Debatte zu Armenien im Bundestag: Merkel, Gabriel und Steinmeier sind abwesend
An der Abstimmung zur Armenien-Resolution werden einige hochrangige Politiker nicht teilnehmen - wegen wichtiger Termine. Erdogan schaltet sich in die Diskussion ein.
Wichtige Vertreter der Bundesregierung werden nicht dabei sein, wenn der Bundestag am Donnerstag kurz nach 11 Uhr mit der Debatte über die Resolution zum Völkermord in Armenien beginnt und etwa eine Stunde später darüber abstimmt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), so kündigt die Bundesregierung an, soll genau um diese Zeit in Berlin auf einem Kongress eine Rede zum Thema „Digitale Bildung“ halten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist weit weg auf einer lange geplanten Lateinamerika-Reise. Und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hält eine seit Monaten zugesagte Rede auf dem Tag der deutschen Bauindustrie vor mehr als 1000 Teilnehmern. „Sigmar Gabriel unterstützt den Inhalt der Resolution“, heißt es aber aus seinem Büro.
Dagegen werden Finanzminister Wolfgang Schäuble, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister Thomas de Maizière (alle CDU) auf der Regierungsbank sitzen.
An der Abstimmung teilnehmen werden auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). „Ich werde, auch als ehemaliger menschenrechtspolitischer Sprecher meiner Fraktion, aus Überzeugung für den Antrag stimmen“, sagte Gröhe. Auch Hendricks will zustimmen.
Der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), kritisierte dagegen die geplante Armenien-Resolution des Bundestages. „Wir sollten uns auf die drängenden Probleme konzentrieren und das Verhältnis zur Türkei nicht weiter verschlechtern“, sagte Löning dem Tagesspiegel. Er wundere sich, dass es in der Frage einen sehr breiten politischen Konsens gebe. Die sachlichen Inhalte der Resolution, in der der Türkei Völkermord an den Armeniern vorgeworfen werde, seien zwar unstrittig, so Löning. Die Resolution sei nicht hilfreich, um bei wichtigen politischen Fragen wie der Flüchtlingsfrage und dem Syrien-Konflikt voranzukommen. Trotz aller Probleme und der berechtigten Kritik an der Menschenrechtslage in der Türkei sei es wichtig, die Beziehungen zur Türkei so weit zu verbessern, „dass man miteinander arbeiten kann“.
Erdogan hat Merkel "Besorgnis" kundgetan
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte derweil vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen. Wenn Deutschland "in diese Falle tappt, würde das unsere künftigen Beziehungen beschädigen - die diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen, kommerziellen und militärischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern", sagte Erdogan am Dienstag vor Journalisten in Izmir.
Er habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert und seine "Besorgnis" über die Wortwahl der Resolution kundgetan, sagte er weiter. Türkischen Medienberichten zufolge appellierte Erdogan in dem Telefonat mit Merkel an den "gesunden Menschenverstand" Deutschlands.
Am Montag hatte bereits der neue türkische Ministerpräsident Binali Yildirim in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel die „haltlosen und ungerechten politischen Urteile“ der geplanten Entschließung beklagt , wie das türkische Ministerpräsidentenamt mitteilte. Die türkische Regierung, das ganze Land sowie Millionen Türken in Deutschland verfolgten die Entwicklung mit Sorge, sagte Yildirim der Kanzlerin. Ankara erwarte von der Bundesregierung und vom Bundestag eine „respektvolle Haltung“. (mit AFP)