Bundeskanzlerin zum Tag der Deutschen Einheit: "Sachsen ist Erfolgsgeschichte der deutschen Einigung"
Die Kanzlerin fordert vor den Feiern zur Wiedervereinigung in Dresden Entschlossenheit gegen Rechts. Und lobt ausgerechnet Sachsen - das Land mit vielen fremdenfeindlichen und rechten Gewalttaten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor dem Tag der Deutschen Einheit und den Feierlichkeiten in Dresden das gastgebende Bundesland gelobt. "Sachsen ist ja in vielen Teilen eine wirkliche Erfolgsgeschichte der deutschen Einigung", sagte Merkel in einem am Samstag veröffentlichten Videopodcast. Sie freue sich, dass Sachsen in diesem Jahr wieder die Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit veranstalte. "Das sind ja doch immer sehr schöne Volksfeste, in denen sich auch die Vielfalt unserer Bundesländer präsentiert", sagte die Kanzlerin weiter.
Die dreitägigen Feiern in Dresden finden nach zwei Sprengstoffanschlägen unter anderem auf eine Moschee und dem Fund einer Sprengsatzattrappe unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Am Montag, dem eigentlichen Feiertag, wird neben Merkel auch Bundespräsident Joachim Gauck in Dresden erwartet. Die Stadt rechnet pro Tag mit jeweils 250.000 Besuchern.
"Alle sind das Volk": Kanzlerin widerspricht rechten Gruppen
Merkel rief dazu auf, das Motto "Wir sind das Volk" der DDR-Bürger nicht von Rechten vereinnahmen zu lassen. "Damals war dieser Ruf 'Wir sind das Volk' natürlich ein sehr emanzipatorischer. Menschen, die in der sozialistischen Diktatur nicht zu Wort gekommen sind, haben sich die Freiheit genommen, auf sich aufmerksam zu machen", sagte Merkel. Heute sei die Situation anders, jeder habe das Recht, frei seine Meinung zu sagen, zu demonstrieren.
"Alle sind das Volk. Die, die das heute rufen, zum Teil auch mit rechtem Hintergrund, was ich natürlich nicht richtig finde und wogegen wir auch auftreten müssen, aber auch Menschen, die vielleicht zu kurz gekommen sind, wie sie glauben", sagte Merkel.
Sie schloss ein Lob unter anderem für die Politik der sächsischen Landesregierung unter Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) an: "Und da, finde ich, hat auch gerade die sächsische Staatsregierung und die sächsische Gesellschaft sehr gut reagiert, indem sie gesagt hat: Wer glaubt, dass er Probleme hat, die durch die Gesellschaft oder durch die Politik nicht wahrgenommen werden, der soll sich äußern, konstruktive Lösungsvorschläge machen. Das ist gelebte Demokratie."
Sachsen wird durch Übergriffe wie etwa jüngst in Bautzen immer häufiger mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Verbindung gebracht. Dresden ist der Gründungsort der islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung.
Mehrere führende Mitglieder der sächsischen CDU und der CDU hatten Freitag ein Papier mit der Forderung nach einer neuen "Leit- und Rahmenkultur" für Deutschland vorgelegt. Darin werden Patriotismus und Heimat als "Kraftquelle" für Deutschland beschrieben. Ziel sei, den "Patriotismus nicht den Falschen zu überlassen". Hintergrund sind Diskussionen in der Union über eine Strategie, Wähler zu gewinnen, die der rechtspopulistischen AfD zuneigen.
In Sachsen inzwischen beheimatet ist die in München geborene CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla. Die Leipziger Parlamentarierin hatte auf Twitter die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin kritisiert: "BK #Merkel streitet es ab, #Tauber träumt. Die #Umvolkung #Deutschlands hat längst begonnen. Handlungsbedarf besteht!" Nach massiver Kritik auch aus den eigenen Reihen hatte sie den Tweet gelöscht. Dies wollte sie als Entschuldigung verstanden wissen. Die CDU-CSU-Fraktion zog auch nach längeren Beratungen keine Konsequenzen aus dem Vorfall.
Merkel sprach sich für einen besseren Geschichtsunterricht aus. "Wer nicht weiß, woher er kommt, wer nicht weiß, welche Geschichte ein Land durchlebt hat, der hat auch Schwierigkeiten, die Zukunft zu gestalten", sagte sie. "Deshalb glaube ich, ist ein Schwerpunkt (...) , dass wir besseren Geschichtsunterricht, vielleicht auch mehr Geschichtsunterricht brauchen, vertiefte Befassung, auch mit der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, also der Phase der Deutschen Einheit, genauso aber natürlich auch wie mit der Zeit des Nationalsozialismus." (kpo)