zum Hauptinhalt
Stefan Weber hat sich mit dem Buch von Annalena Baerbock beschäftigt.
© Joachim Bergbauer

Nach Anschuldigungen gegen Baerbock: Plagiatsjäger Stefan Weber arbeitete schon für die Grünen

Die jüngsten Plagiatsvorwürfe gegen ihre Kanzlerkandidatin bezeichnen die Grünen als Rufmord. 2017 beauftragten EU-Abgeordnete den Plagiatsjäger selbst.

Mit drastischen Worten verteidigen sich die Grünen gegen den Vorwurf, ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock habe in ihrem Buch abgeschrieben. Von Rufmord ist die Rede. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, wirft politischen Gegnern der Grünen eine Kampagne gegen Baerbock vor. Hier würden „Kleinigkeiten aufgebauscht", auch um von den wichtigen Fragen wie dem Klimawandel abzulenken, sagte Kellner am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“.

In einem anderen Fall im Jahr 2017 hatten die Grünen aber selbst mit dem österreichischen Plagiatsjäger Stefan Weber zusammengearbeitet, der nun Baerbock vorwirft, in ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ an einigen Stellen aus frei zugänglichen Quellen im Internet abgeschrieben zu haben, ohne dies kenntlich zu machen. Es handelte sich dabei nicht um die Bundespartei, sondern um die Grünen im Europäischen Parlament.

Damals ging es um ein Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung über die Gefährlichkeit des Pestizids Glyphosat. Im Gutachten wurde das Unkrautbekämpfungsmittel als ungefährlich bewertet. Allerdings bestand der Verdacht, dass eine Passage aus einem Antrag des Glyphosat-Herstellers Monsanto, den das deutsche Unternehmen Bayer gekauft hatte, abgeschrieben worden war. Das sollte Weber gemeinsam mit weiteren Kolleg:innen prüfen.

[Lesen Sie auch: Die Grünen schlagen hart zurück – bauschen sie die Affäre damit auf? (T+)]

„Die europäischen Grünen haben die Studie damals zu einem Drittel finanziert. Es existiert dazu natürlich auch ein Vertrag“, sagte Weber dem Tagesspiegel. Direkter Auftraggeber sei die österreichische Umweltorganisation „GLOBAL 2000“ gewesen.

Auch die Grünen im Europaparlament bestätigen die Zusammenarbeit: „Mitglieder der Fraktionen Grüne/EFA, Sozialdemokraten (S+D) und Die Linke, alle Abgeordnete im Sonderausschuss für das Genehmigungsverfahren der EU für Pestizide, haben eine Studie in Auftrag gegeben, an deren Erstellung Stefan Weber beteiligt war“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel.

[Alle aktuellen Entwicklungen in der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Webers Prüfung fiel damals positiv aus. In einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ sagte Weber, dass es sich bei einem von drei Kapiteln um ein Plagiat gehandelt habe. Das Institut für Risikobewertung habe von Autor Larry Kier abgeschrieben. Ein Toxikologe, der früher bei Monsanto mitgearbeitet habe und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dort Berater war. Im Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung sei nicht kenntlich gemacht worden, dass es sich um Text von Kier gehandelt habe.

„Prüfung von Plagiaten ist nicht verwerflich“

Die beteiligten Unternehmen wehren sich auch heute noch gegenüber dem Tagesspiegel gegen diese Darstellung. Bei Risikobewertungen würden immer Studien der Hersteller untersucht und Teile davon übernommen. Man habe lediglich Stimmung gegen Glyphosat machen wollen. Auch hier fällt das Wort Rufmord.

Der Plagiatsjäger Stefan Weber sieht die Sache nüchtern. „Vor drei Jahren stellte sich für mich die Frage, ob ein Behördenbericht Plagiate enthält, vor einigen Tagen stellte sich die Frage, ob ein Sachbuch Plagiate enthält“, sagte Weber. (mit dpa)

Zur Startseite