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Gegen nächtliche Ausgangssperren regt sich reichlich Widerstand.
© imago images/Christoph Hardt
Update

Geplante Bundes-Notbremse: Merkel droht die nächste Schlappe

Nach dem Debakel um die „Osterruhe“ gibt es Widerstand gegen die geplante Notbremse der Kanzlerin. Aber dennoch kommen lokal und regional Ausgangssperren.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) droht auch mit ihrem neuen Plan zur Pandemiebekämpfung aufzulaufen. Nachdem Union und SPD im Bundestag signalisiert hatten, vor allem den Automatismus für bundesweite Ausgangssperren aufweichen wollen, kommen auch immer mehr CDU-Ministerpräsidenten aus der Deckung. So äußerte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier auch öffentlich als eine der einflussreichsten Stimmen in der CDU verfassungsrechtliche Bedenken.

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In einer dem Tagesspiegel vorliegenden Stellungnahme der hessischen  Staatskanzlei wird kritisiert, dass einzig die Inzidenz von 100 Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner  ausschlaggebend für die geplante Verhängung von Ausgangssperren von 21 bis 5 Uhr sein soll –  ohne die Zahl der Geimpften und die reale Auslastung von Intensivbetten in der betreffenden Region zu berücksichtigen. Mehrere Staatskanzleien warnen nach Tagesspiegel-Informationen, dass das Vorhaben gerichtlich gegen die Wand fahren werde.

Bouffier: Ausgangssperren nur als „Ultima Ratio“

Bouffier sagte der „Bild“-Zeitung, Ausgangssperren sollten nur „als Ultima Ratio, das heißt als letztes Mittel verhängt werden“. Ob sein Land im Bundesrat dem Gesetz zustimmen werde, ließ Bouffier offen. Der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) sagte der „Welt“: „Wenn wir jetzt erneut völlig unkreativ in einen weiteren Voll-Lockdown gehen, wird das zwar irgendetwas helfen. Aber es wird auch für viel Verdruss sorgen.“ Auch Hans kritisierte die alleinige Ausrichtung von Einschränkungen an der Inzidenz, statt Schnelltests und digitale Kontaktnachverfolgung für mehr Freiheiten zu nutzen.

Auch bei Union und SPD gibt es vor den abschließenden Fachberatungen am Montag erheblichen Widerstand. Die SPD-Fraktion pocht darauf, dass zum Beispiel abendliche Spaziergänge und Joggen möglich bleiben. Gerade bei besserem Wetter gibt es die Sorge, dass die Menschen dann abends drinnen, wo die Infektionsgefahren größer sind, quasi eingesperrt werden.

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Die CSU-Abgeordneten im Bundestag wollen zumindest durchsetzen, dass die Regelung nicht ab 21 Uhr, sondern erst ab 22 Uhr beginnt, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem „Münchner Merkur“. Er verlangte auch Änderungen an der geplanten Vorgabe, dass der Einzelhandel in Regionen mit einer Corona-Inzidenz von mehr als 100 weitgehend schließen muss. „Einkaufen per 'Click and Meet' muss weiterhin möglich sein“, sagte Dobrindt. Dabei können Kunden mit einem Termin und negativem Test einkaufen.

Zeitplan zur Verabschiedung wackelt

Nach Merkels gescheitertem Plan einer „Osterruhe“ droht ihr damit eine weitere Schlappe in dem Bemühen, mit strengeren Maßnahmen die dritte Corona-Welle zu brechen. Zudem wackelt der Zeitplan. Eigentlich soll der Bundestag am kommenden Mittwoch und der Bundesrat am Donnerstag grünes Licht geben für das neue Infektionsschutzgesetz mit bundesweit einheitliche Notbremsen-Regelungen.

Merkel hatte im Bundestag eindringlich appelliert, das Gesetz so zu beschließen. Seit der gescheiterten Bund-Länder-Runde am 22. März gefährdet aber die fehlende gemeinsame Linie eine stringente und entschlossene Antwort auf die steigenden Infektionen, die auch bei jüngeren Menschen zu vermehrt schweren Verläufen führen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat die konsequente Anwendung der geplanten Ausgangssperren angemahnt. „Die Ausgangssperre ist ein Signal für die Dramatik der Lage und dafür, dass wir es ernst meinen - gerade weil es sie bisher in Deutschland kaum gab“, sagte Altmaier der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Es gehe nicht um den Spaziergänger mit Hund, sondern um die Einhaltung der Kontaktregeln.

„Überall auf der Welt, wo eine Infektionswelle erfolgreich gebrochen wurde, hat man das mit dem Instrument eines harten Lockdowns geschafft“, sagte der Minister der Zeitung. „Auf der sicheren Seite sind wir, wenn wir insgesamt die Zahl der sozialen Kontakte reduzieren - und die entstehen, wenn alles geöffnet ist.“ Daran seien alle differenzierte Modelle wie in Tübingen oder Rostock gescheitert.

Nur wenn sich die Bevölkerung an die verschärften Regeln halte, könnten Menschenleben gerettet werden, sagte Altmaier. „Die konkrete Alternative wäre die völlige Überlastung des Gesundheitssystems, mit zehntausenden zusätzlichen Toten.“

Wenn durch entschlossenes Handeln hingegen ein schneller Rückgang der Infektionen gelinge, könne man die neu gewonnene Stabilität für vorsichtige Erleichterungen nutzen: „Je mehr wir uns jetzt alle gemeinsam zusammenraufen, desto schneller kommen wir zu Lockerungen“, sagte Altmaier.

Ab Montag Ausgangsbeschränkung in Brandenburg

Ungeachtet der Debatte um eine bundesweite Regelung haben viele Regionen schon eigene Ausgangsbeschränkungen verhängt, so gilt in Berlin bereits seit Karfreitag eine nächtliche Ausgangsbeschränkung, die jenen Regeln nahe kommt, die als Ausgangssperren diskutiert werden: Von 21 bis 5 Uhr darf man nur allein oder zu zweit draußen unterwegs sein. In Brandenburg soll ab Montag eine Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr für Regionen gelten, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz mindestens drei Tage lang über 100 liegt. Ab 200 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche sollen in Landkreisen oder kreisfreien Städten alle Schulen mit Ausnahme der Abschlussklassen und die Kitas geschlossen werden, erklärte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Samstag. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert-Koch-Institut indes weiter und lag am Sonntag 162,3.

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