Nach Rechtsextremismus-Skandal um Eliteeinheit: Reformprozess beim KSK beginnt
Bereits am 1. August wird die zweite Kompanie des Kommandos Spezialkräfte aufgelöst. Der Inspekteur des Heeres verspricht „umfassende Aufklärung“.
Die ersten Monate seiner Amtszeit als Inspekteur des Heeres hätte sich Alfons Mais wahrscheinlich anders vorgestellt. Der Generalleutnant, der die neue Aufgabe im Februar übernahm, sah sich nicht nur mit den Folgen der Corona-Pandemie konfrontiert. Derzeit ist er dafür zuständig, den Erneuerungsprozess beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr weitgehend zu koordinieren.
Nach massiven Rechtsextremismus-Vorwürfen gegen Angehörige der Eliteeinheit hatte die Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vor drei Wochen eine grundlegende Reform der Spezialeinheit angekündigt.
„Wer nicht unverrückbar hinter unserer Verfassung und den sich daraus ableitenden Werten steht, gehört nicht zu uns und ist mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln aus den Streitkräften zu entfernen“, erklärte Mais am Mittwoch. „Im Vordergrund steht eine konsequente und umfassende Aufklärung.“ Diese werde allerdings Zeit in Anspruch nehmen.
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Bereits zum 1. August soll die zweite der vier KSK-Kompanien aufgelöst werden, der insgesamt zwischen 75 und 80 Personen angehören. Allein für diesen Prozess wird intern ein halbes Jahr veranschlagt.
Angehörige der zweiten Kompanie hatten im Jahr 2017 auf einer Abschiedsfeier für einen Vorgesetzten den Hitlergruß gezeigt und Rechtsrocklieder gehört. Seit dem Bekanntwerden des Vorfalls hatten die Soldaten aus der betreffenden Kompanie offenbar nicht zur internen Aufklärung des Skandals beigetragen. Mais sieht in dieser Einheit eine „über Jahre gewachsene falsche Führungskultur“. Der „Nährboden für extremistische Tendenzen“ müsse beseitigt werden.
Verschwundene Munition
Den letzten Ausschlag für den radikalen Einschnitt bei der Eliteeinheit gab aber letztlich der Fund von Waffen, Munition und Sprengstoff bei einem Angehörigen des KSK in Sachsen. Über Nummern auf den Patronen sowie den Munitionskisten lassen sich diese zurückverfolgen – bis zu den Beständen des KSK.
In den Untersuchungen der vergangenen Monate stellte sich zudem heraus, dass in den Beständen der Eliteeinheit 48000 Schuss Munition sowie 62 Kilogramm Sprengstoff fehlen. Bei der Verbuchung der verschossenen Munition gab es im KSK offenbar so große Unregelmäßigkeiten, wie sie selbst erfahrene Führungskräfte mit jahrzehntelanger Dienstzeit noch nicht erlebt hatten.
Im Zuge des Erneuerungsprozesses wird dem KSK künftig die Zuständigkeit für die Ausbildung entzogen. In den kommenden Monaten soll zudem das Auswahlverfahren für Führungskräfte verbessert werden. Auch bei der Auswahl der Bewerber für die Spezialeinheit will die Bundeswehr künftig genauer hinsehen.