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Unter Druck. Der britische Premier David Cameron.
© REUTERS
Update

Wegen der Asylpolitik: Mehrheit der Briten ist für einen EU-Austritt

Premier David Cameron will offenbar bis zu 15.000 Syrer ins Land lassen. Doch seine neue Politik kommt bei seinen Landsleuten gar nicht gut an.

Die Flüchtlingskrise durchkreuzt die EU-Politik des britischen Premiers David Cameron und macht den Ausgang des kommenden EU-Referendums in Großbritannien ungewisser. Nach einer von der „Mail on Sunday“ veröffentlichten Umfrage haben die Befürworter eines EU-Austritts zum ersten Mal seit Jahren wieder eine knappe Mehrheit. Grund für den Umschwung ist die Migrationskrise.

Die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Survation zeigt auch, dass die Sympathie für die Syrienflüchtlinge, die durch das Foto des toten dreijährigen Flüchtlings Ailan ausgelöst wurde, nichts daran ändert, dass die Briten weitere Zuwanderung ablehnen. Eine Mehrheit will, dass keine oder weniger als 3000 Flüchtlinge aufgenommen werden. Die meisten unterstützen den Kurs von Cameron, der nicht an einem europäischen Quotensystem teilnehmen möchte.

Cameron sagte vergangene Woche auf Druck der Öffentlichkeit die Aufnahme von „Tausenden“ von Flüchtlingen zu. Zunächst hieß es, die Briten wollten 4000 Syrer aufnehmen, laut der „Sunday Times“ könnten es nun 15.000 werden. Allerdings sollen alle aus den Flüchtlingslagern in Syriens Nachbarstaaten kommen, wo die Not am größten ist. „Wir werden zeigen, dass wir das unsere zu dem Problem beitragen“, zitiert die Zeitung einen Vertrauten aus Camerons Umfeld. An der Entschlossenheit der Briten, nichts zu tun, was mehr Menschen zur Flucht durch die Türkei oder über das Mittelmeer ermutigt, hat sich nichts geändert. Am Montag wird Cameron Details präsentieren. Dann stellt er seine Pläne im Parlament zur Debatte.

Vor diesem Hintergrund wird die Haltung Deutschlands gemischt gesehen. Bewunderung für die Offenheit gegenüber den Flüchtlingen mischt sich mit scharfer Kritik daran. Der konservative Abgeordnete Andrew Bridgen machte Deutschland sogar für den Tod des dreijährigen Ailan verantwortlich. „Deutschland hat diese Menschen getötet“, sagte er. Das Land gebe nicht entfernt so viel an Hilfe wie wir und öffnet nun seine Grenzen, um das Gewissen zu beruhigen. „Damit ermutigen sie nur Menschenschlepper.“

Neben einer Erhöhung der Finanzhilfe für Syrienflüchtlinge in der Region auf nun über eine Milliarde Pfund und der dramatischen Expansion eines Umsiedlungsprogramms für „verwundbare Menschen“ in den Flüchtlingslagern will Cameron auch den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) verschärfen. „Das Flüchtlingsproblem muss an seiner Wurzel angegangen werden“, sagte Camerons Chefstratege und Vize George Osborne.

51 Prozent sind für einen "Bexit"

Der frühere Erzbischof von Canterbury, Lord Carey, forderte im „Sunday Telegraph“ die „Vernichtung“ des IS. Hilfe nach Syrien zu schicken und Tausende von Flüchtlingen aufzunehmen sei „nicht genug“, schrieb der Bischof, der bereits forderte, christlichen Flüchtlingen „Priorität“ zu geben. Während sich Frankreichs Präsident Francois Hollande Medienberichten zufolge am Montag zu einer Beteiligung an der Anti-IS-Koalition äußern will, möchte Cameron im Oktober die Genehmigung des Unterhauses ersuchen, Luftangriffe gegen den IS auch in Syrien zu fliegen.

Die Kampfabstimmung könnte ein erster Test für die Labourpartei werden, die dann vermutlich von dem ultralinken Jeremy Corbyn geführt wird, der Militäreinsätze strikt ablehnt. Cameron spekuliert darauf, dass zentristische Labourparlamentarier die Abstimmung nutzen, um Corbyn eine erste Lektion zu erteilen. Cameron gerät nun von zwei Seiten unter Druck. Führende Politiker, auch in Berlin, warnen davor, dass es sich die Briten durch ihre mangelnde Solidarität mit den EU-Partnern verscherzen könnten

Andererseits erhöhen die steigende Zahl der Flüchtlinge und die chaotischen Reaktionen in der EU die Neigung der Briten zum Bruch mit der EU. 51 Prozent sprachen sich in der Umfrage schon für einen Austritt Großbritanniens aus, 22 Prozent der jetzigen EU-Befürworter sagten, sie könnten ihre Meinung ändern, wenn sich die Migrationskrise weiter verschärft.

In einem Auszug aus einer neuen Cameron-Biografie berichtet die „Mail“ auch aus einem Gespräch des Premiers mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als diese Cameron vor der Isolation in Europa warnte, habe dieser geantwortet: „Wenn es keine Übereinkunft gibt, ist das nicht das Ende der Welt. Dann werde ich der EU den Rücken kehren.“ (mit dpa)

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