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Von den Befragten ohne Migrationshintergrund sind rund 60 Prozent dafür, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen.
© Boris Roessler/dpa

Integrationsbarometer 2018: Männer und Ostdeutsche bewerten Integration skeptischer

Die Deutschen beurteilen das Zusammenleben von Einheimischen und Zuwanderern positiv. Im Osten ist der Anteil der Integrationsskeptiker höher als im Westen.

Wie läuft das eigentlich mit der Integration? Gar nicht so schlecht, findet die Mehrheit der Menschen, die in Deutschland leben. Der Optimismus ist allerdings nicht mehr ganz so groß wie vor drei Jahren. Und es gibt Unterschiede: Spätaussiedler, Männer, und Menschen, die im Osten leben, sind eher skeptisch.

Frauen, Westdeutsche, Türkeistämmige und Zuwanderer aus anderen Nicht-EU-Staaten nehmen das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen dagegen heute weniger als konfliktträchtig wahr als 2015. Die wichtigsten Ergebnisse des Integrationsbarometers 2018, das der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration auf Basis einer repräsentativen Umfrage erstellt hat:

Integration Allgemein: Die Befragten sollten das „Integrationsklima“ auf einer Skala von Null (sehr negativ) bis 100 (sehr positiv) einschätzen. Deutsche ohne Migrationshintergrund beurteilten das Klima eher positiv (63,8). Im Vergleich zu der Befragung von 2015 hat sich die Stimmung aber etwas eingetrübt. Damals erreichte diese Gruppe einen Wert von 65,4. Ähnlich sieht es bei den hierzulande lebenden EU-Ausländern aus. Ihr Wert sank von 71,4 auf 68,9. Aussiedler und Menschen mit türkischen Wurzeln haben dagegen eine leichte Verbesserung wahrgenommen. Dass der Anteil der Integrationsskeptiker im Osten deutlich höher ist als im Westen lässt sich laut Untersuchung teilweise, aber nicht vollständig dadurch erklären, dass die Menschen auf dem Gebiet der Ex-DDR im Schnitt weniger direkten Kontakt zu Migranten haben.

Gefühlte Kriminalität: Etwa sieben von zehn Menschen in Deutschland glauben nicht, dass die Kriminalität durch die Zuwanderung der vergangenen Jahrzehnte gestiegen sei. Anders sieht es aus, wenn ausschließlich nach Flüchtlingen gefragt wird. 17 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund stimmen dem Satz „Die aufgenommenen Flüchtlinge erhöhen die Kriminalität in Deutschland“ voll und ganz zu. 30,8 Prozent stimmen eher zu. Rund 36 Prozent halten die Aussage für eher falsch. Rund 16 Prozent stimmen gar nicht zu. Die größtenteils schon lange in Deutschland lebenden türkischen Migranten sehen dies übrigens ganz ähnlich.

Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt: Die meisten Menschen haben das Gefühl, dass die Kommunen die Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlinge recht gut bewältigt haben. In Ballungsgebieten, in denen bezahlbarer Wohnraum schon vorher Mangelware war, hört man aber auch kritische Töne. Und zwar vor allem von Menschen ohne Migrationshintergrund, die in Berlin, Hamburg oder Bremen leben.

Gute Bildung für alle: Jeder Zweite ist der Meinung, dass Kinder in Schulen mit einem hohen Migrantenanteil schlechter lernen. Das Thema treibt Deutsche und Zugewanderte gleichermaßen um. Trotzdem gibt es für eine auch von etlichen Pädagogen angemahnte bessere Verteilung der Kinder ausländischer Herkunft auf die Schulen bisher keinen Rückhalt durch die Landesregierungen. Als Gegenargument wird gerne vorgebracht, lange Anfahrtswege seien nicht zumutbar. Wenn es allerdings darum geht, den eigenen Nachwuchs von den Problemen der Brennpunktschulen abzuschotten, erscheint manchen bürgerlichen Eltern kein Weg zu weit. Sophia und Viktor besuchen dann die Privatschule, müssen Altgriechisch pauken oder werden von ihren wenig gläubigen Eltern an einem christlich geprägten Gymnasium angemeldet, damit sie bloß nicht mit Ali und Noura die Schulbank drücken.

Kulturelle Bereicherung: Im Gegensatz zu den Neuen Rechten, die Zuwanderung als Bedrohung für die deutsche Identität empfinden, stimmt die Mehrheit der Menschen der Aussage zu, die aufgenommenen Flüchtlinge „werden Deutschland kulturell langfristig bereichern“. Deutsche ohne Migrationshintergrund vertreten diese Meinung sogar noch etwas häufiger (71,5 Prozent) als die Zuwanderer.

Das ewige Kopftuch: Das islamische Kopftuch wird von Menschen, die strengere Regeln für Migration und Einbürgerung wollen, gerne als Gradmesser für Integration herangezogen. Vielleicht weil es sichtbar und daher leichter zu quantifizieren ist als etwa die Wertvorstellungen der Zuwanderer. Knapp 58 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund sind dagegen, dass Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfen. Unter den Türkeistämmigen ist nur jeder Vierte für ein Verbot.

Zuzug von Flüchtlingen: Von den Befragten ohne Migrationshintergrund sind rund 60 Prozent dafür, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen, selbst wenn Deutschland das einzige EU-Land sein sollte, dass dazu bereit ist. Allerdings wünscht sich etwas mehr als die Hälfte von ihnen eine „Obergrenze“ für die Asylzuwanderung. Wo diese Grenze liegen sollte, wurde allerdings nicht gefragt. (Anne-Beatrice Clasmann, dpa)

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