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Der Ostbeauftragte der Bundesregierung: Marco Wanderwitz (CDU).
© Stefan Weger/Tsp

Wanderwitz erwartet Corona-Welle im Osten: Ostbeauftragter sieht Zusammenhang zwischen AfD und niedriger Impfquote

Vier ostdeutsche Bundesländer hinken in der Impfkampagne hinterher. Für den Ostbeauftragten der Bundesregierung lässt sich der Grund „nicht wegdiskutieren“.

Die Impfkampagne in Deutschland kommt nicht mehr recht voran, das zeigt sich besonders im Osten des Landes. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen vergleichsweise niedrigen Impfquoten in den neuen Bundesländern und dem hohen Zuspruch für die AfD in diesen Regionen.

Bei den Erst und -Zweitimpfungen belegen (Stand Dienstag) Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt vor Bayern nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) die letzten vier Plätze. Mecklenburg-Vorpommern und Berlin rangieren mit 60,8/55,3 und 62,3/54,6 Prozent im Mittelfeld. Zum Vergleich: In Bremen sind 71,1 Prozent mindestens einmal und 65,2 Prozent vollständig geimpft.

Absolutes Schlusslicht ist Sachsen. Hier erhielten bisher erst 53 Prozent die erste Spritze, knapp 49,1 Prozent sind vollständig geimpft. Der Freistaat hat sich bereits vor Wochen von dem Ziel verabschiedet, die Herdenimmunität erreichen zu können. Hierfür ist nach Einschätzung des RKI wegen der als hochansteckend geltenden Delta-Variante des Coronavirus eine Impfquote von mindestens 85 Prozent nötig.

Inzwischen stellt sich auch die Frage, wie viel Impfstoff vernichtet werden muss, weil das Haltbarkeitsdatum abläuft. So haben demnach in Sachsen-Anhalt weder das Gesundheitsministerium noch die Kassenärztliche Vereinigung einen Überblick über die vernichteten Impfdosen. Aus Sachsen gab es auf eine entsprechende Anfrage keine Antwort. Das gilt auch für Berlin.

Für den Ostbeauftragten der Bundesregierung ist klar: „Es gibt zwischen der Zustimmung für die AfD und Impfablehnung einen klaren Zusammenhang. Er lässt sich nicht wegdiskutieren“, sagte der 1975 im sächsischen Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) geborene Wanderwitz den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die allermeisten AfD-Funktionäre gingen aggressiv gegen das Impfen sowie gegen sämtliche Corona-Maßnahmen vor. „Ähnlich wie der frühere US-Präsident Donald Trump“, sagte Wanderwitz. Das bedeute in der Folge, dass sich der durchschnittliche AfD-Wähler nicht impfen lasse. Da es in Ostdeutschland im Vergleich einen deutlich höheren Anteil von AfD-Wählerinnen und -Wählern gebe, werde auch klar, wie es dort zu dem geringeren Impfanteil komme.

Er gehe deshalb davon aus, „dass wir in Ostdeutschland im Herbst aufgrund der Delta-Variante eine Corona-Welle sehen werden, die das Gesundheitssystem erneut an seine Grenzen bringen wird“.

„Wenn sich zeigt, dass auch Jüngere schwer erkranken und es für Ungeimpfte in Richtung eines Teillockdown geht, kann ich mir zwar vorstellen, dass es sich viele doch noch überlegen und sie sich gegen Covid-19 impfen lassen“, sagte der CDU-Politiker. Die Mehrzahl der AfD-Wählerschaft sei derzeit aber nicht für Argumente erreichbar.

Am Dienstag wurden bundesweit insgesamt mehr als 404.000 Impfungen gemacht – davon führten mehr als 334.800 Dosen zu einer vollständigen Impfung. Nur rund 70.000 Menschen ließen sich an diesem Tag eine erste Schutzimpfung geben. So wenige Erstimpfungen an einem Dienstag wurden zuletzt am 12. Januar verabreicht. Zum Vergleich: Am 9. Juni hatte es mehr als 1,4 Millionen Impfungen (erste oder zweite Dosis) gegeben.

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Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) gab am Donnerstag zu, dass einige Menschen beim Thema Corona-Impfung schwer zu erreichen ist. „Wir haben natürlich in der Bevölkerung einen Anteil an Leuten, die sagen: Nein, ich lasse mich nicht impfen. Wir sind ein freies Land, die Leute müssen natürlich wissen, was sie tun, wir können manche nicht zwingen“, sagte sie im RBB-Inforadio. „Es gibt keine Impfpflicht, das ist dann auch so zu akzeptieren.“

Nonnemacher sagte, dieses Phänomen gebe es schon sehr lange. „Das erfreut mich ja auch nicht. Die Kommunen machen Angebote und Angebote und wir müssen jetzt sehen, dass wir noch besser an die Noch-Zögernden rankommen.“

In Brandenburg wurde die AfD bei der Landtagswahl 2019 mit 23,5 Prozent hinter der SPD (26,2 Prozent) zweitstärkste Kraft. In Sachsen landeten die Populisten 2019 mit 27,5 ebenfalls auf Platz zwei – hier hinter der CDU (32,1 Prozent).

Das sind die wichtigsten Vereinbarungen von Bund und Ländern:

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel erneuerte am Donnerstag ihre Ablehnung der unterschiedlichen Regelungen für geimpfte und ungeimpfte Menschen. „Wir sind für die Freiheit für alle Bürger, egal ob geimpft oder ungeimpft“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Mit Hygiene- und Abstandsregeln könne man schon sehr viel abfangen. Die Maßnahmen der Bundesregierung dagegen seien völlig überzogen.

AFD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla hatte am Mittwoch die Abschaffung kostenloser Schnelltests scharf kritisiert. Im ZDF-„Morgenmagazin“ sagte er: „Dass die Bürger für eine Verpflichtung, die der Staat gestellt hat, selber zahlen müssen, ist unverantwortlich.“ Der AfD-Politiker betonte die Freiwilligkeit der Impfungen und sagte: „Hier kann es keine Impfpflicht durch die Hintertür geben.“ Bund und Länder hatten auf einer gemeinsamen Sitzung am Dienstag beschlossen, dass Corona-Schnelltests ab dem 11. Oktober nicht mehr kostenlos sein werden. Der zukünftige Preis steht noch nicht fest.

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