Raketenangriff im Westen der Ukraine: Russland meldet Zerstörung von großem Waffenlager nahe Lwiw
Lwiw liegt weit von der Front entfernt, aber nur 70 Kilometer von der polnischen Grenze. Sechs Menschen wurden bei dem Angriff getötet, elf verletzt.
Russland hat den Beschuss der Großstadt Lwiw im Westen der Ukraine mit Raketen bestätigt. Dabei sei ein Zentrum für die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte getroffen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Montagabend in Moskau. Die russische Armee habe ein großes Waffendepot zerstört, in dem aus dem Westen gelieferte Waffen gelagert worden sein sollen.
Das Logistikzentrum sowie dort gelagerte „große Chargen ausländischer Waffen, die in den vergangenen sechs Tagen von den USA und europäischen Staaten in die Ukraine geliefert wurden“, seien bei den Angriffen zerstört worden, sagte Konaschenkow weiter. Ausgeführt worden sei der Angriff mit „hochpräzisen Raketen“.
Insgesamt gab die russische Armee an, am Montag 16 ukrainische Militärstandorte zerstört zu haben, darunter eine Reparaturfabrik für taktische Raketen des Typs Totschka-U. Laut Konaschenkow wurde auch ein Munitionslager in der Nähe von Wassylkiw in der Region Kiew getroffen.
Raketeneinschläge in Lwiw zerstören Häuser und Autos
Am Morgen hatte die Stadtverwaltung von Lwiw bereits von mehreren Raketeneinschlägen berichtet. Es habe „fünf heftige Raketenangriffe auf einmal auf die zivile Infrastruktur der alten europäischen Stadt Lwiw“ gegeben, schrieb Mychailo Podoljak, Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, auf Twitter.
Ein Anwohner im Südwesten von Lwiw berichtete der Nachrichtenagentur AFP, er habe dicke graue Rauchwolken gesehen, die hinter Wohnhäusern in den Himmel gestiegen seien. „Die Russen greifen weiterhin barbarisch ukrainische Städte aus der Luft an“, schrieb Podoljak weiter.
Rettungskräfte seien unterwegs zum Einsatzort, erklärte der Bürgermeister der Stadt, Andrij Sadowy, im Messengerdienst Telegram. Bei dem Angriff sollen sechs Menschen getötet und elf verletzt worden.
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Unter den Verwundeten sei auch ein Kind, schrieb Sadowyj am Montag auf seiner Facebook-Seite. Er machte keine genauen Angaben dazu, wo die Raketen eingeschlagen sind, aber seinen Worten nach wurde zumindest ein ziviles Objekt getroffen. Dabei handle es sich um einen Reifenservice.
Zudem sollen durch die Druckwelle die Fensterscheiben eines Hotels in der Nähe zerstört worden sein. In dem Hotel lebten Menschen, die vor dem Krieg aus anderen Regionen der Ukraine geflüchtet waren. 40 Autos seien zudem beschädigt worden, teilte Sadowyj mit.
Der ukrainische Eisenbahnchef Olexander Kamyschin sagte, einige Raketen seien in der Nähe von Bahnobjekten explodiert. Eisenbahner und Passagiere seien dadurch aber nicht zu Schaden gekommen, fügte er hinzu. „Sowohl die Bahnhofsbelegschaft als auch die Zugbrigaden haben angemessen reagiert“, schrieb er auf dem Telegram-Kanal der ukrainischen Eisenbahn.
Umschlagpunkt für Waffenlieferungen
Lwiw liegt weit von der Front entfernt in der Westukraine und wurde seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar nur selten bombardiert. Am 26. März wurde die Stadt von einer Reihe russischer Luftangriffe getroffen. Unter anderem wurde ein Treibstofflager angegriffen, fünf Menschen wurden nach Behördenangaben dabei verletzt.
Lwiw gilt auch als wichtiger Umschlagpunkt für Waffenlieferungen aus dem Westen. Russland hatte diese Waffenlieferungen als legitimes Ziel für eigene Luftangriffe genannt und zuletzt damit gedroht, diese Lieferungen verstärkt zu bekämpfen.
Bei einem weiteren Angriff wenige Tage zuvor wurde die Stadt Ziel eines Luftangriffs, bei dem eine Flugzeugreparaturfabrik in der Nähe des Flughafens getroffen wurde. Am 13. März hatten russische Marschflugkörper einen wichtigen Militärstützpunkt etwa 40 Kilometer nordwestlich von Lwiw ins Visier genommen, wobei mindestens 35 Menschen getötet und 134 verletzt wurden. Lwiw, das nahe der polnischen Grenze liegt, hat sich zu einem Zufluchtsort für Geflohene entwickelt. Auch westliche Botschaften wurden zu Beginn des Krieges aus Kiew nach Lwiw verlegt.
Selenskyj: Schicksal der Menschen hängt von Waffenlieferungen ab
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnt indessen ein Ende des Zögerns bei Waffenlieferungen für sein Land an. Angesichts einer erwarteten neuen Offensive russischer Truppen seien Verzögerungen „eine Erlaubnis für Russland, das Leben von Ukrainern zu nehmen“, sagte Selenskyj in der Nacht zum Montag in seiner täglichen Videoansprache. Aus der seit Wochen heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol wurden neue russische Angriffe mit Raketen und Bomben gemeldet.
Selenskyj warnte, dass das russische Militär für die nächste Zeit eine Offensive in der Industrieregion Donbass im Osten der Ukraine vorbereite: „So wie die russischen Truppen Mariupol zerstören, wollen sie auch andere Städte und Gemeinden in den Gebieten Donezk und Luhansk dem Erdboden gleichmachen.“
Man sei den Partnern dankbar, die helfen. „Aber diejenigen, die von uns benötigte Waffen und Munition haben und ihre Hilfe zurückhalten, müssen wissen, dass das Schicksal dieser Schlacht auch von ihnen abhängt. Das Schicksal von Menschen, die gerettet werden können“, sagte Selenskyj.
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Er nannte keine Länder beim Namen. Jedoch hatte es zuletzt in Deutschland Streit in der Ampel-Koalition über die Lieferung schwerer Waffen gegeben. Politiker von Grünen und FDP hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Zaudern vorgeworfen. Militärexperten gehen davon aus, dass die Ukraine im Osten des Landes deutlich mehr schwere Waffen brauchen wird, um gegen Angriffe zu bestehen. Das liegt unter anderem an dem offenen Terrain ohne große Wälder.
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Ukrainische Truppen erobern Orte bei Charkiw zurück
Die ukrainischen Truppen konnten nach Behördenangaben bei einer Gegenoffensive mehrere Ortschaften in der Nähe der Großstadt Charkiw im Nordosten zurückerobern. Damit seien die russischen Truppen weiter von der zweitgrößten Stadt der Ukraine zurückgedrängt wurden, teilte der Gouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow, in seinem Kanal beim Messaging-Dienst Telegram mit. Zuvor hatten die Behörden gemeldet, dass beim Beschuss des Stadtzentrums am Sonntag mindestens 5 Menschen getötet und 13 verletzt worden seien. (dpa, AFP)