Streit um Katalonien: Madrid will nicht nachgeben
Kataloniens Ex-Präsident Puigdemont fordert Premier Rajoy zu Gesprächen auf. Doch Spaniens Konservative wollen davon nichts wissen.
Nach dem Auftritt des früheren katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont in Berlin fühlen sich viele Separatisten gestärkt. Die Zentralregierung in Madrid allerdings sieht die deutsch-spanischen Beziehungen belastet.
Puigdemont hatte am Samstag von Berlin aus die spanische Regierung zu einer politischen Lösung der Krise um Katalonien aufgefordert. Einen Tag nach seiner Freilassung aus der Untersuchungshaft in Neumünster sagte der bekannteste Politiker der proseparatistischen Mehrheit im katalanischen Parlament: „Die Unabhängigkeit ist für uns nicht die einzige Lösung.“
Gestörte Beziehungen
Eine Absage an einen katalanischen Staat gab es vom dem 55-jährigen Exilanten jedoch nicht. Spaniens Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy will offenbar immer noch nicht mit Puigdemont sprechen – und das, obwohl auch die Spitzen der prospanischen Opposition in Madrid, also Gegner Puigdemonts, inzwischen darauf drängen.
In der Regierung herrsche „Verwirrung und Ärger“, schrieb der Nachrichtenagentur dpa zufolge die Zeitung „El País“. Weiter heißt es: „Der Fall Puigdemont führt zu Spannungen in den Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland.“
„El Mundo“ wiederum, eine konservative, also tendenziell Premier Rajoy nahestehende Zeitung, beurteilt die Lage so: „Das Schicksal, die Einheit und die unveräußerlichen Rechte Spaniens können doch nicht Richtern überlassen werden, die im Handumdrehen über eine komplexe monatelange Ermittlung entscheiden.“
Damit ist dass Oberlandesgericht Schleswig-Holsteins gemeint. Das hatte vergangene Woche entschieden, den Auslieferungsbefehl für Carles Puigdemont auszusetzen.
Keine "Rebellion"
Die Richter hatten den Hauptvorwurf der „Rebellion“ nicht als Äquivalent zum in Deutschland strafbaren Hochverrat erklärt, weil Puigdemont nicht zur Gewalt gegen Spanien aufgerufen habe. Nach dem von Spanien erlassenen Europäischen Haftbefehl wurde der deutsche Auslieferungshaftbefehl nur noch wegen des zweiten Vorwurfs der Untreue zugelassen – es geht um Steuergeld für separatistische Politik –, was in Spanien deutlich geringer bestraft wird.
Nach geltendem Recht in der Europäischen Union (EU) kann Puigdemont, sollte Deutschland ihn noch ausliefern, nur wegen des Untreuevorwurfes verurteilt werden. Vertreter Rajoys konservativer Volkspartei PP im EU-Parlament erklärten daraufhin, der Europäische Haftbefehl ergebe so keinen Sinn mehr.
In Spanien sitzen führende Politiker aus Katalonien seit Monaten in Haft. Einige waren nach der von Madrid angeordneten Neuwahl im Dezember 2017 wieder ins Regionalparlament gewählt worden. Sie können ihr Mandat nicht wahrnehmen.
Spaniens Premier unter Zugzwang
Puigdemont forderte Spaniens Regierung auf, endlich die Wahl des inhaftierten Separatisten Jordi Sànchez zum neuen Regionalpräsidenten in Barcelona zu ermöglichen. Die linksnationalistische Abgeordneten im katalanischen Parlament hatten für Sànchez votiert.
Carles Puigdemont hatte sich nach der Entscheidung der Richter in Schleswig-Holstein dahingehend geäußert, dass er nun Spaniens Premier Rajoy unter Zugzwang sehe. Der müsse Vorschläge für die Beilegung der Krise machen, eine internationale Vermittlung könne dabei hilfreich sein.
Dies fordern die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter seit Monaten. Die Regierungen in Berlin, Paris und London nennen den Konflikt hingegen eine „innerspanische Angelegenheit“.
Puigdemont will vorerst in Berlin bleiben. Wie berichtet wartet er in der Hauptstadt sein Auslieferungsverfahren ab. Danach wolle er in sein Exil nach Belgien zurückkehren.