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Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.
© REUTERS/Tobias Schwarz
Update

Ferienflieger starten nach Mallorca: Reisewelle an Ostern „gefährdet den Sommerurlaub von uns allen“

Vizekanzler Scholz mahnt angesichts der dramatischen Infektionslage vor Reisen an Ostern. Ab Sonntag fliegen deutsche Touristen mit Tui wieder nach Mallorca.

Der größte Reisekonzern Tui fliegt ab Sonntag nach langer Zwangspause die ersten Urlauber aus Deutschland nach Mallorca. Das vorläufige Ende der Beschränkungen für mehrere Ferienregionen in Spanien und das Auslaufen der Reisewarnung für die Balearen machen dies möglich - unter anderem können Touristen nun auf eine Quarantänephase nach ihrer Rückkehr verzichten. Andere Fluggesellschaften wie Eurowings fliegen bereits schon seit einigen Tagen von Deutschland aus wieder nach Mallorca.

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz mahnte angesichts des Corona-Infektionsgeschehens vor einer Reisewelle zu Ostern. „Aus meiner Sicht sollte es zu Ostern besser keine große Reisewelle geben. Das können wir uns in der aktuellen Infektionslage einfach nicht leisten“, sagte Scholz der „Bild am Sonntag“.

Sollten viele Menschen im großen Stil Osterurlaub machen, „gefährdet das den Sommerurlaub von uns allen“. Auch eine allgemeine, bundesweite Öffnung der Außengastronomie zu Ostern lehnt Scholz ab.

Familienbesuche über die Feiertage sollen hingegen möglich sein. „Das haben wir zu Weihnachten möglich gemacht, das sollte zu Ostern wieder drin sein“, sagte Scholz der Zeitung. Dafür sollte man die Möglichkeit der Schnelltests nutzen.

Schon im vergangenen Jahr musste Deutschland das Osterfest im Lockdown verbringen. Damals hätten wohl die wenigsten gedacht, dass 2021 die Corona-Lage in Deutschland sogar noch angespannter ist als 2020 – trotz Impfungen.

Wie das Robert Koch-Institut (RKI) und andere Experten geht auch die Chefin der Ärzteorganisation Marburger Bund, Susanne Johna, davoan aus, dass die Zahl der Neuinfektionen bis zu den Feiertagen noch einmal stark ansteigt. „Ich rechne ab Ostern mit einer noch kritischeren Lage als zum Jahreswechsel“, sagte die Medizinerin. Der Puffer auf den Intensivstationen „wird rasant wegschmelzen“, warnte Johna. Osterurlaub dürfte daher dieses Jahr erneut ausfallen. Oder?

Entschieden ist das noch nicht. Und die Ministerpräsident:innen der Bundesländer scheinen sich darüber ebenfalls uneinig zu sein.

Schwesig und Haseloff für Urlaub im eigenen Bundesland

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern verbreitet vor dem für Montag geplanten Bund-Länder-Gipfel zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie ein wenig Hoffnung für einige Urlauber. „Wir sollten zumindest darüber sprechen, ob es Möglichkeiten für einen kontaktfreien Urlaub im eigenen Bundesland gibt“, sagte sie.

„Viele Menschen verstehen nicht, dass es Möglichkeiten für den Osterurlaub auf Mallorca gibt, aber zuhause nicht einmal eine Ferienwohnung im eigenen Bundesland angemietet werden kann“, sagte Schwesig weiter.

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Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) plädiert bereits dafür, Bürgern Urlaub im eigenen Bundesland zu ermöglichen.

Die Einwohner Sachsen-Anhalts sollten innerhalb des Bundeslandes sowohl reisen als auch Unterkünfte buchen können, sagte Haseloff der "Bild"-Zeitung. "Ich kann doch niemandem erklären, warum der gleiche Hausstand, der ohnehin zusammen wohnt, sich nicht mit den Kindern ins Auto setzen und in eine Ferienwohnung im eigenen Bundesland fahren darf."

Ministerpräsident Hans gegen Osterurlaub

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will zumindest Ausflüge über Ostern erlauben. Man müsse Möglichkeiten schaffen, „dass die Menschen in den anstehenden Osterferien bei uns wandern und in einem Gartenlokal einkehren können, statt nach Mallorca zu fliegen und am Ballermann zu feiern“, sagte sie der Zeitung. Dreyer will sich bei der Schalte am Montag für „flexiblere Lösungen im Sinne von Modellkommunen und -landkreisen“ einsetzen. In engen Grenzen könne es Lockerungen geben, „wenn der Inzidenzwert dort unter 100 liegt und ein lückenloses Test- und Kontakterfassungssystem vorliegt und die Kontrolle sichergestellt ist“.

Anders äußert sich der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Er spricht sich gegen Osterurlaub aus. „Es führt kein Weg daran vorbei: Wir können die Kontaktbeschränkungen nicht weiter aufheben“, sagte der Regierungschef dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Er habe großes Verständnis für Reiselust. Aber man setze aufs Spiel, die Pandemie vor dem Sommer in den Griff zu bekommen. Zudem sei schon jetzt klar, dass es bei den geltenden Einschränkungen bleiben müsse. Dort, wo es auf längere Sicht niedrige Werte gebe, könne man den Menschen schrittweise Freiheiten zurückgeben.

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte: „Wir bitten die Bevölkerung, keine Urlaubsreisen anzutreten.“ Thüringen hat bundesweit die höchsten Inzidenzwerte. „Wer in dieser Phase der Pandemie glaubt, dass man ungetestet ganze Urlaubsregionen freigeben kann, ist nicht auf der Höhe der Zeit“, warnte Ramelow in der Zeitung.

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Schon seit Tagen sorgt für Unmut und Diskussionen, dass aktuell Urlaub in Deutschland nicht möglich ist, wohl aber auf Mallorca. Seit Sonntag ist Urlaub auf der Baleareninsel ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr möglich. Die Bundesregierung entschied, Mallorca und mehrere andere Regionen Spaniens wegen niedriger Infektionszahlen von der Liste der Corona-Risikogebiete zu streichen. Die Buchungszahlen für die Insel schnellten deshalb in die Höhe. Fluggesellschaften kündigten zusätzliche Flüge von Deutschland nach Mallorca an.

Im Strandkorb an der Ostsee sitzen an Ostern? Schwesig schließt das nicht aus.
Im Strandkorb an der Ostsee sitzen an Ostern? Schwesig schließt das nicht aus.
© Daniel Bockwoldt/dpa

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) befürchtet, dass Reisen nach Mallorca die Corona-Infektionen in Deutschland weiter in die Höhe treiben könnten. „Ich bin der festen Überzeugung, dass das unweigerlich dazu führen wird, dass Mallorca eine Virus-Brutstätte werden wird“, sagte Woidke am Donnerstag in Potsdam.

Lauterbach: Trommeln für Urlaub in der Sonne verantwortungslos

Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat Werbung für Flüge in den Osterurlaub kritisiert. „Ich finde es verantwortungslos, dass die Reisewirtschaft jetzt die Werbetrommel für den Osterurlaub in der Sonne schlägt“, sagte et dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Reisen seien „das perfekte Einfallstor“ für Mutationen des Coronavirus, die auch Geimpften und schon Erkrankten Probleme machen könnten. Darüber müsse sich „jeder klar sein, der in ein Flugzeug steigt“.

Mit Blick auf einen möglichen Mallorca-Urlaub erklärte Lauterbach, die Urlauber würden sich in einer „fatalen Scheinsicherheit“ wiegen. Weil die Inzidenzen dort so niedrig seien, seien auch die Auflagen derzeit nicht besonders streng.

„Es ist zu befürchten, dass die Osterferien auf Mallorca zu einem neuen Ischgl werden“, erklärte der SPD-Politiker. Die Menschen infizierten sich dort und verbreiten die Mutationen nach ihrer Rückkehr in Deutschland. Er forderte deshalb eine Pflicht zum Schnelltest für Reiserückkehrer und eine 14-tägige Quarantäne bei einem positiven Testergebnis. (mit dpa/AFP/KNA)

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