Afrika: Simbabwe: Mit harter Währung
In Simbabwe ist in den letzten Wochen etwas Bemerkenswertes passiert: Die zu Jahresbeginn noch leeren Regale in den Supermärkten haben sich mit Waren gefüllt. Simbabwe lässt US-Dollar und Euro zu.
Die Preise der Lebensmittel in Simbabwe sinken, nachdem sie sich noch vor zwei Monaten fast täglich verdoppelt hatten. Vor Banken, Tankstellen und Bäckereien schwinden die Warteschlangen.
Dass sich die Lage in dem von Staatschef Robert Mugabe ruinierten Land zumindest nach außen hin leicht gebessert hat, verdanken die Machthaber in Harare allein der Tatsache, dass inzwischen fast alle Transaktionen im Land legal in US-Dollar abgewickelt werden. Die eigene Währung, der Simbabwe-Dollar, ist angesichts der Hyperinflation vollkommen wertlos. Man findet ihn überall in Mülleimern oder auf Bürgersteigen, nur nicht in Ladenkassen oder den Portemonnaies der Menschen.
Die im Februar gebildete „Regierung der Nationalen Einheit“ hat dem Totalverfall des Simbabwe-Dollars nun auch offiziell Rechnung getragen. Nachdem die Zentralbank ihren Kampf gegen die US-Dollarisierung der Wirtschaft bereits vor einiger Zeit aufgegeben hat, dürfen nun auch offiziell alle Unternehmen und Privatpersonen nach Belieben in ausländischer Währung handeln. Bislang war dies speziell beglaubigten Firmen vorbehalten. Wie jetzt verlautete, haben die Machthaber den Simbabwe-Dollar für mindestens ein Jahr aus dem Verkehr gezogen – und kaum jemand rechnet damit, die diskreditierte Währung jemals wiederzusehen, auch wenn Wirtschafts- und Entwicklungsminister Elton Mangoma dies nicht völlig ausschließen wollte.
Ersetzt wird der Simbabwe-Dollar durch den US-Dollar, den südafrikanischen Rand sowie den Euro. Auch andernorts haben Länder ihre Währung ausrangiert und durch eine andere ersetzt. So benutzen etwa Panama oder Ecuador den US-Dollar. Simbabwe unterscheidet sich jedoch darin, dass es nicht nur eine, sondern gleich mehrere Fremdwährungen erlaubt – ein Indiz für den verheerenden Zustand des Landes nach 30 Jahren Mugabe-Diktatur.
Dennoch hatte die neue Regierung am Ende keine Wahl: Bereits Mitte letzten Jahres war Simbabwes Inflationsrate auf 231 Millionen Prozent geschnellt – und dürfte seither noch höher gelegen haben. Dies erklärt nach Ansicht des simbabwischen Ökonomen John Robertson auch, weshalb das Regime seitdem keine neue Zahlen veröffentlicht hat. Ermutigend sei, so Robertson, der jüngste Rückgang der Preise, zumal viele Ladenbesitzer ihre Waren noch zu Jahresbeginn aus den Regalen genommen hatten, weil sie wegen der staatlich verordneten Preiskontrollen keinen Gewinn mehr machten.
Woher die vielen US-Dollar plötzlich kommen, ist selbst für Robertson ein Rätsel. Ein Grund liegt darin, dass die neue Regierung ihre Staatsbeamten letzten Monat erstmals mit einem Gutschein über 100 US-Dollar bezahlte. Für den Ökonomen sind die vielen Dollar ein Beleg für den enormen Umfang der Schattenwirtschaft. Offiziell haben 90 Prozent der Simbabwer keinen Job, weshalb jeder irgendetwas verkauft, um zu überleben.
Dennoch ist das Land noch längst nicht aus dem Gröbsten heraus. Während die Lebensmittelpreise sinken, haben die Staatsbetriebe die Preise für Telefon oder Strom derart erhöht, dass die Kunden sie nicht bezahlen können. Dies hat nach Angaben von Entwicklungshelfern zu einem drastischen Anstieg von Autoentführungen und Diebstählen geführt.
Die neue Einheitsregierung will schnell gegensteuern – und zunächst die Preise der staatlichen Versorger senken. Nach Angaben von Finanzminister Tendai Biti, einem erbitterten Gegner Mugabes, braucht das Land rund 8,5 Milliarden US-Dollar, um die vom alten Regime ruinierte Infrastruktur zu modernisieren – 1,5 Milliarden für Gesundheit, Kanalisation sowie Bildung, eine Milliarde für die Landwirtschaft und zwei Milliarden für den maroden Stromsektor. Bislang soll nur Südafrika einen Kleinkredit von 30 Millionen US-Dollar angeboten haben. All die anderen afrikanischen Länder, die Mugabes Zerstörungswerk jahrelang toleriert hatten, halten sich bedeckt und erwarten nun, dass der Westen einspringt. Doch solange der frühere Oppositionsführer und heutige Premier Morgan Tsvangirai und seine Partei MDC in einem von Mugabe und seinen Sicherheitschefs dominierten Kabinett nur die zweite Geige spielen, ist kaum damit zu rechnen.
Symptomatisch sind die von Mugabe ausdrücklich gebilligten neuen Farmbesetzungen, die Simbabwes kollabierte Nahrungsmittelproduktion weiter unterhöhlen. Entsprechend groß ist die Sorge, dass die ersten zaghaften Reformen auf extrem wackligen Beinen stehen. Simbabwe befindet sich in einem klassischen Dilemma: Ohne frisches Geld aus dem Ausland steht die neue Regierung vielleicht schon am Monatsende vor dem Aus. Würde das Geld jedoch fließen, dürfte ein Großteil davon in die falschen Taschen wandern. Ökonom Robertson hält es für entscheidend, dass schnell weitere Reformen folgen. Aber da Mugabe die Zügel in der Hand behält, deutet wenig darauf hin.
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