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Andreas Jung, Klimaschutz DEU, Deutschland, Germany, Berlin, 03.09.2019 Rede von Andreas Jung, MdB und Klimaexperte der CDU, auf der Tagung Werkstattgespraech Klimaschutz in Berlin. Der Workshop zum Umgang mit der Klimakrise dient zur Vorbereitung fuer ein Positionspapier. Andreas Jung, expert of climate protection of the CDU, during the CDU workshop discussion on climate protection under the slogan Werkstattgespraech Klimaschutz on 03 September 2019 in Berlin, Germany. In various working groups, solutions were developed for a CDU programme.
© imago images / IPON

Unions-Fraktionsvize Andreas Jung zur Klimapolitik: "Umstieg auf Bus oder Bahn finanziell belohnen"

Zertifikatehandel, Pendlerpauschale, Kfz-Steuer, EEG-Umlage, mehr Güter auf die Schiene - an welchen Schrauben die CDU beim Klimaschutz drehen will.

Herr Jung, es sind Klima-Wochen in der Koalition, am 20. September soll die Klimagesetzgebung auf den Weg gebracht werden, ein Großprojekt für Schwarz-Rot. Ihre Partei debattiert in dieser Woche intensiver darüber. Ist mit Widerständen aus der Unions-Fraktion zu rechnen?

Nein, aber wir werden schon eine breite Debatte um den richtigen Weg haben. Für CDU und CSU ist es jedoch eine elementare Frage, beim Klimaschutz neue Antworten zu geben. Papst Franziskus spricht dabei von der Verteidigung der Mutter Erde als wichtige Aufgabe. Daran kommen wir als C-Parteien nicht vorbei. Und wir sehen die Auswirkungen des Klimawandels ja vor der Haustür. In unseren Wahlkreisen zeigen uns Förster, wie stark der deutsche Wald gerade bedroht ist. Wenn wir mit Bauern reden, dann sind Schäden durch Hitze, Hagel oder Sturm ein großes Thema – auch das hat mit dem Klima zu tun. Die Menschen merken, es verändert sich etwas. Es geht dabei auch um Bewahrung der Heimat, und die ist für uns als Wertkonservative von großer Bedeutung. Wir werden in der Fraktion also diskutieren, das wird aber konstruktiv sein.

Sie hatten den Auftrag, als Umweltpolitiker und der für Steuern und Finanzen zuständige Fraktionsvize Vorschläge zu machen. Wie sehen die aus?

Es geht darum, die Steuern und Abgaben im Energiebereich mit einem Volumen von jährlich 80 Milliarden Euro so umzustellen, dass eine bessere Klimaschutzwirkung herauskommt. Der CDU-Vorstand will am 16. September einen Beschluss dazu fassen für das Klimakabinett vier Tage später – und das muss dann mit dem Klimaschutzgesetz noch dieses Jahr umgesetzt werden.

 Strittig sind bisher die Instrumente. Die SPD will eine CO2-Steuer, sie nicht.

In der Union gibt es eine breite Tendenz Richtung Zertifikatehandel. Auch die Wirtschaftsweisen sehen darin das wirksamste Instrument. Es ist aus unserer Sicht der Weg, mit dem man die Klimaziele am besten erreicht. Bei der Ökosteuer hat sich ja gezeigt, dass die Lenkungswirkung begrenzt war. Zudem erwarten wir, dass eine nationale Entscheidung für den Emissionshandel in Deutschland der absehbaren EU-Lösung vorausgreift, wir später also gut daran andocken können.

Wie soll das funktionieren?

Nicht Autofahrer oder Hausbesitzer sollen Zertifikate benötigen, sondern etwa Raffinerien, die den Brennstoff in den Handel bringen. Das wäre dann eine überschaubare dreistellige Zahl. Entscheidend ist, dass wir in ein solches System moderat einsteigen, aber zeitnah und mit einem glaubwürdigen Pfad, mit dem Schritt für Schritt mehr CO2 eingespart wird.

Der Union geht es derzeit sehr um die ländlichen Gebiete und damit um die Pendler. Die müssen ja dann mit höheren Kosten rechnen.

Die Verknappung der Zertifikate kann einen schrittweisen Anstieg der Kosten fossiler Brennstoffe bringen. Aber mit Innovationen wollen wir das auffangen. Mobilität soll nicht begrenzt werden, sondern klimafreundlicher. Und dabei müssen wir die Menschen schon mitnehmen. Bei der Bepreisung steigen wir deshalb auf niedrigem Niveau ein, es kommt nicht alles auf einen Schlag. Mit einem Höchstpreis können zudem Belastungen begrenzt werden. Veränderungen sind notwendig, aber wir müssen sie gestalten. Für Pendler sollte die Pauschale erhöht und gleichzeitig der Umstieg auf Bus oder Bahn finanziell belohnt werden. Dazu brauchen wir aber auch einen massiven Ausbau des ÖPNV. Das Auto wird gerade im ländlichen Raum auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Aber es muss „öko“ werden. Dafür muss die Infrastruktur ausgebaut und der finanzielle Rahmen gesetzt werden. Die Kfz-Steuer sollte umfassend auf CO2 umgestellt werden und ausgehend von der Besserstellung klimafreundlicher Fahrzeuge bei der Dienstwagenbesteuerung müssen weitere Schritte folgen.

Was können Sie sich noch vorstellen?

Es muss auch Entlastungen geben. Einnahmen sollten deshalb auch zum schrittweisen Abbau der EEG-Umlage verwendet werden. Das sieht jeder Bürger auf der Stromrechnung und es hilft auch dem Mittelstand. Außerdem unterstütze ich eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für Bahnfahrten und eine Erhöhung der Ticketabgabe für Inlandsflüge. Und dann müssen wir über den Güterverkehr sprechen und über die Frage, ob es richtig ist, dass auf der Schiene vom ersten Kilometer und dem ersten Kilogramm Schienenmaut erhoben wird, auf der Straße aber erst bei Lkws ab 7,5 Tonnen und nur auf Autobahnen und Bundesstraßen bezahlt werden muss. Bislang wurden alle Ziele zur Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verfehlt. Eine Ausweitung der Lkw-Maut und eine Stärkung des Schienenverkehrs könnten einen Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert. Zudem diskutieren wir über eine spezielle Klimaanleihe.

Mehr Schulden für die Klimarettung also. Das passt ja zu ersten Stimmen aus Ihrer Fraktion und erst recht aus der SPD, die nun die schwarze Null, also den ausgeglichenen Etat ohne neue Schulden anzweifeln.  

Dazu gehöre ich nicht, die schwarze Null muss stehen bleiben. Wenn wir uns von ihr wegbewegen, gibt es schnell kein Halten mehr. Das zeigen ja schon Forderungen aus der SPD, dann auch gleich von der Schuldenbremse abzurücken. Nein, die schwarze Null darf beim Pfad zur grünen Null, also der Klimaneutralität ab 2050, nicht am Wegesrand liegen bleiben. Beides bedeutet Nachhaltigkeit und gehört zusammen.

 Eine Klimaanleihe bleibt aber dennoch ein Schuldeninstrument…

…das mit der schwarzen Null in Einklang stehen muss. Das ist die Voraussetzung. Die Ansicht, die schwarze Null sei nur irgend eine haushalterische Nummer, die man jetzt beiseite legen könne, teile ich jedenfalls nicht. So war es doch immer in den vergangenen Jahrzehnten – jede Generation glaubte, dass ihre Aufgaben und ihre großen Ziele hohe Schulden rechtfertigten, egal ob die Zeiten gut oder schlecht waren. Wir wissen doch nicht, was auf kommende Generationen zukommt. Daher sollten wir jetzt solide bleiben und die schwarze Null durch die grüne Null ergänzen, nicht ersetzen. 

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