Debatte zur Krankenhausreform: Die richtigen Stichworte, die falsche Umsetzung
Die geplante Krankenhausreform verfehlt nach Einschätzung des Marburger Bundes ihre selbst gesteckten Ziele, das hohe Qualitätsniveau ebenso wie die Sicherheit und die gute Erreichbarkeit der Kliniken zu bewahren. Probleme würden benannt, aber nicht gelöst. Ein Debattenbeitrag
Ende April hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Entwurf für ein Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung veröffentlicht. Damit werden die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus dem vergangenen Jahr umgesetzt. Da sich der Gesetzentwurf eng an die Eckpunkte hält, bietet er (leider) kaum Überraschungen.
Das Kernproblem der Krankenhäuser, die unzureichende Investitionsfinanzierung, wird wieder nicht angegangen. Das ist enttäuschend, aber nicht verwunderlich, weil die Länder bereits in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe dafür gesorgt haben, dass sie nicht mehr zahlen müssen als zuvor. Im Gesetz sollen die Länder nur verpflichtet werden, in den Jahren 2016 bis 2018 Investitionsmittel mindestens in Höhe des Durchschnitts der Jahre 2012 bis 2014 bereitzustellen. Dabei sanken die Investitionsmittel seit 1991 bereits um 30 %, und die tatsächlichen jährlichen Investitionen liegen 3 Milliarden Euro unter dem Bedarf. Das Defizit muss aus den eh knapp bemessenden Fallpauschalen ausgeglichen werden. Die Versäumnisse der Länder werden auf dem Rücken des Personals, das mit ca. 60 % der größte Kostenblock der Krankenhäuser ist, ausgetragen. Bewertete man den vorliegenden Gesetzentwurf allein an dem Kernkriterium für die Reform, deren Ziel die Aufrechterhaltung einer hohen medizinischen Versorgungsqualität und die sichere und gute Erreichbarkeit war, verfehlt er sein Ziel.
Der zweite wesentliche Punkt der Reform ist die Qualitätsorientierung, die als weiteres Kriterium der Krankenhausplanung eingeführt wird. Bedenklich ist, dass die Qualitätsindikatoren in erster Linie als Messinstrument für finanzielle Zu- und Abschläge genutzt werden sollen. Das wird zunächst zu mehr Bürokratie und unangemeldeten Kontrollen in den Krankenhäusern führen. Es geht bei der Einführung des neuen Qualitätsbegriffs also nicht vorrangig um die Verbesserung der Patientenversorgung, sondern um die Einführung eines zusätzlichen Steuerungsinstruments für die Krankenkassen. Die Qualitätsoffensive, die die Krankenhäuser und die vor allem die Ärztinnen und Ärzte stets unterstützt haben, wird damit zum Deckmäntelchen für den weiteren Abbau von Kapazitäten der stationären Versorgung. Qualität muss aber beim Patienten ankommen.
Weitere Ansätze der Krankenhausreform wie das Pflegestellenförderprogramm (im Schnitt zwei zusätzliche Stellen pro Krankenhaus; ob das Entlastung bringt?) oder der Abbau der sogenannten „doppelten Degression“ (nur teilweise werden doppelte Abschläge für alle bei Mengenausweitungen einiger abgeschafft) zeigen, dass Probleme erkannt wurden, aber leider inkonsequent angegangen werden. Insgesamt hat die Steuerung der Versorgung weiterhin die höchste Priorität. Der Abbau von vermuteten Überkapazitäten hat Vorrang vor einer auskömmlichen Finanzierung. Ärzteschaft und Pflege können die Hoffnung auf eine Linderung der hohen Arbeitsbelastung durch zu geringe Betriebsmittel begraben. Die Patientenversorgung wird durch dieses Gesetz kaum besser.
Armin Ehl ist seit 2004 Hauptgeschäftsführer des Marburger Bundes - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. Sein Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Krankenhausreform. Alle Debattenbeiträge finden sie hier.
Harald Weinberg MdB: Weniger Wettbewerb - Mehr Qualität!
Hilde Mattheis MdB: Gesetz schafft Verbesserungen für Patienten und Beschäftigte
Dr. Gerd Landsberg: Krankenhäuser müssen wohnortnahe Versorgung gewährleisten können!
Johann-Magnus v. Stackelberg: Es ist eine Reform, aber keine große.
Jens Spahn MdB: "Im Mittelpunkt stehen ohne Zweifel die Patienten"
Georg Baum: Ende der Sparpolitik: Kliniken brauchen mehr Investitionen
Armin Ehl