Beitrittsverhandlungen: Österreich blockiert Türkei-Erklärung der EU
Die EU hat sich nicht auf eine gemeinsame Position zur Fortführung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einigen können.
Die EU-Staaten haben sich am Dienstag nicht auf eine gemeinsame Erklärung zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einigen können. Nach Angaben des deutschen Staatsministers Michael Roth behinderte Österreich die Annahme des Textes. Das Land verlangt, die Beitrittsgespräche wegen des Vorgehens türkischer Behörden gegen Oppositionspolitiker und Medien einzufrieren.
Staaten wie Deutschland lehnen dies allerdings kategorisch ab. Sie befürchten, dass der Schaden eines solchen Schrittes größer sein könnte als der Nutzen - auch wegen der Absprachen mit der Türkei zur Flüchtlingskrise.
"Unter den derzeit vorherrschenden Umständen werden keine neuen (Verhandlungs-)Kapitel zur Eröffnung in Betracht gezogen", heißt es in einer Erklärung des slowakischen EU-Vorsitzes, die am Dienstag von 27 EU-Staaten unterstützt wurde. Österreich stimmte ihr nicht zu, weil es noch weiter gehen wollte.
Über bisherige Verhandlungsbereiche kann weiter gesprochen werden
Die EU-Europaminister wollten am Dienstag eigentlich die sogenannten Ratsschlussfolgerungen zum Erweiterungsprozess verabschieden. Dies scheiterte aber am vehementen Widerstand des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz. Er wollte ein vollkommenes "Einfrieren" der Beitrittsverhandlungen mit Ankara. Dazu kam es nicht: Die Ausweitung der Gespräche ist jetzt zwar de facto bis auf Weiteres blockiert, über bisherige Verhandlungsbereiche kann aber weiter gesprochen werden.
Kurz bezeichnete die Erklärung des slowakischen Vorsitzes nach dem Treffen als "durchaus positiv". Denn sie halte fest, dass "keine weiteren Kapitel eröffnet werden dürfen", sagte er. Das sei zwar "noch immer nicht ausreichend", aber "zumindest ein Schritt in die richtige Richtung".
Basis der Beratungen der Europaminister war der jährliche Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu allen Beitrittskandidaten der Union. Die Behörde hatte darin Mitte November zwar einen "Rückfall" der Türkei bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Meinungsfreiheit kritisiert, wollte aber den Beitrittsprozess grundsätzlich fortführen.
Die EU führt seit 2005 mit der Türkei Beitrittsverhandlungen. Die Gespräche kamen lange nicht voran. Erst die stärkere Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise seit Ende 2015 gab den Gesprächen neuen Schwung. Dadurch wurden zwei weitere sogenannte Beitrittskapitel eröffnet, in denen die EU-Standards für eine Mitgliedschaft festgelegt sind. Insgesamt sind mit der Türkei bisher Verhandlungen zu 16 von insgesamt 35 Bereichen eröffnet. (dpa/AFP)
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