„Wir sind alle besorgt“: Nach Explosionen in der Separatistenregion Transnistrien herrscht in Moldau Unruhe
Mit Transnistrien gibt es in Moldau eine eigene pro-russische Separatistenregion. Die Entwicklungen dort und im Nachbarland Ukraine werden mit Sorge beobachtet.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist in der Republik Moldau ganz nah. Die Kämpfe im Nachbarland treiben die Menschen in der kleinen Ex-Sowjetrepublik um - erst recht, seit die pro-russische Separatistenregion Transnistrien im Osten des Landes von mehreren Explosionen erschüttert wurde. In der Grenzregion zwischen dem unter der Kontrolle der Zentralregierung in Chisinau befindlichen Landesteil Moldaus und dem international nicht anerkannten Transnistrien machen sich die Bewohner Gedanken über die Zukunft.
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Den Grenzübergang Varnita nach Transnistrien überquert Victoria täglich. Die 36-jährige Arzthelferin lebt auf der Moldauer Seite der Grenze, ihre Arbeit befindet sich aber in Transnistrien. "Ich bin schwanger und sehr besorgt", sagt Victoria. "Ich habe so eine Situation noch nie erlebt." Fest stehe: "Wenn sich die Dinge ändern, werden wir gehen."
Sorgen macht sich auch Galina Turcanu, die ein auf beiden Seiten der Grenze tätiges Familienunternehmen betreibt. "Wir sind alle besorgt", betont die 46-Jährige. Daran, das Land zu verlassen, denke sie derzeit aber nicht. "Unsere Eltern und unsere ganze Familie sind hier. Wir werden bleiben und sehen, in welche Richtung der Wind weht."
Die Furcht vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges auf andere Länder ist groß. Im Mittelpunkt der Befürchtungen steht dabei Moldau: Die pro-westliche Zentralregierung in Chisinau, die wie Kiew eine EU-Mitgliedschaft anstrebt, ist dem Kreml ein Dorn im Auge.
Hinzu kommen die Spannungen um das von Moskau unterstützte Transnistrien, das sich im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion von Moldau abgespalten hatte. Bis heute sind in der direkt an die Ukraine grenzenden Region rund 1500 russische Soldaten stationiert, deren Abzug Chisinau seit langem fordert.
Separatistenregion berichtet von mehreren Explosionen
Alarmiert zeigte sich der Westen, nachdem die transnistrischen Behörden zuletzt mehrere Explosionen gemeldet hatten. Demnach war am Montag das Ministerium für öffentliche Sicherheit in der Regionalhauptstadt Tiraspol mutmaßlich mit einem Granatenwerfer attackiert worden.
Am folgenden Tag gab es den Behörden zufolge Explosionen an einem Funkturm an der ukrainischen Grenze, über den russische Radiosender ausgestrahlt wurden. Aus einem Dorf, in dem Russland ein Waffenlager unterhält, wurden Schüsse gemeldet.
Während Russland von "Terrorakten" sprach, warnten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian vor Versuchen, Moldaus territoriale Integrität zu schwächen. Nach einem Telefonat betonten sie ihre "gemeinsame Entschlossenheit", das Land "angesichts der Gefahren seiner Destabilisierung zu unterstützen".
Für Unruhe hatten in der vergangenen Woche bereits Äußerungen eines russischen Generals gesorgt, der eine angebliche Unterdrückung russischsprachiger Menschen in Transnistrien anprangerte. Ähnlich hatte Moskau sich vor seiner Invasion in der Ukraine auch über den ostukrainischen Donbass geäußert.
Regierung Moldaus zeigt sich besorgt
Die Gefahr einer russischen Intervention wollte Moldaus Vize-Regierungschef Oleg Serebrian zuletzt aber nicht zu dramatisch ausmalen. Dem Sender France Info sagte er, die jüngsten Spannungen in Transnistrien gingen möglicherweise auf einen "internen" Konflikt zwischen pro-ukrainischen und pro-russischen Kräften in der Region zurück und seien nicht zwingend Ausdruck "externen Einflusses".
Gleichwohl, räumte Serebrian ein, sei die Situation besorgniserregend - nicht nur wegen der geopolitischen Ausgangslage, sondern auch der wirtschaftlichen Schwäche Moldaus. Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas. Der Ukraine-Krieg sorgt in dem 2,6-Millionen-Einwohner-Land bereits für Engpässe. Hinzu kommt die hohe Gas-Abhängigkeit von Russland.
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Bei den Menschen in der Region weckt der Ukraine-Krieg schmerzhafte Erinnerungen an den bewaffneten Konflikt, der der Abspaltung Transnistriens zu Beginn der 90er Jahre vorausgegangen war. "Wir wollen nicht, dass so etwas wieder geschieht", sagt die Familienunternehmerin Turcanu.
Wie brenzlig die Situation von vielen Menschen empfunden wird, berichteten örtliche Medien in den vergangenen Tagen: Während viele Transnistrier in den vergangenen Jahren russische Pässe beantragt hätten, stieg demnach zuletzt die Zahl jener, die ihre moldauischen Dokumente erneuerten. Auch Turcanu hat sich vorbereitet. Die 46-Jährige deutet auf ihre Tasche: "Da sind alle Pässe drin." (AFP, Hervé Bossy)