Berlin stockt Ukraine-Gelder auf: Eine weitere Milliarde Waffenhilfe – doch wofür genau, bleibt ein Geheimnis
Deutschland hebt die militärischen Finanzhilfen an. Unklar ist allerdings, welche Waffen dafür gekauft oder geliefert werden können. Das sorgt für Kritik.
In Deutschland stoßen die Pläne der Bundesregierung für eine deutliche Erhöhung militärischer Hilfsgelder für die Ukraine weiter auf Kritik. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte, was sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) „da ausgedacht“ hätten sei „zynisch“. Weiter sprach er von einem Trick.
"Das ist ein Vorschlag, der nicht der Ukraine helfen soll, sondern der Koalition, um im Streit über Waffenlieferungen eine gesichtswahrende Lösung zu finden", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Der Vorsitzende des Bundestagseuropaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sagte der „Welt am Sonntag“, die Aufstockung der Finanzhilfen sei ein „erster guter Schritt, aber (sie) kann die direkte Lieferung von Waffen nicht ersetzen“. Seit Tagen gibt es teilweise heftige Kritik am Kurs vor allem des Kanzlers in Bezug auf Waffenlieferungen, auch aus den Reihen von FDP, Grünen und der SPD.
[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]
Am Freitag war bekanntgeworden, dass die Regierung die sogenannte Ertüchtigungshilfe in diesem Jahr von 225 Millionen auf zwei Milliarden Euro deutlich aufstocken will. Mit dem Programm werden Partnerländer in Krisenregionen unterstützt, damit sie in mehr Sicherheit investieren können. Die Ukraine soll davon mehr als eine Milliarde Euro bekommen. Wie genau das Geld eingesetzt werden soll und kann ist unbekannt.
Die von Bundeskanzler Olaf Scholz durchgesetzte Aufstockung der militärischen Hilfen um zwei Milliarden Euro stieß in der Ukraine deshalb auf Kritik.
Botschafter Melnyk erklärte dazu in der "Welt am Sonntag": "Die Ankündigung über die Erhöhung der militärischen Ertüchtigungshilfe für die Ukraine klingt gut auf den ersten Blick. Allerdings wurde die ukrainische Regierung über die Einzelheiten gar nicht informiert". Es habe keine Konsultationen gegeben.
Präsidentenberater kritisiert Hilfen aus der EU
"Wir wissen weder vom Umfang weiterer Waffenlieferungen, noch vom Verfahren oder Zeithorizont. Das alles bleibt nach wie vor im Dunklen." Die Regierung in Kiew habe zudem keine Zusage für schwere Waffen erhalten, die die Ukraine am meisten benötige.
Aber nicht nur mit der Hilfe aus Deutschland sind die Ukrainer unzufrieden. „Die EU kommt der Ukraine entgegen, doch sie gibt nicht die Waffen, um die wir gebeten haben“, schrieb Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Samstag bei Twitter. Zudem dauere die Lieferung der Waffen zu lange. „Die Ukraine braucht Waffen. Nicht in einem Monat. Jetzt“, forderte Podoljak.
Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:
- Hat Russland aus Kiew gelernt? Was ein 13-Kilometer-Konvoi über die Offensive im Donbass verrät
- Ukrainer zerstören russisches Landungsschiff: So fragil sind die russischen Versorgungswege
- Die Deutschen und der Krieg: „Ist Olaf Scholz bereit, notfalls das Leben deutscher Soldaten einzusetzen?“
- Interview mit Putins Vordenker: „Die Ukraine könnte gut unter Staaten aufgeteilt werden“
- Kriegsforscher O’Brien im Interview: „Natürlich kann die Ukraine diesen Krieg gewinnen“
In der vergangenen Woche kündigte die EU an, weitere 500 Millionen Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Damit erhöhen sich die zur Verfügung stehenden Mittel auf 1,5 Milliarden Euro. Mit den Geldern sollen persönliche Schutzausrüstung, Erste-Hilfe-Kästen und Treibstoff, aber auch Waffen zu Verteidigungszwecken finanziert werden. Kiew hatte dem Westen konkrete Forderungen nach schweren Waffen wie Panzern, Artillerie, Luftabwehr und Flugzeugen vorgelegt.
Zum Vergleich: Die USA haben mittlerweile mehr als 2,5 Milliarden Dollar Militärhilfe zur Verfügung gestellt. Bis auf Flugzeuge liefern die USA jetzt auch schwere Waffen wie zum Beispiel Artillerie vor allem für den bevorstehenden Kampf im Donbass im Osten der Ukraine. Zudem legen die USA konkrete Listen vor, welche Waffen genau geliefert werden.
Zuletzt informierten sich die Verantwortlichen in Washington in persönlichen Gesprächen, welche Waffen die Ukraine benötigt. In den USA selbst werden auch ukrainische Soldaten ausgebildet. Britische Spezialkräfte trainierten Truppen zuletzt sogar in Kiew an panzerbrechenden Waffen und Flugabwehrraketen. Gemessen an der Finanzkraft unterstützen die Länder Osteuropas - und hier vor allem die baltischen Staaten - die Ukraine sehr viel entschiedener militärisch als Deutschland oder Frankreich. (mit Agenturen)