Neues Gesundheitsschutz-Konzept: Seehofer und Spahn mahnen mehr Krisenbewusstsein in der Bevölkerung an
Das Bundeskabinett hat zur Krisen-Vorsorge ihre neue Strategie für den Bevölkerungsschutz beschlossen. Corona habe Abhängigkeiten schmerzlich vor Augen geführt.
Als Konsequenz aus den schwierigen Erfahrungen zu Beginn der Corona-Pandemie legt die Bundesregierung eine nationale Reserve für Gesundheitsgüter an. Die Reserve solle in akuten Notsituationen die Versorgung des Gesundheitssektors für sechs Monate mit Waren wie Masken, Einmalhandschuhen, Schutzanzügen und Medikamenten sicherstellen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin. Zudem sichere sich der Bund große Produktionskapazitäten für Impfstoffe.
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Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch einem entsprechenden Konzept der Bundesministerien für Gesundheit und Inneres zu, wie Spahn mitteilte. Die neue Reserve solle für drei Szenarien zur Verfügung stehen: für Pandemien, für den Fall der Störung weltweiter Lieferketten und für akute Notsituationen wie etwa Naturkatastrophen und für Verteidigungsfälle. Die gelagerten Güter könnten auch zur Linderung von Notlagen bei verbündeten Ländern eingesetzt werden.
Zur Begründung verwies Spahn auf die Mangel-Erfahrungen zu Beginn der Corona-Pandemie vor einem Jahr. Damals seien „aus Cent-Artikeln teure Produkte geworden“, sagte Spahn mit Verweis auf den damaligen Ansturm auf medizinische Schutzmasken rund um den Globus. Auf dem Weltmarkt habe eine „Wildwest-Situation“ geherrscht.
„In der Not zu kaufen ist immer teurer“
„In der Not zu kaufen ist immer teurer“, sagte Spahn. Die laufenden Kosten für die neue nationale Reserve schätze zudem auf „mindestens eine zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr“.
Zu Beginn solle die nationale Reserve eine Milliarde medizinische OP-Masken sowie 250 Millionen Masken im FFP2-Standard enthalten, sagte Spahn. Zudem laufe derzeit eine Ausschreibung, mit der sich der Bund Kapazitäten in der Impfstoffproduktion sichern wolle.
Es gehe um eine Jahreskapazität von 500 Millionen Dosen, auf die der Bund in Pandemie- oder ähnlichen Fällen sofortigen Zugriff haben solle. Für die Bereitstellung dieser Kapazitäten zahle der Bund eine Gebühr an die Hersteller.
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Der Plan für die neue Notreserve sieht zudem eine stärkere Unterstützung des Bundes für die Länder in Katastrophenfällen vor. Dafür solle das in Bonn ansässige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zu einem „gemeinsamen Kompetenzzentrum“ Katastrophenschutz ausgebaut werden, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn.
Bislang dürfe das Amt nur im Verteidigungsfall, also bei einer Bedrohung von außen, aktiv werden, sagte Seehofer. Künftig solle es auch in Friedenszeiten „unterstützen tätig werden können“, sagte er. „Wir haben in der Pandemie gelernt, dass es schwer ist zu verstehen, dass eine Behörde beachtliche Ressourcen hat, aber sie nach Verfassungslage im Friedensfall nicht einsetzen darf“, sagte er.
Am Dienstagabend habe er mit allen 16 Landesinnenministern über die neue Kompetenzzuteilung für das BBK gesprochen, sagte Seehofer. Der Plan sei einstimmig gebilligt worden.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat den gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung im Verteidigungsfall zu schützen. Zusätzlich hat es den Auftrag, die Bevölkerung für Katastrophenfälle zu sensibilisieren.
Beide mahnten zudem mehr Krisenbewusstsein an. Sie appellierten an die Bevölkerung, mehr Krisenbewusstsein zu entwickeln. Seehofer betont, dass die Warnsysteme wie Sirenen oder Cell-Broadcast ausgebaut würden. Aber ohne die Mitwirkung von Medien und Bevölkerung werde dies nicht funktionieren. (AFP)
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