Festnahme bei Rückkehr nach Russland: USA , EU und Deutschland fordern sofortige Freilassung von Nawalny
Die Verhaftung von Putin-Widersacher Nawalny stößt auf heftige Kritik. Die Anwälte des inhaftierten Kremlkritikers dürfen nicht zu ihm.
Die Festnahme des Kremlkritikers Alexej Nawalny kurz nach seiner Ankunft in Moskau wird international scharf kritisiert. "Die Vereinigten Staaten verurteilen nachdrücklich die Entscheidung Russlands, Alexej Nawalny festzunehmen", teilte US-Außenminister Mike Pompeo am Sonntag mit. Nawalnys Festnahme sei der jüngste Versuch Russlands, "Oppositionelle und unabhängige Stimmen, die kritisch gegenüber den russischen Behörden sind, zum Schweigen zu bringen".
"Selbstbewusste politische Führer fürchten weder konkurrierende Aussagen, noch üben sie Gewalt gegen politische Gegner aus oder halten diese zu Unrecht fest", sagte Pompeo und bezog sich dabei auf Russlands Präsident Wladimir Putin. Er forderte Nawalnys "sofortige und bedingungslose Freilassung".
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte die sofortige Freilassung Nawalnys. „Alexei Nawalny ist nach seiner Genesung aus eigenen Stücken und bewusst zurückgekehrt nach Russland, weil er dort seine persönliche und politische Heimat sieht. Dass er von den russischen Behörden sofort nach Ankunft verhaftet wurde, ist völlig unverständlich“, sagte Maas am Montagmorgen.
Zuvor hatte bereit die Europäische Union Nawalnys Festnahme kritisiert. Es sei "inakzeptabel", dass Nawalny direkt nach seiner Rückkehr nach Russland in Gewahrsam genommen worden sei, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel am Sonntag bei Twitter. Auch er forderte die "sofortige Freilassung" des Oppositionspolitikers.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schloss sich der Forderung an. Er rief die russischen Behörden auf, Nawalnys "Rechte zu respektieren". Eine "Politisierung" der Justiz sei nicht hinnehmbar, schrieb Borrell auf Twitter.
Scholz hält Hilfsmöglichkeiten für begrenzt
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Festnahme Nawalnys als „rechtswidrig“ bezeichnet. „Diesem Mann ist Unrecht geschehen. Es ist ein Mordanschlag auf ihn verübt worden und er müsste vom Staat beschützt und nicht verhaftet werden“, sagte der Finanzminister am Sonntagabend im „Bild“-Talk „Die richtigen Fragen“. Es stehe ihm zu, „sich als freier Mann in Russland zu bewegen und sich um politische Mandate zu bewerben“. Das dürfe nicht dazu führen, „dass die Staatsgewalt alles gegen ihn unternimmt“.
Scholz bekundete seinen hohen persönlichen Respekt vor dem Regimekritiker: „Herr Nawalny ist wirklich ein mutiger Mann.“ Er habe sich „in den Machtbereich des russischen Staates begeben, sein Risiko kennend“. Scholz räumte ein, dass die konkreten Möglichkeiten, Nawalny zu helfen, begrenzt seien: „Wir haben ihm Schutz in Deutschland geboten. Das war unsere Möglichkeit. Und wir haben dafür gesorgt, dass er gesundet von diesem schrecklichen und lebensbedrohlichen Anschlag. Und jetzt wird es darauf ankommen, dass wir unsere Haltung weiter beharrlich vertreten und klarmachen, dass wir das so sehen.“
Russlands Außenminister Sergej Lawrow wies jegliche Kritik zurück. Der Westen versuche mit dem Angriff auf Russland, "von der tiefen Krise des liberalen Entwicklungsmodells abzulenken".
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Die Anwälte des in Moskau von Nawalny dürfen laut seiner Unterstützer nicht zu ihm. Die Polizei hindere ihn daran, seine Anwälte zu sehen, teilte Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung am Montag auf Twitter mit. Nach Angaben von Nawalnys Sprecherin Kira Jarmytsch durften zwei Berater das Gebäude der Polizeistation Chimki am Stadtrand von Moskau zwar betreten; "aber es ist ihnen nicht erlaubt, Alexej zu sehen".
Nawalny war am Sonntag von Berlin aus nach Moskau geflogen. Kurz nach seiner Ankunft wurde er am Abend auf dem Flughafen Scheremetjewo festgenommen. Die russische Strafvollzugsbehörde FSIN wirft Nawalny vor, wiederholt gegen die Auflagen einer fünfjährigen Bewährungsstrafe verstoßen zu haben. Der Regierungsgegner soll demnach bis zu einer Entscheidung durch ein Gericht im Gefängnis bleiben.
Nawalny war im August in Sibirien Opfer eines Giftanschlags geworden. Er wurde nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt. Nawalny wirft dem russischen Geheimdienst vor, hinter seiner Vergiftung zu stecken. Die russische Regierung bestreitet jede Beteiligung an dem Anschlag. (AFP, dpa)