Kohlekommission: Luftverschmutzung muss teurer werden
Die Kohlekommission lässt den Betreibern der Kraftwerke mehr Zeit, anstatt den „wahren Preis“ für CO2 zu nennen und ihn zu erhöhen. Ein Kommentar.
Bei den deutschen Klimazielen ist 2022 jetzt das neue 2020: Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat einen ersten Entwurf vorgelegt, wie die Lücke zum Klimaziel 2020 geschlossen werden könnte. Erst zwei Jahre später als geplant sollen erste Braun- und Steinkohlekraftwerke stillgelegt werden. Trotzdem will die von der Bundesregierung beauftragte Kohlekommission den Betreibern Entschädigungen in Aussicht stellen.
Dass zwei Jahre Verzögerung mit Blick auf den Klimaschutz plötzlich gar kein Thema mehr sind, ist gelinde gesagt eine Überraschung. Schließlich verpasst Deutschland die im Klimaziel 2020 festgelegte Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent bereits so schon um acht Punkte. Die Umweltverbände hatten lange darauf gepocht, dass die Lücke wenn nicht ganz, zumindest weitgehend geschlossen werden müsse – und zwar bis 2020.
Die große Frage lautet jetzt: Wie viel Gigawatt Kohle gehen bis 2022 konkret vom Netz? Der Vorsitz hat die Kohlekommission angehalten, schnell ein Häkchen an die Sache zu machen. Im Raum standen bisher fünf bis sieben Gigawatt Kohleabschaltung bis 2020. Nun dürfte mehr drin sein, sonst haben sich die Umweltverbände schlicht über den Tisch ziehen lassen. Und danach? Um das Klimaziel 2030 zu schaffen, muss die Energiewirtschaft ihre Emissionen um zwei Drittel gegenüber heute senken.
Kohle wird in den kommenden Jahren am Markt unwirtschaftlicher werden: Die Preise aus dem Europäischen Emissionshandel (EU ETS) drücken bereits etwas auf die Kraftwerksbetreiber. Zugleich werden Wind- und Sonnenenergie günstiger. Trotzdem muss die Politik den EU ETS im Auge behalten. Denn wenn der Zertifikatepreis in Zukunft nicht den „wahren“ Preis der Kohle mit ihren Umwelt- und Gesundheitsbelastungen widerspiegelt, sollte nachjustiert werden. Die Bundesregierung schlägt Frankreich, das mit Deutschland einen CO2-Mindestpreis einführen will, zwar derzeit die Tür vor der Nase zu. So muss es aber nicht bleiben, vor allem, wenn mehr Länder Europas mitmachen.
Neben dem Kohleausstieg ist es dringend geboten, den CO2-Ausstoß im Verkehrs- und Wärmebereich teurer zu machen. Daher ist es gut, dass die Kommission der Bundesregierung CO2-Bepreisung in diesen Sektoren empfiehlt. Nun sollte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) umschwenken. Der nämlich hatte einen entsprechenden Vorschlag der Umweltministerin und Parteikollegin Svenja Schulze zuletzt abgewiesen.