Werkstattgespräch der CDU: Die sind sich nicht ganz grün
Klimapolitik ist für viele in der CDU noch ein rotes Tuch. Vor allem, wenn es um eine CO2-Steuer geht. Kann da ein "Werkstattgespräch" helfen?
Wolfgang Schäuble zitiert einen Verstorbenen. „Mit der Ökologie werden wir die nächste Bundestagswahl nicht gewinnen“, habe Peter Hintze gesagt, „ohne Ökologie werden wir sie verlieren.“ Die Erkenntnis ist ein Vierteljahrhundert alt, Hintze war damals CDU-Generalsekretär. Die CDU, will Schäuble sagen, war schon mal weiter.
24 Jahre später soll ein „Werkstattgespräch“ im Konrad-Adenauer-Haus der Partei aus der klimapolitischen Planlosigkeit heraushelfen, die der Youtuber Rezo so schmerzhaft aufgedeckt hatte. Die Planlosigkeit hat viel damit zu tun, dass Umweltpolitik in CDU und CSU bis heute ideologische Abwehrreflexe auslöst. CSU-Generalsekretär Markus Blume versucht zwar in seiner Begrüßung die „Bewahrung der Schöpfung“ als Urthema für die Union zu reklamieren, während gewisse andere nur einem „Zeitgeist“ folgten. CDU-Kollege Paul Ziemiak warnt vor „Schaufenster-Klimapolitik“.
Aber die Union hat weniger ein Problem mit Überangebot als damit, dass ihr Schaufenster arg leer und verstaubt wirkt. Die „ökologisch-soziale Marktwirtschaft“ steht seit 1994 als Ziel im CDU-Grundsatzprogramm. Vielen galt das aber bis heute als populistischer Betriebsunfall. An führenden Köpfen für Umweltpolitik mangelt es heute nicht zuletzt deshalb, weil das Thema für die Karriere eine sichere Sackgasse war.
Schäuble, von Parteichefin Annegret Kramp- Karrenbauer um das Auftaktreferat gebeten, kennt diese Denkungsart inklusive der dazugehörigen Sprüche („Ich hab’ ja mitgemacht bei den Dummheiten der Union“) und warnt vor beiden. Weder werde der Markt alles richten noch komme man ohne Verbote und Kontrollen aus. Umweltschutz sei auch nicht zum Nulltarif zu haben. Nur: „So teuer der Klimaschutz auch werden kann – ,kein Klimaschutz’ wird teurer.“
Steuererhöhung als Sündenfall
Das könnte ein Grünen-Politiker genau so gesagt haben. Unter den Zuhörern im Foyer der CDU-Zentrale gefiel das nicht jedem. Die Union will ja keinesfalls wie ein Imitat des neuen Hauptgegners von links wirken. Deshalb hatte Blume gerade erst den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zurückgepfiffen, als der eine „Strafsteuer“ auf Dumping-Flugpreise ankündigte.
Das Problem war nicht, dass Dobrindt etwas gegen Billigstfliegerei unternehmen will – das steht als Ziel auch in CDU-Arbeitspapieren. Der Sündenfall war das Instrument: Steuern erhöhen für das Klima gilt in der Union als grünes Teufelswerk. Am Dienstag ist Dobrindt zurück auf Kampflinie. Seine CSU-Landesgruppe beriet parallel zur CDU-„Werkstatt“; im Klima-Termingedränge vor dem geplanten Beschluss des Klimakabinetts am 20. September war sonst kein Termin mehr frei. Dobrindt geißelt vor seinen Abgeordneten Leute, deren „Kernidee beim Klima“ laute: „Hauptsache CO2-Steuer einführen“. Das sei unsozial, wirtschaftlich schädlich, wirkungslos und finde keine Zustimmung bei den Bürgern.
Schäuble versucht das Abgrenzungsproblem etwas eleganter zu lösen. Politik müsse einerseits dazu stehen, dass Umweltpolitik auch Belastungen mit sich bringe. Jedem Bürgerwiderstand gegen Stromleitungen nachzugeben habe dazu beigetragen, dass die Energiewende hierzulande „notleidend“ geworden sei; da sei Führung gefragt. Andererseits, tröstet Schäuble, erzwinge die „grüne Null“, das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft weder den Verzicht auf die „schwarze Null“ noch überhaupt Verzicht. Der Markt sei ideenreich genug, um auf höhere Preise für CO2-Ausstoß mit Innovation zu reagieren. Man müsse nur endlich mal anfangen: „Second best ist allemal besser als nothing“, denglischt der Ex-Finanzminister – besser unvollkommen als nie.