Kremlkritiker zu 30 Tagen Haft verurteilt: Nawalny ruft zu Protesten gegen russische Regierung auf
„Habt keine Angst, geht auf die Straße“, sagt der Kremlkritiker in einem Video. Nach seiner Verhaftung in Russland wurde er im Eilverfahren verurteilt.
Ein russisches Gericht hat den Kremlgegner Alexej Nawalny nach seiner Rückkehr aus Deutschland in einem Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt. Der 44-Jährige habe gegen Meldeauflagen nach einem früheren Strafprozess verstoßen, hieß es am Montag. Der Oppositionsführer kritisierte das Verfahren als politische Inszenierung mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen und rief seine Landsleute zu Protesten gegen die Regierung auf.
„Habt keine Angst, geht auf die Straße - nicht für mich, sondern für euch, für eure Zukunft“, appellierte er am Montag in einem auf Youtube veröffentlichten Video.
Der Eilprozess gegen Nawalny fand direkt in einer Polizeistation statt. Nach seiner Rückkehr von Berlin nach Moskau hatte von dem 44-Jährigen seit Sonntag zunächst jede Spur gefehlt. Am Montag fand er sich plötzlich vor einem Gericht in einem Polizeigebäude wieder. Juristen kritisierten das als beispiellos - selbst für russische Verhältnisse. In einem Video bei Twitter beklagte Nawalny, dass die Justiz in Russland einen „Gipfel der Rechtlosigkeit“ erreicht habe.
„Ich habe oft gesehen, wie der Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen wird, aber dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich inzwischen so sehr (...), dass nun einfach der Strafprozesskodex zerrissen und auf die Müllhalde geworfen wird“, sagte Nawalny in dem improvisierten Gerichtszimmer. Mit „Opi in seinem Bunker“ meint Nawalny den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Es ist unmöglich, was hier passiert.“
Nawalnys Anwälte hatten offenbar ein Schreiben über den Beginn einer Gerichtsverhandlung im Polizeigebäude erhalten, die dann eröffnet wurde, ohne dass jemand sich hätte vorbereiten können. Zuvor hatten Nawalnys Anwälte und Mitarbeiter erklärt, dass von dem Oppositionellen jede Spur fehle.
Nawalny hatte am Sonntag nach fünf Monaten, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte, Deutschland verlassen. Nach seiner Ankunft in Moskau wurde er festgenommen. Die Justiz hatte ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Der Kremlkritiker soll während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben. Konkret wirft der Strafvollzug ihm vor, gegen Meldeauflagen verstoßen zu haben.
Die Behörden wollen die Bewährungsstrafe nachträglich in echte Haft umwandeln lassen. Nawalny kritisiert das Vorgehen gegen ihn als politisch motiviert.
Zahlreiche Staaten, darunter Deutschland und die USA sowie EU-Politiker forderten inzwischen die sofortige Freilassung Nawalnys.
Die EU-Staaten warnten in einer gemeinsamen Erklärung die russische Regierung vor weiteren Repressionen gegen die Opposition und Zivilgesellschaft und forderten die Freilassung Nawalnys. „Die Politisierung der Justiz ist inakzeptabel, und die Rechte von Herrn Nawalny müssen respektiert werden“, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Text.
Bei der Gestaltung ihrer Russland-Politik werde die EU die Entwicklungen miteinbeziehen. Die Inhaftierung Nawalnys bestätige das negative Bild, dass in Russland der Raum für die Opposition, die Zivilgesellschaft und unabhängige Stimmen schrumpfe.
Konkret warfen die EU-Staaten den russischen Behörden zudem vor, Journalisten und Unterstützer Nawalnys festgenommen zu haben. Auch diese müssten unverzüglich freigelassen werden, heißt es in der durch den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell verbreiteten Erklärung. (dpa, AFP)