zum Hauptinhalt
"Die professionell Pflegenden müssen als gleichberechtigtes Rad am Wagen der Krankenhausreform akzeptiert werden."
© dpa

Debatte zur Krankenhausreform: Ohne Pflegepersonal keine Krankenhausversorgung

Der aus dem Personalmangel resultierende Anstieg der ohnehin schon hohen Arbeitsbelastung für die Pflegekräfte in den Kliniken stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Patienten dar, mahnt der Deutsche Pflegerat und fordert u.a. zusätzliche Mittel in Höhe von 2,5 Milliarden Euro jährlich. Ein Debattenbeitrag

Wir brauchen in den Krankenhäusern mehr gut ausgebildetes Pflegepersonal – dringend und nachhaltig! Das ist keine neue Forderung des Deutschen Pflegerats. Sie ist jedoch eine der wichtigsten Forderungen und muss im Mittelpunkt jeder Krankenhausreform stehen.

Die Pflegeprofis sind ein entscheidendes und unverzichtbares Rad, wenn es um eine gute Pflege und Betreuung im Krankenhaus geht. Dies muss dem Gesetzgeber stärker bewusst werden: Jede Krankenhausreform muss vom Personal her angegangen werden. Denn was nützt es, darüber nachzudenken, wie eine weitere Krankenhausreform aussieht, wenn am anderen Ende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht da sind, die diese umsetzen sollen?

Gleiches gilt auch für den nötigen Strukturwandel im Krankenhaus. Dieser kann nicht ohne die Berücksichtigung der professionell Pflegenden gelingen. Denn sie sind es, die mit ihrer Arbeit den Wandel maßgeblich prägen werden. Sie sind es, die die Leistungen der Pflege und Betreuung im Krankenhaus erbringen. Ohne sie machen jegliche Überlegungen, wie man die künftige medizinische Versorgung besser gestalten kann, kaum einen Sinn.

Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats e.V.
Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats e.V.
© DPR

Die Einbindung des fachlichen Know-hows der Pflegeprofessionen ist somit auch bei der jetzt anstehenden Krankenhausreform unabdingbar, wenn die Reform Erfolg haben soll. Dazu muss Vertrauen in die wertschöpfende Arbeit der Pflegenden vorliegen. Sie nur als Kostenfaktor anzusehen, ist das Denken der Vergangenheit. Die professionell Pflegenden müssen als gleichberechtigtes Rad am Wagen der Krankenhausreform akzeptiert werden.

Dem gegenüber steht jedoch, dass seit 1995 in den Krankenhäusern massiv Pflegepersonal abgebaut wurde. Allein in den letzten Jahren umfasste dieser Abbau ca. 50.000 Vollzeitstellen.

Dieser Personalmangel macht sich beim Pflegepersonal und bei den Patientinnen und Patienten negativ bemerkbar. In Gefahr ist die Patientensicherheit, nicht alle Pflegetätigkeiten können mehr in dem Maße durchgeführt werden, wie es medizinisch-pflegerisch geboten ist. Zudem fühlen sich immer mehr professionell Pflegende aufgrund des Personalmangels und der stetig steigenden Anforderungen überfordert.

Aus Sicht des Deutschen Pflegerats können fünf Punkte zur Lösung des Personalmangels im Krankenhaus beitragen. Jede Krankenhausreform muss diese Forderungen berücksichtigen, wenn sie nicht ins Leere laufen will:

1. Schaffung von Transparenz. Die für das Pflegepersonal im Rahmen der DRGs einkalkulierten Kosten müssen beim Pflegepersonal ankommen und nicht für Investitionen oder andere Berufsgruppen verwendet werden. Die Finanzierung des Pflegepersonals ist sicherzustellen. Die zweckgebundene Mittelverwendung ist nachzuweisen.

2. Bereitstellung eines Zusatzbudgets von jährlich 2,5 Milliarden Euro auf mindestens vier Jahre. Mit diesen Mitteln können Pflegestellen geschaffen und könnte die Pflege sofort entlastet werden. Zudem könnten diese Mittel für eine bessere Vergütung des Pflegepersonals genutzt werden.

3. Personalausstattung als Qualitätsmaßstab festlegen. Eine angemessene Personalausstattung muss Bestandteil jeder Leistungsplanung werden. Das Geld aus der Übervergütung der Sachkosten muss in die Pflege fließen.

4. Instrumente zur Personalbemessung forcieren. Benötigt wird ein gesetzlicher Auftrag zur Neu- bzw. Weiterentwicklung von geeigneten Instrumenten zur Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Krankenhaus. Ausrichten müssen sich diese am Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten.

5. Investitionen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung ausbauen. Neben den quantitativen Anforderungen bedarf es auch qualitativen Investitionen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Weiterentwicklung von bestehenden Instrumenten, die den Pflegebedarf erheben, muss intensiviert werden.

Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings
Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings
© TPM

Eine angemessene Personalausstattung in den Krankenhäusern bleibt eine der wichtigsten Forderungen des Deutschen Pflegerats und muss zentraler Bestandteil der Krankenhausreform sein. Die Politik, die Kostenträger und die Krankenhäuser sind gefordert, die Voraussetzung für eine ausreichende und nachhaltige Personalausstattung sicherzustellen.

Andreas Westerfellhaus ist seit Oktober 2009 Präsident des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR). Sein Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Krankenhausreform. Alle Debattenbeiträge finden sie hier.

Ulrike Elsner: "Fehlanreize sind hier vorprogrammiert."

Bernhard Ziegler: Die Flucht vor unpopulären Entscheidungen

Dr. Harald Terpe MdB: Krankenkassen und Bundesländer sollten kooperieren

Armin Ehl: Die richtigen Stichworte, die falsche Umsetzung

Harald Weinberg MdB: Weniger Wettbewerb - Mehr Qualität!

Hilde Mattheis MdB: Gesetz schafft Verbesserungen für Patienten und Beschäftigte

Dr. Gerd Landsberg: Krankenhäuser müssen wohnortnahe Versorgung gewährleisten können!

Johann-Magnus v. Stackelberg: Es ist eine Reform, aber keine große.

Jens Spahn MdB: "Im Mittelpunkt stehen ohne Zweifel die Patienten"

Georg Baum: Ende der Sparpolitik: Kliniken brauchen mehr Investitionen

Andreas Westerfellhaus

Zur Startseite