Flüchtlinge in Großbritannien: Immer mehr Zuwanderer - David Cameron kann Versprechen nicht halten
Großbritanniens Premier David Cameron hatte zugesagt, die Zuwanderung auf 100 000 in Jahr zu begrenzen. Sie beträgt ein Vielfaches. Jetzt steht er unter Druck.
Neue Einwanderungszahlen haben den politischen Druck auf Premier David Cameron verstärkt, der in die Klemme gerät zwischen den Wünschen britischer Unternehmen, der Ablehnung der hohen Immigration bei den Bürgern und eigenen Versprechen, die er nicht einhalten kann. Vor fünf Jahren versprach Cameron, die Nettoeinwanderung auf unter 100 000 pro Jahr zu senken und wiederholte das Ziel nach seinem Wahlsieg im Mai, bei dem klare Aussagen zum Thema Einwanderung mit ausschlaggebend waren.
Was nach der Flüchtlingswelle nicht verwundert: Nach neuen Zahlen des Statistikamts ONS lag die Einwanderung im Jahr bis Mai bei 636 000, während nur 307 000 emigrierten – ein Plus von 330 000. Damit wurde der Rekord von 2005 übertroffen, als Großbritannien seine Grenzen für die neuen EU-Mitgliedstaaten öffnete. „Die Zahlen sind enttäuschend“, sagte Einwanderungsminister James Brokenshire.
Wie 2005 ist der Anstieg durch EU-Migration angetrieben, die einen Rekordstand von 309 000 erreichte. Die Zahl der Rumänien und Bulgarien verdreifachte sich. „Die Zahlen zeigen ein Großbritannien mit offenen Grenzen und die totale Unfähigkeit der britischen Regierung“, sagte Nigel Farage, Chef der Anti-Immigrationspartei UKIP. „Wenn die offenen Grenzen nicht Teil der Verhandlungen mit Brüssel sind, was ist dann ihr Zweck?“ Auch der Vorsitzende des Thinktanks „Migrationwatch“, Lord Green, forderte Cameron auf, die EU-Freizügigkeit auf die Verhandlungsagenda zu setzen. In dieser Höhe sei Einwanderung „unhaltbar“. „Wir brauchen ernsthafte Konzessionen.“
Unternehmen sehen die Dinge anders, sie brauchen Arbeitskräfte
Unternehmer gingen von der anderen Seite her zum Angriff über. Der Wirtschaftsverband „Institute of Directors“ (IoD) und der Thinktank „British Future“ kritisierten Camerons Zielvorgaben für die Senkung der Einwanderung als „bizarr und unerreichbar“. Beide fürchten, dass die „immer stärkere Rhetorik der Regierung die Reputation Großbritanniens als offene, wettbewerbsfähige Wirtschaft bedroht“. Maßnahmen wie das jüngst angekündigte schärfere Vorgehen gegen illegale Immigranten würden britischen Unternehmen „nicht das stabile Umfeld geben, das sie brauchen“, sagte IoD-Chef Simon Walker. Nach einer neuen Ipsos-Mori-Umfrage war die Sorge der Bevölkerung um die Einwanderung nie so hoch. Für die Mehrheit ist Einwanderung das wichtigste Sorgenthema vor Wirtschaftsaussichten und dem Gesundheitssystem.
Das IoD fordert, dass die Regierung deutlich macht, welche Auswirkungen eine drastische Senkung der Einwanderung auf die Wirtschaft und den Nationalen Gesundheitsdienst NHS hätte, wo der Anteil ausländischer Beschäftigter sehr hoch ist. Auch für Universitäten sind ausländische Studenten eine wichtige Einnahmequelle. Der Anteil der Migranten an der Gesamtbevölkerung Großbritanniens ist seit 2004 um 4,5 Prozentpunkte auf 13 Prozent gestiegen.