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Eduard Alonso aus Girona in Katalonien hängt eine Estelada, die Fahne der katalanischen Nationalisten, an die Mauer der JVA Neumünster.
© Axel Heimken/dpa
Update

Neumünster: Puigdemont hat die Haftanstalt verlassen

Carles Puigdemont ist aus der Haft entlassen worden. Beobachter rechnen damit, dass Spanien den Haftbefehl aus Furcht vor einer Blamage aussetzt.

Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Freitag unter Auflagen aus dem Gewahrsam in Schleswig-Holstein entlassen worden. Der 55-Jährige verließ am Mittag nach zehn Tagen die Justizvollzugsanstalt in Neumünster, vor der zahlreiche Journalisten auf ihn warteten. In einer Erklärung nannte er "politische Gefangene Schande für Europa". Die spanische Regierung rief er zum Dialog auf. Es gebe keine Rechtfertigung für die spanische Zentralregierung, nicht in Gespräche mit den katalanischen Führern über eine Lösung des Konflikts zu starten.

Die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein hatte zuvor die sofortige Freilassung Puigdemonts angeordnet, nachdem er seine Kaution hinterlegt und seinen künftigen Aufenthaltsort in Deutschland mitgeteilt hatte.

Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hatte eine Auslieferung Puigdemonts an Spanien am Donnerstagabend wegen des Vorwurfs der Untreue zwar gebilligt, den damit verbundenen Haftbefehl gegen Auflagen, darunter die Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 75.000 Euro, aber ausgesetzt. Einen Auslieferungshaftbefehl wegen des von der spanischen Justiz ebenfalls erhobenen Vorwurfs der Rebellion lehnte das OLG ab. Puigdemont war am 25. März kurz nach seiner Einreise aus Dänemark von der schleswig-holsteinischen Polizei an einer Autobahnraststätte festgenommen worden. Grundlage war ein von einem Gericht in Madrid erneuerter europäischer Haftbefehl. Seitdem befand sich Puigdemont in Neumünster in Gewahrsam.

Am Freitag hinterlegte er laut Staatsanwaltschaft die Kaution und teilte seinen künftigen Aufenthaltsort in Deutschland mit. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte nach einer eigenen Prüfung des Sachverhalts am Dienstag einen Auslieferungshaftbefehl auf Grundlage der spanischen Vorwürfe beim OLG eingereicht. Die Richter entschieden dann am Donnerstagabend, dass diese nach deutschem Recht nur teilweise zulässig sind. Das Puigdemont im Zusammenhang mit Rebellion zur Last gelegte Verhalten sei hierzulande nicht strafbar, teilten sie zur Begründung mit.

Die Entlassung Puigdemonts werten politische Beobachter europaweit als wichtigen Etappensieg für den Spanier. Eine weitere Hürde, eine Auslieferung wegen Veruntreuung, prüft nun das OLG. Deshalb wird bereits spekuliert, dass Spanien den Haftbefehl gegen Puigdemont aus Furcht vor einer Blamage erneut aussetzen und ihn damit wieder zum Exilanten machen könnte. Das OLG hatte den Vorwurf der spanischen Regierung im europäischen Haftbefehl verworfen, Puigdemont habe mit dem Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2018 Rebellion begangen und eine Auslieferung in diesem Punkt für "von vornherein unzulässig" erklärt.

Merkmal der Gewalt fehlte

Zur Begründung hieß es, Puigdemonts Verhalten wäre nach hier geltendem Recht zum Hochverrat nicht strafbar, weil es am Merkmal der Gewalt fehle. Im Haftbefehl wirft Spanien Puigdemont überdies Veruntreuung öffentlicher Gelder vor, weil er den Volksentscheid zur Unabhängigkeit Kataloniens trotz eines Verbots des spanischen Verfassungsgerichts abgehalten und laut Madrid mit rund 1,6 Millionen Euro aus der Staatskasse finanziert hatte. Diesen Vorwurf prüfen nun die Richter am OLG und wollen der spanischen Justiz die Gelegenheit geben, ihn zu belegen.

Wie diese Prüfung ausgeht und wie lange sie dauert, ist offen. Einerseits ignorierte Puigdemont mit dem Referendum die Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts und beging insoweit aus spanischer Sicht Rechtsbruch. Andererseits ist aus deutscher Sicht der Rebellionsvorwurf vom Tisch. Deshalb wiege die damit zusammenhängende Untreue nicht sehr schwer, argumentieren Juristen.

Falls Auslieferung nur wegen Untreue erfolgt, steht Rajoy vor Debakel

Falls das OLG einer Auslieferung nur wegen des Untreuevorwurfs zulässt, steht Puigdemonts Gegner, der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, vor einem Debakel: Wegen der Regularien zum europäischen Haftbefehl könnte Puigdemont in seiner Heimat nur wegen Untreue angeklagt werden. Damit wäre dann nach einer Auslieferung auch in Spanien der gegen Puigdemont erhobene "unerhörte Vorwurf einer Rebellion aus der Welt", wie seine Anwälte erklärten. Ob sich Madrid damit abfindet, ist offen.

Verschiedene politische Beobachter gehen davon aus, dass Madrid den europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont nun ein zweites Mal aussetzen könnte. Nachdem der frühere katalanische Regionalpräsident im vergangenen Jahr ins Exil nach Brüssel geflüchtet war und dort ungehindert politisch agieren durfte, zog Spanien den zunächst beantragten europäischen Haftbefehl im Dezember schon einmal zurück. Allerdings besteht der nationale Haftbefehl in Spanien weiter. Da dem Katalanen dort bis zu 30 Jahre Haft wegen Rebellion drohen, wäre Puigdemont dann vorerst weiter zum Leben im Exil gezwungen. (AFP/rtr)

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