Fördertopf für Klimaschutz: Kritik am Klimafonds der Bundesregierung – „kleinteilig und unwirksam“
Der vor Jahren eingerichtete Energie- und Klimafonds soll zum großen Förderinstrument der Klimarettung ausgebaut werden. Bisher lief er alles andere als rund.
Die Abkürzung muss man sich merken: EKF. Die drei Buchstaben stehen für den „Energie- und Klimafonds“ der Bundesregierung. Er ist das „zentrale Finanzierungsinstrument für Energiewende und Klimaschutz in Deutschland“, wie es in dem Maßnahmenpapier steht, das vom Bundeskabinett am Mittwoch zusammen mit dem Klimaschutzgesetz beschlossen worden ist. Das Ziel: Bis 2030 soll der Ausstoß von CO2 in Deutschland, gemessen am Jahr 1990, nahezu halbiert werden.
Dazu dient die schrittweise Verteuerung von Sprit und Heizöl über einen Emissionshandel, der ab 2021 eine jährlich steigende Milliardensumme einbringen soll. Die soll dem EKF zufließen, der damit Klimaschutzmaßnahmen finanzieren soll. Bis 2023 sind schon einmal 18,8 Milliarden Euro eingeplant. So soll ein beträchtlicher Teil der insgesamt dreistelligen Milliardensumme, welche die große Koalition mit dem Kabinettsbeschluss in ihr Schaufenster gestellt hat, bis 2030 über diesen Riesenfördertopf ausgeschüttet werden.
Der EKF wird damit die klimapolitische Wundertüte der Regierung. Neu ist der Fonds keineswegs. Er wurde schon 2011 als Sondervermögen des Bundes eingerichtet, wird also neben dem eigentlichen Haushalt geführt. Der vielfältige Zweck: Förderung von erneuerbaren Energien und Investitionen ins Energiesparen. Beispiele dafür sind Gebäudesanierung, das Voranbringen von Umweltschutzprojekten, das Anstoßen der Elektromobilität samt Batteriezellenproduktion, Subventionen für besonders stromintensive Unternehmen.
Gespeist wird der EKF bisher aus Erlösen des CO2-Zertifikatehandels und über Zuweisungen aus dem Bundesetat. Zu Beginn waren es noch 780 Millionen Euro, im laufenden Jahr kommen schon vier Milliarden Euro zusammen. Und mit der neuen Klimaoffensive soll nun der Turbo eingebaut werden: Schon 2020 soll der EKF nach dem Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) deutlich auf 9,5 Milliarden Euro wachsen, 2023 würde er sogar mit fast zwölf Milliarden Euro gefüllt.
Viel Geld floss - in die Rücklage
Ob das viele Geld auch wirksam verteilt werden kann, ist allerdings offen. Die Erfahrung mit dem EKF lässt daran zweifeln. Denn der EKF mit seinen vielen Einzelprogrammen ist bisher nicht übermäßig effizient. Die Rücklage, die er in den acht Jahren seiner Existenz aufgebaut hat, ist deutlich größer als die jährliche Ausgabe. Und die Regierung hat in ihrer Planung die vorhandenen Programme vorerst einfach nur aufgestockt. Dabei zeigt der EKF-Bericht des Finanzministeriums vom April 2019, dass es bei einigen dieser Vorhaben ziemlich hapert.
Zwar gab es einige Erfolgsprogramme im Jahr 2018: So flossen die Mittel in dem schon seit 2006 laufenden Gebäudesanierungsprogramm zu hundert Prozent ab, insgesamt gut 1,3 Milliarden Euro. Und auch die Förderung der energetischen Stadtsanierung wurde befriedigend angenommen. Dagegen lag der Mittelabfluss bei Großprogrammen wie der Forschungsförderung zur Energieeffizienz, zu der Weiterentwicklung der Elektromobilität oder zum Ersatz alter Heizungen bei nur zwei Dritteln. Zusammen standen hier noch mehr als 600 Millionen Euro zur Verfügung.
Im Rahmen der „Nationalen Klimaschutzinitiative“ brachte das Umweltministerium nur die Hälfte der veranschlagten 264 Millionen Euro bei Antragstellern unter. Noch schwächer liefen die Förderprogramme zur sparsamen Energieverwendung im Rahmen des Energieeffizienzfonds und zum Kauf von Elektrofahrzeugen: Von den zusammen fast 930 Millionen Euro landeten drei Viertel am Ende nur in der Rücklage. Ein echter Flop war das Programm zur Heizungspumpenoptimierung: Von 470 Millionen Euro flossen nur sieben Prozent ab. Die Bilanz des EKF im Jahr 2018: Von den Gesamtmitteln in Höhe von 4,4 Milliarden Euro in insgesamt 21 Programmen mit vielen Unterprogrammen wurden nur 57 Prozent abgerufen.
„Unter den Erwartungen“
Die Gründe für den schwachen Mittelabfluss sind vielfältig. Da gibt es Anlaufschwierigkeiten bei neuen Programmen. Oder die Förderhöhe ist zu gering bemessen, um Anreize zu setzen. Die Antragsformalitäten sind zu kompliziert, oder es werden Verwendungsnachweise gefordert, die abschrecken. Im Fall von Kommunalprogrammen wird die Kofinanzierung als zu hoch empfunden, oder es fehlt an kundigem Personal in den Rathäusern. Schon für das Jahr 2016 hatte der Bundesrechnungshof einen kritischen Bericht zum EKF erstellt. Das Urteil: Die Auslagerung von Haushaltsmitteln in diesen Nebenhaushalt habe nicht zu einer besseren Aufgabenerfüllung und einer effizienteren Bewirtschaftung geführt.
Immerhin hilft die hohe Rücklage von sechs Milliarden Euro nun der Regierung, die große Aufstockung des EKF auf neun Milliarden Euro im Jahr 2020 zu stemmen. Dabei haben die beteiligten Ressorts – Wirtschaft, Umwelt und Forschung – nach wie vor Zweifel, dass das Geld besser abfließen wird als bisher. Die Regierung plant schon jetzt damit, dass von den neun Milliarden Euro knapp 2,2 Milliarden gar nicht ausgegeben werden und damit wieder in der Rücklage landen.
Diese Restrücklage soll dann 2021, wenn die Erlöse aus der CO2-Bepreisung zu sprudeln beginnen, das Ausgabevolumen auf 9,5 Milliarden Euro hieven. Wenn dann die CO2-Bepreisung deutlicher steigt, ab 2022, soll die EKF-Rücklage abgebaut sein. Mehr als elf Milliarden Euro lägen dann im Topf, immerhin das Zweieinhalbfache des Jahres 2019.
„Kleinteilige Einzelmaßnahmen“
In der Bundestags-Opposition herrscht Skepsis angesichts der bisherigen Erfahrungen mit dem Klimafonds. Für die FDP-Haushaltspolitikerin Ulla Ihnen ist der EKF „alles andere als eine Erfolgsgeschichte“. Da von 2011 bis 2018 nur 62 Prozent der bereitgestellten Gelder hätten ausgegeben werden können, sei damit klar gewesen, „dass folglich auch die Klimaziele verfehlt werden“.
Nun aber setze die Bundesregierung „das bisherige System aus kleinteiligen Einzelmaßnahmen, das bisher nicht zum Erfolg geführt hat, mit noch mehr Geld des Steuerzahlers einfach fort“, sagte Ihnen dem Tagesspiegel. „Die massive Kritik des Bundesrechnungshofs an der dezentralen Steuerung der Energiewende, bei der sich keiner verantwortlich fühlt, wird von dieser Bundesregierung konsequent ignoriert. Weiterhin soll jedes Ressort machen können, was es für richtig hält.“
„Wenig Interesse“
Sven-Christian Kindler von den Grünen sagte dem Tagesspiegel: „Der EKF war bisher eine Spardose für die Bundesregierung. Er hat nicht funktioniert, weil der Bundesfinanzminister und die Ministerien wenig Interesse daran hatten, dass aus dem EKF besonders viel Geld abfließt.“ Dementsprechend seien die Programme auch gestrickt gewesen: „Hohe Hürden bei der Beantragung, wenig Werbung für die Programme oder undurchsichtige Verfahren haben verhindert, dass der EKF erfolgreich sein konnte“, urteilt Kindler. Daher müsse sich im EKF einiges ändern, damit er als wirksames Klimaschutzinstrument tauge.
Nötig seien weniger Zwang zur Kofinanzierung, vereinfachte Beantragungen und mehr Begleitung für die Kommunen, die sich auf den Weg zu mehr Klimaschutz machten. „Entscheidend ist aber auch eine bessere Mittelausstattung. Fakt ist, dass das Klimapaket im EKF deutlich kleiner ist als von der Bundesregierung behauptet.“ Tatsächlich sei es nur halb so groß wie angekündigt. „Im Gegensatz zu den Behauptungen der Bundesregierung sind weniger als die Hälfte überhaupt wirkliche neue Investitionen. Viele Investitionen waren bereits im Finanzplan lange geplant. Das Anti-Klima-Paket der Bundesregierung ist eine Mogelpackung.“
- bbbbbb
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