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Am Mittwoch erhängte sich der Terrorverdächtige in einer Zelle der JVA Leipzig mit einem T-Shirt, wie die Obduktion bestätigte.
© Sebastian Willnow/AFP

Terrorverdächtiger Jaber Albakr: Radikalisiert durch einen Berliner Imam?

Der Bruder des mutmaßlichen Terroristen Jaber Albakr spricht von Gehirnwäsche durch einen Imam. Sachsens Regierungschef gibt erstmals Fehler zu.

Der syrische Terrorverdächtige Jaber Albakr hat sich offenbar in Deutschland radikalisiert. Ein Berliner Imam habe ihn einer Gehirnwäsche unterzogen, sagte Albakrs Bruder Alaa dem „Spiegel“. Der Imam habe Jaber Albakr aufgefordert, nach Syrien zurückzugehen und dort zu kämpfen. Im September 2015 sei Jaber Albakr nach Syrien gereist. In Rakka habe er sich dann der Terrormiliz IS angeschlossen, sagte der Bruder. Vor seiner Flucht aus Syrien 2014 sei Jaber Albakr unpolitisch gewesen. Zudem äußerte der Bruder in der „Welt“ den Verdacht, die Polizei sei für den Tod Albakrs verantwortlich.

Aus Sicherheitskreisen wurde bekannt, dass Albakr mehrmals in Berlin war. Es sei nicht auszuschließen, dass der Syrer versucht habe, einen der Berliner Flughäfen auszuspähen, hieß es. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hatte Berliner Flughäfen als mutmaßliches Anschlagsziel genannt. In Albakrs Wohnung hatten die Ermittler eineinhalb Kilo hochexplosiven Sprengstoff gefunden. Der entscheidende Hinweis auf Albakr kam nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ von einem US-Geheimdienst, der dessen Gespräche mit einem IS-Kontaktmann in Syrien abgehört hatte. Darin ging es um die Anschlagspläne und den Sprengstoff.

Nach dem Selbstmord des Terrorverdächtigen in der Justizvollzugsanstalt Leipzig wächst der Druck auf die sächsischen Justizbehörden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine umfassende Untersuchung. Ihr Sprecher warf den Behörden in Sachsen Versäumnisse vor: Wenn es in einer Justizvollzugsanstalt zu einem Selbstmord komme, „dann ist etwas schiefgelaufen, dann sind Warnzeichen nicht frühzeitig erkannt worden, dann sind Fehleinschätzungen vorgenommen worden“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Tillich gibt Fehler zu

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) äußerte sich am Freitag zu dem Vorfall und gab erstmals Fehler zu: „Der Umgang mit dem des Terrorismus bezichtigten Häftling ist nicht in dem Maße erfolgt, wie es notwendig gewesen ist“, sagte Tillich im Bundesrat. „Der Suizid hätte verhindert werden müssen, in jedem Fall.“ Zugleich lehnte er personelle Konsequenzen wie eine Ablösung des Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) ab. Tillich zeigte sich offen für eine unabhängige Untersuchungskommission.

Eine Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses zum Fall Albakr wird es nicht geben. Die große Koalition lehnte einen entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion ab, weil sie „keinen dringenden Handlungsbedarf“ sah. Die Entscheidung sei „enttäuschend“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic. Sie warf der Union vor, das Thema für populistische Forderungen genutzt zu haben. „Jetzt, wo es um Fakten und Aufklärung geht, kneift sie.“ Die nächste Sitzung des Innenausschusses ist am kommenden Mittwoch.

Die Obduktion Albakrs bestätigte unterdessen, dass die Todesursache Erhängen war. Die Staatsanwaltschaft Leipzig erklärte, sie gehe nach den bisherigen Ermittlungen davon aus, „dass der Verstorbene Suizid begangen hat“. Der 22-jährige Syrer strangulierte sich am Mittwochabend mit einem T-Shirt in seiner Zelle.

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