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Mit Wasserwerfern und Tränengas versucht die Polizei in Simbabwe die Proteste gegen den Präsidenten zu ersticken.
© Aaron Ufumeli/dpa

Krise in Simbabwe: Mugabes Bankrott

Dürre und Staatspleite lassen die Protestbewegung in Simbabwe seit Wochen immer weiter wachsen. Der 92-jährige Präsident gibt sich unbeirrt – er will bei den Wahlen 2018 wieder antreten

Evan Mawarire wartet in New York auf Robert Mugabe. Dort wird der 92-jährige Präsident von Simbabwe am Samstag erwartet. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) lässt Mugabe auch dann nicht ausfallen, wenn sein Land im Chaos versinkt. An der Unruhe in Simbabwe hat Evan Mawarire einigen Anteil. Der inzwischen im Exil lebende Pastor hat im Mai in den sozialen Netzwerken ein Video veröffentlicht, das ihn mit der Fahne Simbabwes um die Schulter zeigt, während er den Zustand seines Landes beschreibt. Unter dem Stichwort #ThisFlag bildete sich innerhalb weniger Wochen eine Protestbewegung, wie sie das Land im Süden Afrikas noch nicht gesehen hat. Am Samstag und Mittwoch will die Protestbewegung Mugabe in New York bei den UN einen unfreundlichen Empfang bereiten.
Seitdem Mugabe 2013 die Wahl nicht ganz legal gewonnen hatte, hat der oppositionelle MDC von Morgan Tvangirai, der von 2009 bis 2013 Vizepräsident gewesen war, an Bedeutung verloren. Die Partei hat sich weiter gespalten. Tvangirai selbst gelingt es nicht mehr, die oppositionellen Kräfte zu bündeln. Und Pastor Evan Mawarire sieht sich nicht als Parteipolitiker, sondern als Sprachrohr für die Simbabwer, die seit bald 20 Jahren in einer Dauerkrise leben.

Mugabe hat das Land heruntergewirtschaftet

Im Jahr 2000 begann Mugabe, die professionellen weißen Farmer von ihrem Besitz zu vertreiben und das Land an seine Parteigänger aus der Zanu-PF zu verteilen. Seither hat die Produktivität der Landwirtschaft stark abgenommen. Simbabwe kann sich nicht mehr selbst ernähren. Seit 2013 will die Regierungspartei zudem alle Unternehmen von ausländischem Einfluss befreien und droht Investoren regelmäßig, sie zu enteignen.
Womöglich hätte Simbabwe auch das überstanden, wären nicht weitere Risikofaktoren dazu gekommen. Das pazifische Klimaphänomen El Niño hat im Süden Afrikas eine lang anhaltende, zerstörerische Dürre ausgelöst. Nach zwei Jahren ohne ausreichenden Regen ist die Maisernte in Simbabwe nach Regierungsangaben auf ein Viertel der Erträge von 2014 gesunken. Die Regierungszeitung „The Herald“ berichtet in ihrer Freitagsausgabe erleichtert von einer Mais-Spende aus China in einem Umfang von 5,5 Tonnen. Wegen der Dürre produzieren die Wasserkraftwerke am Sambesi nahezu keinen Strom mehr.

Vor wenigen Wochen musste die Regierung zugeben, dass die Einnahmen aus dem Diamantenbergbau im Wert von rund 15 Milliarden Dollar einfach verschwunden sind. Und seit Juni sind die Staatsbediensteten nicht mehr bezahlt worden. Die Regierung ist pleite. So pleite, dass sie angefangen hat, sogenannte Bond-Dollars zu drucken. Diese Zwei-, Fünf-, Zehn- und Zwanzig-„Dollar“-Scheine sollen so viel Wert sein wie amerikanische Dollars. Allerdings nur in Simbabwe. Außerhalb des Landes sind sie nichts wert. Die Aussicht auf selbst gedrucktes Geld hat die Proteste über den Sommer angeheizt. Denn die Simbabwer erinnern sich noch gut an den Winter 2008, als sie für eine Billion Sim-Dollar nicht mal mehr einen Laib Brot kaufen konnten, weil die Hyper-Inflation das Geld im Sekundentakt entwertete.

Auch mit 92 Jahren denkt Simbabwes Präsident Robert Mugabe nicht ans Aufhören.
Auch mit 92 Jahren denkt Simbabwes Präsident Robert Mugabe nicht ans Aufhören.
© Aaron Ufumeli/dpa

Die Aussage von Mawarire „Es ist genug. Wir haben keine Angst“ ist zum Slogan der Protestbewegungen geworden. Mindestens 60 Oppositionelle sind in Gewahrsam genommen worden. Silvanos Mudzova, der Anführer einer Gruppe junger Demonstranten, die sich Tajamuka nennt, berichtete dem britischen Sender BBC, er sei in Haft gefoltert worden. Die mutige Satiretruppe um Comrade Fatso, die mit „Zambezi News“ ein Internet-Fernsehformat erfunden hat, das in Afrika einmalig ist, riet den Demonstranten, auf Gewalt zu verzichten und „Gasmasken zu tragen. Ihr wisst schon. Das ganze Tränengas“. Zuvor hatte sich bereits der im Land sehr populäre Comrade Fatso in seinem Satire-Nachrichtenprogramm „The Week“ über die Polizei lustig gemacht. Auf ihre Brutalität könne man sich verlassen. Im Übrigen müsse es sich um „Zauberer“ handeln, denn „sie schaffen es, Wasser in die Wasserwerfer zu füllen, wenn es in der ganzen Stadt kein Wasser gibt“.

Dennoch schreibt die International Crisis Group in ihrem jüngsten Report über Simbabwe, dass die Zanu-PF für sich selbst die größte Gefahr sei. Der Machtkampf um die Nachfolge Mugabes zwischen dem aktuellen Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa und der Präsidentengattin Grace Mugabe hat die Partei gespalten. Grace Mugabe wird vor allem von jüngeren Parteikadern unterstützt. Mnangagwa genießt bei Armee und Sicherheitskräften mehr Zustimmung. Sein Spitzname lautet übrigens „Krokodil“. Er war Geheimdienstchef, als im Matabeleland rund 20 000 Simbabwer bei Massakern ermordet wurden, weil sie im Verdacht standen, Mugabe-Gegner zu sein. Robert Mugabe selbst hat erklärt, er werde zur Wahl 2018 wieder antreten.

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