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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern
© Lino Mirgeler / dpa

Umweltpolitik der CSU: Schwarz wird grün - ohne rot zu werden

Das CSU-Engagement für Bienen, Gletscher und Weltklima wird kaum nachhaltig sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Dass der bayerische Ministerpräsident sich auch mal auf dem höchsten Punkt seines Herrschaftsgebiets blicken lässt, ist eigentlich keine Meldung wert. Aber Markus Söders jüngste Pilgerfahrt zur Zugspitze war der symbolisch-geographische Gipfel eines bemerkenswerten Wandels. Wer sich die Verlautbarungen und manche Details der Pläne für das Klimakabinett anschaut, kann nur zu dem Schluss kommen: Die Schwarzen ergrünen, und das ohne Rot zu werden.

Dahinter steckt viel Opportunismus. Das Rezo-Video, die „Fridays for Future“-Demos, der Aufschwung der Grünen haben in der Volksparteienfamilie hektische „Wir auch“-Aktivität ausgelöst. Wen das an die Tage von Fukushima erinnert, der liegt nicht ganz falsch. Auch die Kehrtwende von der Laufzeitverlängerung zum Atomausstieg war taktisch bedingt – ein unpopuläres Thema abräumen, die Landtagswahl in Baden-Württemberg retten. Das eine gelang, das andere nicht. Söder als Umweltminister wollte damals übrigens gleich das AKW Isar abschalten, bis ihm jemand vorrechnete, dass er vorher besser einen Kerzenvorrat anlegt.

Jetzt versichern führende Unionspolitiker gerne, die Bewahrung der Schöpfung sei „immer schon“ ein konservatives Kernanliegen der Union gewesen. Die Wahrheit ist aber: Sie war es nur von Zeit zu Zeit. Wolfgang Schäuble hat beim Klima-Werkstattgespräch der CDU die Versäumnisse vorgehalten, zusammen mit den ideologischen Verkrustungen, die diese Versäumnisse bis heute begleiten: Nein, Verbote sind kein ökosozialistisches Teufelswerk, sondern normaler Bestandteil jeder Ordnungspolitik.

Aber selbst Angela Merkel, die auf internationaler Ebene immer versucht hat, den inhaltlichen Kern des Kyoto-Klimaprotokolls zu retten, das sie als Umweltministerin mit verhandelt hatte – selbst die Kanzlerin ließ das Thema schleifen, wenn gerade anderes wichtig schien. Und es schien von Weltfinanz- bis Flüchtlingskrise ja sehr vieles gerade vordringlich.

Postkartentaugliche Umwelt Bayerns

Das ist bloß keine Entschuldigung dafür, dass CDU wie CSU sich ebenfalls kollektiv zurücklehnten. „Umweltpolitiker“ war dort in den letzten Jahren eine sichere Karriere-Sackgasse. Söder, um bei dem Beispiel zu bleiben, hatte eigentlich schon in seiner Zeit als Generalsekretär darüber nachgedacht, ob die CSU sich nicht sehr viel grüner aufstellen müsste. Bayern ist ein Land mit viel postkartentauglicher Umwelt, und seine Bürger hängen daran. Der Taktiker hatte das richtige Gespür. Aber sein damaliger Chef Edmund Stoiber schwärmte vom Transrapid, und Söder verfolgte die Linie nicht weiter.

All das liefert genug Anlass, daran zu zweifeln, dass das Engagement für Bienen, Gletscher und Weltklima diesmal so viel nachhaltiger ausfällt. Die Gefahr ist ja schwer zu übersehen, dass sich CDU, CSU und SPD in drei Wochen auf ein – womöglich durchaus ambitioniertes – Klimapaket einigen und die Umsetzung dann so steckenbleibt wie die Energiewende: Beim ersten Bürgerprotest in Oberfranken steht der Netzausbau still. Schon trifft man auch auf Unionspolitiker, die sich heimlich die Hände reiben, weil die Konjunktur sich eintrübt. Sie hoffen, die Schlachten um Wähler dann wieder auf vertrautem Terrain schlagen zu können.

Klimapolitik ist kein Konjunkturgeschäft

Umwelt- und Klimapolitik funktioniert aber nicht als Konjunkturgeschäft. Inhaltlich nicht, politisch nicht. Die Grünen legen auch deshalb zu, weil sie ihrem Thema unbeirrt treu geblieben sind. Wähler honorieren, wenn es jemand ernst meint. Ihr Thema wird übrigens nicht mehr verschwinden. Zwei Dürresommer reichen ja, um nicht nur ganze Wälder vertrocknen zu lassen, sondern zugleich den Irrglauben, der Klimawandel sei mit ein paar kleineren Korrekturen beherrschbar.

„Konjunktur und Klima zusammenbringen“ hat Söder als Losung für das CSU-Klimaprogramm ausgegeben. Das ist ein richtiger Gedanke. Er darf aber nicht bloß eine dieser flotten Alliterationen aus der CSU-Sprücheklopferei bleiben. Wenn CDU und CSU es ernst meinen und den Ernst der Lage verstanden haben , wird daraus eine Daueraufgabe. Dann behandeln sie Umweltpolitik nicht als Nischenthema, sondern lassen sie ins Zentrum ihrer Wirtschaftspolitik vor. Vielleicht entwirft sogar irgendein neuer Friedrich Merz eine Bierdeckel-Ökosteuerreform?

Als Söder Ministerpräsident geworden war, hat er zweierlei begriffen: Erstens, man kann als prinzipienarmer Springinsfeld an die Macht kommen; der Ruf ist in dem Amt aber auf Dauer abträglich. Zweitens, man muss den Wechsel ins seriöse Fach durchhalten.

Die gleichen Regeln gelten für Parteien, die sich inhaltliche Kompetenz verschaffen wollen. Heute mal kurz Klimapartei, morgen schnell wieder vergessen – so funktioniert das nicht. Wähler, wir sagten es schon, honorieren, wenn es jemand ernst meint.

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