Andrea Nahles: Runter vom Gas
Die neue SPD-Fraktionschefin Nahles verspricht der Union, "in die Fresse" zu kriegen. Warum sie das besser bleiben lassen sollte. Ein Kommentar.
Andrea Nahles, gerade zur SPD-Fraktionschefin gekürt, ist in diesem Amt auch Oppositionsführerin im Bundestag. Als solche soll sie der voraussichtlichen Jamaika-Koalition nichts durchgehen lassen, es ist ihre Aufgabe, deutlich zu werden. Doch wenn ihre Äußerung nach der letzten Kabinettssitzung mit den Unionskollegen, sie sei etwas wehmütig, aber "ab morgen kriegen sie in die Fresse", ein Vorgeschmack auf den angestrebten neuen Umgangston gewesen sein sollte, ist das wenig überzeugend.
Die SPD hat viele Gründe, in die Opposition zu gehen. Einer, den auch die Sozialdemokraten nennen, ist die AfD. Die Rechtsradikalen sollen nicht die vornehme Rolle übernehmen dürfen, direkt auf die Regierung im Bundestag zu antworten. Wer AfD-Rednern ein paar Mal zugehört hat, kann das nur richtig finden. Doch die Noch-Ministerin gibt beim jetzt anstehenden „Umparken im Kopf“, wie sie selbst sagt, gleich zu viel Gas.
Andrea Nahles will ganz sicher nicht demnächst Peter Tauber tätlich angreifen. Doch was vermutlich entschlossen und kämpferisch wirken sollte, ist einfach pöbelnder Schulhof-Sprech. Die Aussage von Alexander Gauland, man werde "die Regierung jagen", ist - zu Recht - heftig kritisiert worden. Jetzt sollte man doch meinen, wollen die anderen Parteien im Bundestag das Niveau nicht anpassen, sondern deutlich höher halten.
Es ist ja nicht so, als ob Andrea Nahles harte, aber sachlich fundierte Kritik nicht mindestens ebenso gut beherrschen würde wie lautes Herumpoltern. Ersteres bringt aber die Debatte sehr viel weiter und freut die sozialdemokratische Anhängerschaft mindestens genauso sehr.
Obwohl, eine Möglichkeit gibt es auch noch: Vielleicht war dieses "Auf die Fresse kriegen" ein geschickter Schachzug der Sozialdemokratin, die Wiederauflage der großen Koalition ganz sicher auszuschließen.