Rechtspopulistische Gruppierung: Sachsens Verfassungsschutz beobachtet „Pro Chemnitz“
Angehörige der Gruppierung in Chemnitz haben erkennbar rechtsextremistische Inhalte verbreitet. Der Verfassungsschutz sagt: "Es wird nun genau hingeschaut."
Der sächsische Verfassungsschutz hat die rechtspopulistische Gruppierung „Pro Chemnitz“ ins Visier genommen. Seit Ende 2018 werde die Gruppierung beobachtet, teilte das Landesamt in Dresden mit. Demnach liegen Anhaltspunkte für ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen vor, die wesentliche Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekämpfen. Angehörige der Gruppierung hätten seit dem Tötungsdelikt in Chemnitz Ende August erkennbar rechtsextremistische Inhalte verbreitet. Hierbei rechtfertigten sie rechtsextremistische Propaganda- und Gewaltdelikte und versuchten, diese als legitim darzustellen.
Wenige Tage nach dem tödlichen Angriff auf einen 35-jährigen Deutschen war es in Chemnitz zu fremdenfeindlichen Übergriffen, rechten Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten wie Zeigen des Hitlergrußes sowie Anschlägen auf ausländische Restaurants gekommen. Viele Demonstrationen hatte „Pro Chemnitz“ angemeldet.
Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Fall des getöteten Chemnitzers am Dienstag gegen einen in Untersuchungshaft sitzenden Syrer Anklage wegen gemeinschaftlichen Totschlags sowie gemeinschaftlich versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung erhoben. Nach einem geflüchteten Iraker wird weltweit gefahndet. Über die Anklage gegen einen zweiten Iraker werde demnächst entschieden, hieß es.
Linke kritisiert Beobachtung als zu spät
Die Hauptakteure von „Pro Chemnitz“ seien selbst tief in der rechtsextremistischen Szene verwurzelt und teilweise dort schon langjährig aktiv, so der Verfassungsschutz. So unterstützten sie auch langjährige Holocaustleugner. Deutlich werde die Absicht der Gruppe, unter dem Deckmantel der Kritik an der Asylpolitik rechtsextremistisches Gedankengut in weite Teile der Gesellschaft zu tragen. „Es wird nun genau hingeschaut, was die Gruppe macht, und der Verfassungsschutz wird darüber Bericht erstatten“, sagte ein Sprecher. Vorsitzender und Mitbegründer von „Pro Chemnitz“ ist der Jurist Martin Kohlmann. Der 41-jährige Chemnitzer war 2004 zum sächsischen Landeschef der Partei Die Republikaner gewählt worden.
Zwei Jahre später schloss er sich der Deutschen Sozialen Union (DSU) an, einer ebenfalls rechtskonservativen Kleinpartei. Inzwischen ist Kohlmann Vorsitzender einer dreiköpfigen Stadtratsfraktion in Chemnitz. Er war unter anderem als Verteidiger am Prozess gegen die rechtsterroristische Gruppe Freital beteiligt. Die Vereinigung der Strafverteidiger Sachsen/Sachsen-Anhalt hatte Kohlmann im vergangenen November ausgeschlossen.
Für die Linke im sächsischen Landtag kommt die Beobachtung zu spät. Die Gruppierung „Pro Chemnitz“ habe ihr extrem rechtes Gedankengut unter dem Deckmantel der Kritik an der Asylpolitik über lange Zeit hinweg ziemlich ungestört in die Gesellschaft getragen, sagte die Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion, Kerstin Köditz.
(dpa)