirkung: 3/6; Aufwand: 6/6

Politisch aktiv werden

Verbraucher können mit ihrer geballten Nachfrage viel erreichen. Aber nicht genug, um das Klima ausreichend zu schützen. Einzelne können keine Regeln wie die EU-Ökodesignrichtlinie machen, die einen sparsamen Stromverbrauch von Elektrogeräten und neuerdings auch eine bessere Reparierbarkeit vorschreibt. Verbraucher können kein Erneuerbare- Energie-Gesetz beschließen, das zu einem völlig unerwarteten Preisverfall von Sonnen- und Windenergie geführt hat. Sie können keinen Preis auf Kohlendioxid einführen oder die Massentierhaltung beenden.

Das alles kann nur das Parlament. Nun muss man fürs Klima nicht gleich in eine Partei eintreten und seine Feierabende im Kreisverband verbringen. Man kann mit der untersten Stufe der politischen Willensbildung anfangen und mit seinen Nachbarn, Freunden und Bekannten über die Klimakrise reden. Das jedenfalls war die häufigste Antwort von Experten, die für die Website Crowdsourcingsustainability.com nach wirksamen Maßnahmen gegen den Klimawandel befragt wurden.

Weltweit gibt es immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche, die sich für mehr Klimaschutz engagieren. Über sie werden auch die nächsten Generationen nachhaltig erreicht. Die Grünen-Abgeordnete in Berlin-Mitte, Molina Gosch, lädt alle paar Wochen zu einer Klimawache ans Brandenburger Tor ein: „Ich bin immer wieder überrascht, wie viel Kraft man hat, wenn man sieht, dass auch andere besorgt sind“, sagt sie.

Klimawirkung: 6/6; Aufwand: 6/6

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