Nach Explosionen in Transnistrien: Russland droht indirekt mit Einmarsch in Separatisten-Region
Die pro-russische Region Transnistrien wird von mehreren Angriffen heimgesucht. Laut Experten könnten sie von Russland unter falscher Flagge verübt worden sein.
Die russische Regierung droht nach Berichten über Anschläge im abgespaltenen Moldauer Landesteil Transnistrien indirekt mit einem Einmarsch in der Region. Russland wolle nach Angaben des russischen Außenministeriums ein Szenario vermeiden, in dem es gezwungen sei, in Transnistrien zu intervenieren, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA am Dienstag, ohne nähere Details zu nennen.
Zuvor hatte sich die Regierung in Moskau besorgt über Anschläge auf zwei Sendemasten noch aus Sowjetzeiten in der von der Republik Moldau abgespaltenen Region gezeigt. Im Westen wurden damit Sorgen angefacht, Russland könne wie im Fall der Ukraine mit Verweis auf angebliche Bedrohungen in unter ihrem Schutz stehender Landesteile einen militärischen Einsatz starten.
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Aus der an die Ukraine grenzenden abtrünnigen Region wurden in den vergangenen Stunden mehrere Zwischenfälle von Lokalbehörden gemeldet. Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, berief für den Nachmittag eine Sitzung des Sicherheitsrats ein, meldete die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag.
Die von prorussischen Separatisten kontrollierte Moldau-Region hat laut einem Bericht ihrer amtlichen Nachrichtenagentur die Terror-Warnstufe auf "Rot" angehoben. Es seien zudem mehrere Kontrollposten eingerichtet worden.
Die Funkzentrale hatte mit zwei Masten russische Radiosender übertragen. In dem von der Republik Moldau abtrünnigen Transnistrien sind russische Soldaten stationiert.
In Moskau sprechen daher hochrangige Politiker von Provokation: „Die Vorgänge in Transnistrien sind eine Provokation mit dem Ziel, Russland noch tiefer in die Kriegshandlungen in der Region hineinzuziehen“, sagte der Chef des Duma-Ausschusses für die GUS, Leonid Kalaschnikow.
Analysten gehen von Ziel der Destabilisierung aus
Analysten zufolge ist es allerdings unwahrscheinlich, dass in Transnistrien stationierte Truppen in den Ukraine-Krieg eingreifen. Das schreiben die Analysten des Institutes for the Study of War (ISW), die zudem vermuten, dass der gestrige Angriff auf das transnistrische Ministerium für Staatssicherheit wahrscheinlich von russischen Streitkräften verübt wurde. Das Ziel könnte sein, die Region zu destabilisieren.
Laut ISW haben russische Streitkräfte den Angriff wahrscheinlich unter falscher Flagge verübt. Womöglich steht laut den Analysten dahinter das Ziel, den Eindruck zu erwecken, dass von der Ukraine anti-russische Aggressionen ausgehen. „Der Kreml versucht möglicherweise, Drohungen gegen russischsprachige Personen in Moldawien zu inszenieren, um einen verbreiteten russischen talking point zu untermauern”, schreibt das ISW.
Schon am Montag war das Ministerium für Staatssicherheit in der transnistrischen Hauptstadt Tiraspol beschossen worden. In beiden Vorfällen kamen Personen nicht zu Schaden. Der Sicherheitsrat von Transnistrien verhängte am Dienstag die rote und damit höchste Terrorwarnstufe in dem Gebiet.
Kiew beschuldigt dagegen Moskau, selbst zu provozieren, um Panik zu schüren. Demnach könnten die in Transnistrien stationierten Truppen versuchen, von dort aus die Ukraine in Richtung der Stadt Odessa am Schwarzen Meer anzugreifen.
In einer in Kiew veröffentlichten Mitteilung erinnerte der Geheimdienst an eine Äußerung eines russischen Befehlshabers vom vergangenen Freitag. Dieser hatte offen davon gesprochen, dass Moskau die gesamte Südukraine bis nach Transnistrien unter seine Kontrolle bringen wolle. (dpa, Tsp)